ILO Kernarbeitsnormen: Die internationalen Arbeitsrechte einfach erklärt

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Die ILO Kernarbeitsnormen sind grundlegende Arbeitsrechte, die international anerkannt sind. Es handelt sich um Mindeststandards. Trotzdem gibt es viele Unternehmen, die nicht einmal diese Mindestanforderungen erfüllen.

Die ILO Kernarbeitsnormen gibt es seit über 20 Jahren. „Sie setzen universelle Mindeststandards für menschenwürdige Arbeit“, so das Entwicklungsministerium (BMZ). Sie gelten für alle Länder, ob Industrie- oder Entwicklungsland. Die ILO Kernarbeitsnormen sind von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) entwickelt worden. Sie sollen verhindern, dass sich Unternehmen durch Missachtung von Arbeitnehmerrechten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Zu den ursprünglichen vier Grundprinzipien ist 2022 ein weiteres grundlegendes Prinzip hinzugekommen.

Die jetzt fünf Grundprinzipen der Kernarbeitsnormen lauten:

  1. Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen.
  2. Beseitigung der Zwangsarbeit.
  3. Abschaffung der Kinderarbeit.
  4. Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.
  5. Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen.

ILO Kernarbeitsnormen: Überblick über die zehn Normen

ILO Kernarbeitsnormen: China hat nicht alle Übereinkommen ratifiziert.
ILO Kernarbeitsnormen: China hat nicht alle Übereinkommen ratifiziert. (Foto: CC0 / Pixabay / MarkoLovric)

Die fünf oben genannten Grundprinzipien haben zehn Übereinkommen, die jetzt die Kernarbeitsnormen ausmachen.

  1. Übereinkommen 87: Vereinigungsfreiheit und Schutz des Vereinigungsrechtes (1948)
  2. Übereinkommen 98: Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen (1949)
  3. Übereinkommen 29: Zwangsarbeit (1930) und Protokoll von 2014 zum Übereinkommen zur Zwangsarbeit
  4. Übereinkommen 105: Abschaffung der Zwangsarbeit (1957)
  5. Übereinkommen 100: Gleichheit des Entgelts (1951)
  6. Übereinkommen 111: Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (1958)
  7. Übereinkommen 138: Mindestalter (1973)
  8. Übereinkommen 182: Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (1999)
  9. Übereinkommen 155: Arbeitsschutz und Arbeitsumfeld (1981)
  10. Übereinkommen 187: Rahmenübereinkommen zur Förderung von Arbeitsschutz (2006)

1995 hatte die internationale Gemeinschaft auf dem Weltsozialgipfel in Kopenhagen universelle soziale Regeln zur Begleitung der Globalisierung gefordert. Die Ratifizierung der Übereinkommen der (stetig weiterentwickelten) ILO Kernarbeitsnormen sind die Antwort darauf.

Kontrollen, Konsequenzen und Sanktionen der ILO Kernarbeitsnormen

Arbeitnehmer:innen können gravierende Verletzungen der ILO Kernarbeitsnormen melden.
Arbeitnehmer:innen können gravierende Verletzungen der ILO Kernarbeitsnormen melden. (Foto: CC0 / Pixabay / PublicDomainPictures)

Die fünf ILO-Grundprinzipien sind lediglich Leitlinien. Die Kernarbeitsnormen sind dagegen aufgrund der Ratifizierung rechtlich bindend. Gremien der ILO überprüfen regelmäßig, ob die Vorgaben auch eingehalten werden. Die Regierungen sind verpflichtet, alle zwei Jahre Berichte über die Einhaltung der Kernarbeitsnormen vorzulegen. Diese Berichte können Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch kommentieren. Unabhängige Gremien aus Juristen prüfen dann diese Berichte in einem mehrstufigen Verfahren:

  1. Zuerst prüft ein Sachverständigenausschuss aus Vertretern der Regierungen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern die Berichte. Sie können von den Regierungen auch noch weitere Informationen anfordern.
  2. Anschließend legen sie ihren Abschlussbericht der Internationalen Arbeitskonferenz vor. Die Mitglieder der Regierungen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer schauen sich dann den Abschlussbericht an.
  3. Die Konferenz kann Staaten gesondert untersuchen und Empfehlungen zur besseren Umsetzung von Arbeitsstandards machen. Diese werden in einem eigenen Abschlussbericht festgehalten.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können gravierende Verletzungen der Arbeitsnormen melden. Die Regierungen erhalten von einem Experten-Team dann Handlungsempfehlungen und müssen Stellung beziehen. Wenn sie dies nicht tun, wird das im Abschlussbericht vermerkt.

Prangert eine andere Regierung die Verletzung der Arbeitsnormen an, gibt es einen unabhängigen Untersuchungsausschuss. Dort prüfen Fachleute, ob die Anschuldigungen berechtigt sind und geben Handlungsempfehlungen. Sollte die Regierung die Empfehlungen nicht umsetzen, kann die Konferenz dem Mitgliedsland das Stimmrecht entziehen.

Wer hat sich nicht den ILO Kernarbeitsnormen verpflichtet?

Trotz der ILO Kernarbeitsnormen gibt es auf vielen Tee-Plantagen noch Ausbeutung.
Trotz der ILO Kernarbeitsnormen gibt es auf vielen Tee-Plantagen noch Ausbeutung. (Foto: CC0 / Pixabay / jusch)

Viele der aktuell 187 ILO-Mitgliedsstaaten haben die acht ursprünglichen Übereinkommen unterzeichnet.

Bei den beiden neu dazugekommenen Arbeitsschutz-Konventionen ist die Ratifizierung noch nicht so weit fortgeschritten. (Daten, Stand Oktober 2025)

  • C155 (Arbeitsschutz) ist von 87 Staaten ratifiziert.
  • C187 (Rahmenübereinkommen Arbeitsschutz) unterzeichneten bislang 73 Staaten.

Bei einem Blick auf die Regionen, fällt auf:

  • Europäische und auch afrikanische Staaten haben viele der Übereinkommen ratifiziert.  
  • Die typischen „Werkbänke“ der globalen Wirtschaft – die einen Großteil der Waren, wie Elektrogeräte oder Kleidung fertigen – haben ebenfalls eine hohe Ratifizierungsrate. Einige Beispiele: Bangladesch (8 von 10), Indonesien (9 von 10) oder Malaysia (8 von 10). Auch China hat seit den 2000er Jahren Fortschritte gemacht und sieben der zehn Normen unterzeichnet.
  • Arabische Staaten oder auch die USA bilden die Schlusslichter und haben bislang nur wenige der ILO Kernarbeitsnormen unterzeichnet.

Das zeigt, auch wenn die Kernarbeitsnormen zunehmend weltweit anerkannt sind, gibt es bei der Umsetzung noch viel zu tun. 

ILO-Kernarbeitsnormen sind nur Mindeststandards

Die ILO-Kernarbeitsnormen sollen auch in den globalen Lieferketten verbindlich sein.
Die ILO-Kernarbeitsnormen sollen auch in den globalen Lieferketten verbindlich sein. (Foto: CC0 / Pixabay / 19661338)

Die ILO-Kernarbeitsnormen sind lediglich soziale Mindeststandards und nicht einmal die werden überall eingehalten.

  • „Die Arbeitsrealität zu Beginn des 21. Jahrhundert ist weit von einer allgemeinen Umsetzung der Kernarbeitsnormen entfernt“, so die Bilanz (2017) von Südwind e.V. – Institut für Ökonomie und Ökumene.

Organisationen, wie die ILO, Gewerkschaften oder ITUC (International Trade Union Confederation) fordern daher, dass die Kernarbeitsnormen stärker kontrolliert und auch in globalen Lieferketten verbindlich werden.

Der „Global Right Index 2025“ des ITUC versteht sich als dringender Aufruf zum Handeln.

Die Organisation beobachtet weltweit eine Schwächung der Demokratie und warnt vor Rückschritten bei Rechten der Arbeitnehmer:innen. In Asien etwa sind Arbeitnehmer:innen wieder zunehmend von Unterdrückung betroffen. Die Behörden in Bangladesch beispielsweise gingen gewaltsam gegen Streikende vor, obwohl das Land bereits 1972 die Übereinkommen (C87, C98) zur Vereinigungsfreiheit unterschrieben hat. 

Die Kernarbeitsnormen sind also ein wichtiger Anfang – aber sie reichen nicht, um gerechte Arbeitsbedingungen für alle sicherzustellen.

Das zeigt auch der Fall des Gewerkschafters Nasir Mansoor. Er hatte 2018 vor dem Dortmunder Landgericht den Textildiscounter KiK verklagt, nachdem bei einem Brand in einer Produktionsanlage Pakistans über 250 Menschen gestorben sind. Dem Deutschlandfunk sagt er:

  • „Grundsätzlich sind die Regulierungen und Konventionen gut. Es geht demokratisch zu. Es gibt ausführliche Beratungen zwischen den beteiligten Arbeitern, Arbeitgebern und Regierungen. Aber das wahre Problem liegt in der Umsetzung. Was auch immer in den Konventionen aufgeschrieben ist, alle diese Regeln bestehen nur auf dem Papier. In der Realität hat die ILO dabei versagt, die Arbeitsverhältnisse der Menschen in den Fabriken oder auf den Feldern wirklich grundlegend zu ändern“.

Die Kernarbeitsnormen sind also prinzipiell gut, aber garantieren noch längst keine Produkte ohne Ausbeutung. Zudem gibt es strengere Sozialsiegel. Die weit verbreiteten Siegel findest du in unserem Siegelguide. Zum Beispiel zählt das Fairtrade-Siegel dazu.

Überarbeitet von Martina Naumann

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