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Aus für Salami, Leberkäs & Landjäger: WHO stuft Wurst als krebserregend ein

Tödliche Wurst
Foto: © Bart1983 - Fotolia.com

Jetzt ist es amtlich (und Veggies können jubeln, denn sie haben es ja schon immer gesagt): Wurst ist krebserregend. Das jedenfalls sagen Krebsexperten der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Es ist weder Aprilscherz noch Panikmache und vielen wird bei dieser Nachricht der Wurstzipfel im Halse steckenbleiben: Die WHO hat am 26.10. Wurst und anderes verarbeitetes rotes Fleisch als krebserregend eingestuft: „processed meat“ ist nun klassifiziert als „Group 1, carcinogenic to humans“ (WHO-Quelle: PDF). In diese Gruppe fallen auch Tabakrauch und Asbest.

Für diese folgenreiche Aussage werteten 22 WHO-Experten der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) um die 800 Studien aus, die sich mit dem Konsum und der gesundheitlichen Wirkung von verarbeitetem und unverarbeitetem roten Fleisch beschäftigten.

Krebserregend: Wurst, Schinken, Fleischsauce

Die Ergebnisse sollten nun bei uns allen die Alarmglocken schrillen lassen:

  • Auf Basis der ausgewerteten Studien sieht die WHO genug Hinweise, um zu sagen: verarbeitetes rotes Fleisch begünstigt definitiv Darmkrebs. „Rotes Fleisch“ stammt von Rindern, Schweinen, Lämmern, auch von Pferden, Kälbern, Hammel und Ziege.
  • Als „verarbeitetes Fleisch“ gilt Fleisch, das man durch kochen, räuchern, pökeln, fermentieren oder ähnliche Prozesse haltbar gemacht hat. Wurst und Schinken, Fleisch und Wurst aus der Dose, Fleischsauce und Fleischbestandteile in Fertiggerichten sind ebenfalls verarbeitetes Fleisch, also auch Wiener, Salami, Leberkäse, Corned Beef und getrocknete Fleischsorten wie das trendige „Beef Jerky“.
  • Das Risiko steigt mit zunehmender Menge der täglich verzehrten Fleischmenge: Täglich 50 Gramm verarbeitetes rotes Fleisch pro Tag zu essen steigert laut Q&A (PDF) das (relative) Risiko um 18 Prozent, bei unverarbeitetem Fleisch steigt es um 17 Prozent bei 100 Gramm pro Tag.
  • Obwohl sich verarbeitetes rohes Fleisch nun in der gleichen Gruppe befindet wie Tabakrauch und Asbest, ist es nicht automatisch ebenso krebserregend: Die Gruppenzugehörigkeit sagt nämlich nur etwas über die Sicherheit aus, mit der ein Stoff als krebserregend gilt (Gefahrenkennzeichnung), nicht aber, wie krebserregend er ist (Risikokennzeichnung). Zahlen können das illustrieren: Einer von der WHO zitierten Schätzung (PDF) zufolge gehen weltweit jährlich 34.000 Krebstote auf das Konto von verarbeitetem Fleisch und Wurst, während Luftverschmutzung 200.000, Alkohol 600.000 und Rauchen 1.000.000 Tote pro Jahr nach sich ziehen. Oder anders: Verarbeitetes rotes Fleisch ist zwar gesichert ungesund, aber das nur in geringem Ausmaß, verglichen mit anderen ungesunden Dingen.
  • Unverarbeitetes rotes Fleisch bewertet die die WHO als „wahrscheinlich krebserregend“ („Group 2A, probably carcinogenic to humans“). Es gibt also Belege dafür, aber nicht „hinreichend viele“. Rohes, rotes Fleisch hat auch gesundheitliche Vorteile, so dass man die Vorteile des Verzehrs gegen dessen Nachteile abwägen muss.
  • Als Problem gilt vor allem die Verarbeitung von Fleisch, wo bei hohen Temperaturen unter anderem Nitrosamine, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und heterozyklische aromatische Amine entstehen können.

Mit der Krebswarnung gegen verarbeitetes rotes Fleisch ist nun keineswegs ein Verbot von rotem Fleisch verbunden – auch die Raucher dampfen ja munter weiter. Vielmehr müssen nun die Behörden der Länder entscheiden, welche Maßnahmen sie ergreifen und welche Empfehlungen sie geben. Viele Inhaltsstoffe in Lebensmitteln gelten als bedenklich, sind aber nicht verboten. Und rotes Fleisch hat auch gesundheitliche Vorteile, die gegen die Nachteile abzuwiegen sind.

Krebsgefahr: Was darf  man noch essen?

Eine ausgewogene, nicht einseitige Ernährung mit frischen Waren gilt nach wie vor als am gesündesten. Man sollte sich hüten, aus der WHO-Meldung die falschen Schlüsse zu ziehen:

  • Müssen wir Vegetarier werden? Nein. Die WHO hat nicht untersucht, ob Vegetarier gesünder leben, sondern Studien über Wirkungszusammenhänge beim Fleischkonsum ausgewertet. Die Unterschiede zwischen Fleischessern und Fleischverzichtern zu untersuchen gilt als sehr schwer, weil man davon ausgehen muss, dass Vegetarier und auch Veganer sich insgesamt bewusster ernähren und Sport treiben, ihre gegebenenfalls höhere Gesundheit also nicht automatisch monokausal auf den Verzicht von Fleisch zurückzuführen ist. Allerdings empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) seit 2011 eine vegetarische (nicht-vegane) Kost (Mitteilung, Interview). Oder anderes: Niemand muss Vegetarier werden – aber schlau wär’s schon.
  • Kann man statt „rotem Fleisch“ nicht einfach „weißes Fleisch“ essen? Ja und nein. Die WHO hat nicht rotes mit weißem Fleisch verglichen. Sprich: Die WHO-Einstufung von verarbeitetem roten Fleisch in Form von Wurst, Schinken, Fleischsaucen und so weiter als „krebserregend“ trifft überhaupt keine Aussage über weißes Fleisch. „Weißes Fleisch“ von Pute, Hühnerfleisch & Co gilt aber derzeit als unbedenklicher (Quelle), vorzugsweise aus Bio-Tierhaltung.
  • Was bedeuten die Risiko-Zahlen genau? Speziell diese Zahlen („18% höheres Krebsrisiko“) sollte man mit Vorsicht genießen, weil sie in den derzeit verfügbaren WHO-Schriften etwas unklar bleiben und dramatischer klingen, als sie sind: Läge das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, bei einem einzelnen Menschen vereinfacht gesagt bei derzeit 1 Prozent, stiege es vereinfacht gesagt um diese 18 Prozent auf 1,18 Prozent. Das individuelle Risiko jedes Menschen hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, auch von erblichen. Infos zu Darmkrebs auf krebsinformationsdienst.de.
  • Kann man noch Steaks essen? Jeder kann weiterhin alles essen, was ihm Spaß macht. Nur gilt Wurst und anderes verarbeitetes rotes Fleisch jetzt eben mit ziemlicher Sicherheit als krebserregend, wenn auch im geringen Maße. Unverarbeitetes Fleisch steht im Verdacht, dieser ist aber nicht hinreichend gesichert. Oder anders: Nach derzeitigem Stand des Wissens lieber ein rohes Steak als eine Bratwurst essen.
  • Hat nicht neulich eine andere Studie das Gegenteil gesagt (etwa diese)? Die WHO hat keine eigene Studie durchgeführt, sondern 800 vorhandene Studien ausgewertet, um genau diesem Problem zu begegnen. Allgemeine Informationen zu Krebs und Ernährung beim Deutschen Krebsforschungszentrum hier.
  • Auch Luftverschmutzung ist ungesund – soll ich jetzt etwa aufhören zu atmen? Nein, und das verlangt auch niemand. Es ist aber nun mal so, dass sich schädliche Einflüsse auf die Gesundheit meist addieren. Während man gegen die Umweltverschmutzung wenig direkt tun kann, kann man sehr wohl direkt etwas gegen einen (in Deutschland definitiv) zu hohen Fleischkonsum tun, nämlich einfach weniger verarbeitetes Fleisch zu essen. Es lohnt übrigens, sich zugleich auch für weniger Luftverschmutzung einzusetzen.

„Für den Einzelnen bleibt das Risiko, aufgrund des Verbrauchs von verarbeitetem Fleisch an Darmkrebs zu erkranken, klein, auch wenn das Risiko mit der Menge des Fleischkonsums steigt“, sagt Dr. Kurt Straif von der WHO-Einrichtung IARC. „Angesichts der großen Zahl von Menschen, die verarbeitetes Fleisch zu konsumieren, ist die Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit global gesehen aber enorm.“

Was können wir tun?

Wie bei allem macht die Dosis das Gift: Wer sich auf dem Weihnachtsmarkt eine Bratwurst gönnt, der wird deswegen nicht gleich umkippen.

  • Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in ihren 10 Regeln, nicht mehr als 600 Gramm Fleisch pro Woche zu essen, betrachtet aber auch die völlig fleischlose Ernährung als unproblematisch.
  • Wir Konsumenten können uns aber schon jetzt aktiv für gesündere Ernährung einsetzen – etwa mit den Utopia-Tipps für weniger tierische Produkte.
  • Wer Wurst auf dem Brot liebt, kann auch mal vegetarische Wurst verwenden – Utopia hat sich Wurst-Ersatz fürs Brot näher angeschaut (und testgegessen).
  • Selbst aufs Schnitzel muss niemand verzichten: Utopia hat vegetarische und vegane Schnitzel ausprobiert und fand sie sehr lecker.

Auch bei Fleischersatzprodukten sollte man aber auf die verwendeten Zusatzstoffe achten: weniger ist besser. Und auch dort sollten die Zutaten idealerweise aus dem Bioanbau stammen.

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