Die Bestände der Feldvögel in Deutschland nehmen rasant ab. Die industrielle Landwirtschaft lässt ihnen zu wenig Raum und Nahrung zum Leben. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag.
Insbesondere Vögel, die in Agrarlandschaften heimisch sind, sind in Deutschland und Europa bedroht, so der Naturschutzbund Deutschland (NABU). Die Bestände typischer Vögel der offenen Felder und Wiesen haben in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch abgenommen.
Zwischen 1990 und 2013 verschwanden in Deutschland 35 Prozent aller Feldlerchen, 80 Prozent aller Kiebitze, 84 Prozent aller Rebhühner, 61 Prozent aller Uferschnepfen und 63 Prozent aller Braunkehlchen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hervor. Demnach gehen die Bestände sehr vieler Vogelarten zurück.
„Arten der Agrarlandschaft mussten die stärksten Bestandseinbußen hinnehmen. Bei rund der Hälfte dieser Arten nahm der Bestand zwischen Mitte der 1980er Jahre und 2009 ab“,
heißt es in der Antwort der Bundesregierung.
„Kein Raum zum Überleben“
Laut Einschätzung des NABU zeigt das Dokument deutlich, wo derzeit das größte Problem für die Erhaltung der heimischen Vogelarten liegt:
„Die immer intensivere Landwirtschaft lässt selbst den früher fast überall anzutreffenden Vogelarten der Agrarlandschaft keinen Raum mehr zum Überleben. In vielen Regionen Deutschlands kann man inzwischen den fröhlichen Frühlingsgesang der Feldlerche beim Spaziergang über die Felder kaum mehr hören“,
sagt NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt.
Die alarmierenden Zahlen zum Verlust von Vögeln, die vor allem in der Agrarlandschaft leben, wurden bereits in einer im August 2016 veröffentlichten Studie bekannt. Sie zeigt, dass die EU mit ihrer Vogelschutzrichtlinie und den Agrarumweltprogrammen zwar einen wichtigen Beitrag zum Erhalt vieler Vogelarten leistet, den dramatischen Artenschwund aber nicht umkehren kann. Denn gleichzeitig führt die EU-Agrarförderung zu einer immer intensiver werdenden Landwirtschaft.
Die Begleiterscheinungen der industrialisierten Landwirtschaft wie der weit verbreitete Einsatz von Pestiziden, die Überdüngung und die Aufgabe von Fruchtfolgen haben bereits zu einem massiven Verlust von Artenvielfalt und Lebensräumen geführt. Sie belasten zudem Wasser, Böden und Klima.
Der NABU macht hierfür vor allem die gemeinsame Agrarpolitik in der EU (GAP) verantwortlich, bei der die Subventionierung der Landwirtschaft größtenteils mittels pauschaler Flächenprämien erfolgt – ohne konkrete Natur- und Umweltleistungen der Betriebe. „Damit muss endlich Schluss sein“, sagt Tennhardt. „Der NABU fordert eine grundlegende Reform der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020. Öffentliche Gelder dürfen nur noch für öffentliche Leistungen vergeben werden. Dafür muss sich die Bundesregierung in Brüssel einsetzen. Ohne Druck aus Deutschland wird es keine ökologische Agrarreform geben.“
Bürger wollen eine neue EU-Agrarpokitik
Am 2. Mai endete eine Bürgerbefragung der EU-Kommission zur künftigen Agrarpolitik, an der über 320.000 Menschen teilnahmen. Das Ergebnis: Die Teilnehmer der Befragung wollen einen grundsätzlichen Wandel der EU-Agrarpolitik hin zu einer verantwortungsbewussten, fairen, nachhaltigen und gesunden Landwirtschaft.
Das bedeutet im Klartext: Agrarsubventionen sollten in Zukunft naturverträglich verteilt werden. Nur so kann laut NABU auch die Vogelwelt gerettet werden. Diese Botschaft unterstützen europaweit bereits über 600 Unternehmen und Organisationen im Bündnis „LivingLand“. Am 11. Mai wird das Ergebnis der Bürgerbefragung an EU-Agrarkommissar Phil Hogan übergeben.
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