Der Earth Overshoot Day – oder Welterschöpfungstag – fällt 2024 auf den 1. August: Ab diesem Tag verbrauchen wir mehr natürliche Ressourcen als nachwachsen können. Dieses Jahr liegt das Datum einen Tag früher als im Vorjahr.
Der „Earth Overshoot Day“, auch „Erdüberlastungstag“ oder „Welterschöpfungstag“ genannt, ist ein Kampagnentag zur Nachhaltigkeit. Am Earth Overshoot Day haben wir das Ressourcenbudget der Natur für das ganze Jahr aufgebraucht, d. h. die globale Nachfrage nach natürlichen Ressourcen überschreitet die Fähigkeit der Erde, diese Ressourcen auf nachhaltige Weise (also nachwachsend) zur Verfügung zu stellen.
- Der Earth Overshoot Day 2024 fällt auf den 1. August – und liegt damit einen Tag früher als im Vorjahr.
- 2022 war der früheste Earth Overshoot Day in der Geschichte der Menschheit, er lag am 28. Juli.
Lewis Akenji, Vorstandsmitglied des Global Footprint Network, erklärt in einer Pressemitteilung: „Overshoot wird enden. Die Frage ist nur wie: durch Planung oder durch eine Katastrophe. Ein geplanter Übergang gibt uns mehr Sicherheit, als sich den Launen eines durch Overshoot aus dem Gleichgewicht geratenen Planeten zu unterwerfen.“
Schon heute zeigen sich demnach Konsequenzen der ökologischen Überbeanspruchung – etwa in Bodenerosion, dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Anreicherung von Kohlendioxid in der Atmosphäre, was zu häufigeren extremen Wetterereignissen und einer geringeren Nahrungsmittelproduktion führt.
Earth Overshoot Day 2024: Ab 1. August lebt die Menschheit „auf Pump„
Der Kampagnentag soll uns bewusst machen: Ab dem Earth Overshoot Day machen wir „Schulden“ im Sinne der Nachhaltigkeit. Denn wir verbrauchen mehr, als weltweit nachwachsen kann.
Übertragen auf das Berufsleben würde das bedeuten: Am Earth Overshoot Day haben wir unser gesamtes Jahresgehalt ausgegeben – auch den Teil, den wir noch gar nicht verdient haben.
Hier die wichtigsten Fakten zum Earth Overshoot Day:
1. Der Earth Overshoot Day kommt im Schnitt immer früher
Vor etwas über vierzig Jahren, im Jahr 1981 fiel der Erdüberlastungstag noch auf den 11. November, zehn Jahre später, 1991, auf den 9. Oktober. 2001 war er bereits auf den 21. September vorgerückt und 2011 auf den 3. August. 2019 fiel er erstmalig schon auf den 29. Juli – ein trauriger Rekord. Die zwischenzeitliche Verschiebung des Earth Overshoot Day nach hinten auf den 22. August im Jahr 2020 blieb (pandemiebedingt) überwiegend eine Ausnahme. 2022 war der Earth Overshoot Day am 28. Juli, und damit so früh wie nie zuvor. Für 2024 verschiebt sich das Datum auf den 1. August.
Diese Grafik zeigt, wie sich der Earth Overshoot Day im Lauf der Zeit entwickelt hat:
Der Erderschöpfungstag rückt seit vielen Jahren immer weiter vor, weil wir jährlich mehr Ressourcen verbrauchen. Der Earth Overshoot Day am 1. August zeigt an, dass die Menschheit mehr Natur „verbraucht“ als diese regenerieren kann. Das bedeutet: Um den gegenwärtigen Ressourcenverbrauch der Menschheit zu decken, bräuchten wir mittlerweile 1,75 Erden.
2. So wird der Earth Overshoot Day berechnet
Hinter der Angabe des Weltüberlastungstages steht das Global Footprint Network, eine internationale Nachhaltigkeitsorganisation, welche diese Messung des „ökologischen Fußabdrucks“ entwickelt hat.
Dafür berechnet sie zunächst die Biokapazität der Erde. Damit ist die Fähigkeit der Erde gemeint, die vom Menschen verbrauchten Ressourcen zu erneuern und Schadstoffe – wie Treibhausgase – abzubauen.
Die Biokapazität stellt man dem globalen ökologischen Fußabdruck gegenüber. Dieser misst, wie viele natürliche Ressourcen der Mensch verbraucht. Ist der Verbrauch dieser Ressourcen größer als der Nachschub, spricht man vom „Overshoot“ – der ökologischen Verschuldung. Den Faktor legt man dann auf die Skala eines Jahres an.
Die Formel lautet stark vereinfacht: (Biokapazität der Erde / Bioverbrauch der Erde) * 365 Tage.
Die Größe des Defizits hat seit dem Beginn des weltweiten Overshoots Anfang der 1970er-Jahre enorm zugenommen. Dies geht aus den Rechnungen der „National Footprint & Biocapacity Accounts“ hervor, die sich auf UN-Datensätze stützen (mit 15.000 Datenpunkten pro Land und Jahr). Die UN-Daten erscheinen allerdings mit einer Verzögerung von 3-4 Jahren. Deshalb werden die globalen Ergebnisse mit Hilfe von ergänzenden Daten abgeschätzt. Für die Berechnung des Earth Overshoot Day 2024 nutzt das Global Foorprint Network unter anderem Schätzungen der UN zum Ressourcenverbrauch einzelner Länder, sowie Daten der International Energy Agency (IEA) und Carbon-Sequenzierungsdaten des Global Carbon Project (GCP).
3. CO2-Emissionen machen 60 Prozent vom Overshoot aus
Nach Angaben von overshootday.org entfallen etwa 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit auf CO2-Emissionen. Die Aktivist:innen rechnen vor: Würde es uns gelingen, die CO2-Emissionen der fossilen Brennstoffe auf die Hälfte zu reduzieren, dann könnten wir den Erderschöpfungstag wieder nach hinten verlegen – und zwar um über drei Monate.
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4. Einzelne Länder verbrauchen mehr als andere
Das ist fast schon eine Binsenweisheit – aber sie stimmt: Bei unserem Lebensstil bräuchten wir eigentlich mehr als eine Erde. Diese Grafik zeigt, wie viele Erden wir pro Jahr bräuchten, um unseren Bedarf zu decken, wenn die ganze Welt wie die jeweils genannten Nationen leben würde:
Übrigens zeigt die Grafik nur einen Ausschnitt mit wenigen Ländern. Würden wir alle leben wie in Katar, wären die Ressourcen von ganzen neun Erden nötig. Luxemburg kommt auf 8,2 Erden, Bahrain auf 5,2. Am wenigsten Ressourcen verbrauchen Länder wie Yemen (0,3 Erden), gefolgt von Timor-Leste, Haiti und Afghanistan (mit je 0,4 Erden).
5. Jedes Land hat seinen eigenen Überlastungstag
Die folgende Grafik zeigt, wie stark einzelne Länder die Ressourcen ihres Landes überschreiten. Allerdings ist sie ein klein wenig unfair, weil ja auch die Größe eines Landes eine Rolle spielt: Je kleiner eine Industrienation, desto weniger eigene, nachwachsende Ressourcen kann sie erzeugen. Je mehr Landfläche eine Nation hat, desto mehr kann sie nachwachsen lassen.
Hier steht Deutschland dann zwar nicht mehr ganz so schlecht da – ist aber immer noch ressourcenhungriger als der Durchschnitt aller Länder weltweit. Der deutsche Overshoot Day lag 2024 auf dem 2. Mai, also fast 3 Monate vor dem internationalen Earth Overshoot Day und zwei Tage früher als im Vorjahr.
Eine Studie der Ohio State Universität zeigt, dass nur sechs Prozent von 178 Ländern ökologisch nachhaltig wirtschaften, indem sie ihre Bürger:innen angemessen mit Nahrung, Energie und Wasser versorgen, ohne dabei die natürlichen Kapazitäten zu überschreiten. Die Forscher:innen betrachteten den Wasserverbrauch und die CO2-Absorption, beispielsweise in Wäldern. Die Studie ergab, dass viele Länder viel mehr Kohlenstoff ausstoßen, als ihre Ökosysteme verkraften können. Dennoch sehen die Forscher:innen Potenzial, Umweltrisiken durch erneuerbare Energien, pflanzliche Ernährung und eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu bekämpfen.
6. Der Welterschöpfungstag hat Folgen
Nach dem Earth Overshoot Day leben wir für den Rest des Jahres auf Kredit und verbrauchen weiter Brennmaterial und Nahrungsmittel, die die Erde nicht mehr ersetzen kann. Wir produzieren mehr Müll und erzeugen mehr Treibhausgase, als die Erde verkraften kann.
7. Darum kommt der Earth Overshoot Day immer früher
Dass der Earth Overshoot Day jedes Jahr früher eintritt, liegt an dem hohen Konsumniveau in den Industrieländern und in Ländern, die sich aktuell wirtschaftlich stark entwickeln. Würden Menschen weltweit so leben wie wir in Deutschland, bräuchten wir schon jetzt drei Erden pro Jahr.
Ein wichtiges Problem wird kaum besprochen: Während wir uns immer weiter bei der Erde verschulden, kann sie sich immer weniger erholen. Oder anders: Ein bisschen über unsere Verhältnisse leben, das ginge vielleicht sogar – vorübergehend. Doch so dauerhaft und zunehmend rücksichtslos, wie wir es tun, wird es bald auch die Fähigkeit der Erde zur Selbsterholung außer Gefecht setzen.
8. Es gibt auch Kritik am Earth Overshoot Day
Es gibt auch Kritik am Welterschöpfungstag: „Für den Index werden nachwachsende Ressourcen, nicht-nachwachsende Ressourcen und Emissionen zusammengefasst, obwohl sie sich schlecht vergleichen lassen“, schrieb das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln 2021.
Auch könnte man sich die Frage stellen, was eigentlich mit den alljährlich anfallenden Defiziten passiert – wenn wir schon 2017 ab 1.8. auf Pump lebten, warum dieses Jahr erst ab 2.8. und nicht schon ab 1.1.?
Natürlich weil der Earth Overshoot Day vor allem symbolisch gemeint ist.
Also ja: Die Botschaft von 2024, „Wir verbrauchen 1,75 Mal mehr, als wir nachhaltig erwirtschaften können“, ist stark vereinfacht. Aber das ändert nichts am Kern der Aussage: Wir überlasten die Erde.
Das hinter dem Earth Overshoot Day stehende Global Footprint Network macht seine Daten übrigens sehr transparent. Wer will, kann über data.footprintnetwork.org in die Daten eintauchen und, weil es sich um Open Data handelt, diese auch weiterverarbeiten.
9. So kannst du deinen Overshoot berechnen
Es gibt zahlreiche Online-Rechner, die uns helfen, unseren persönlichen ökologischen Fußabdruck herauszufinden. Hier einige Vorschläge, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- Die Macher:innen des Earth Overshoot Day haben einen Online-Rechner: footprintcalculator.org
- Der Ressourcen-Rechner „Mein Ökologischer Rucksack“ rechnet den Abdruck deines Lebens von Wohnen bis Urlaub aus und zeigt ihn im Vergleich zum Durchschnitt und zum „Erlaubten“. ressourcen-rechner.de
- Wissenschaftler:innen des Water Footprint Network haben die Wassermengen, die im globalen Durchschnitt für konkrete Produkte und Rohstoffe anfallen, erfasst und erlauben es, sie hier individuell auszurechnen: waterfootprint.org.
- Diverse CO2-Rechner helfen, die eigene Klimabilanz auszurechnen. Wichtig: CO2-Kompensation verspricht oft mehr, als sie einhält. Das haben unter anderem Recherchen der Zeit gezeigt.
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- Nützliches Tool: Fleisch-Rechner für Vegetarier und Fleischesser
- Ökologischer Rucksack: Rohstoffverbrauch berechnen
- Nach Zeit-Recherche: Ist CO2-Kompensation noch sinnvoll?
10. Was wir tun können
Unsere Produktionsweisen und Konsumgewohnheiten müssen sich generell ändern. Wer nicht will, dass der Earth Overshoot Day nächstes Jahr noch früher kommt, kann persönlich dazu beitragen, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren: zum Beispiel weniger und nachhaltiger konsumieren, (Lebensmittel-)Abfälle vermeiden, Energie sparen, saisonale Lebensmittel kaufen, weniger Fleisch und tierische Produkte essen: Die 13 ultimativen Tipps, mit denen du Geld sparst – und gleichzeitig die Umwelt schützt.
„Erhebliche Möglichkeiten“, unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern und das Datum des Erderschöpfungstages wieder nach hinten zu verschieben, sieht Global Footprint Network in fünf Schlüsselbereichen: Städte, Energie, Nahrung, Bevölkerung und Planet – genauer in der Art, wie wir Städte gestalten, Energie erzeugen, Nahrung produzieren und konsumieren, das Bevölkerungswachstum regulieren und den Planeten schützen.
Die Organisation rechnet beispielhaft vor (Auswahl):
- Wenn wir unseren Fleischkonsum halbieren und durch pflanzliche Alternativen ausgleichen würden, würde der Earth Overshoot Day um 17 Tage nach hinten verschoben.
- Lebensmittelverschwendung zu halbieren würde das Datum um 13 Tage nach hinten verschieben.
- 350 Millionen Hektar Wald wieder aufzuforsten, würde das Datum um 8 Tage verschieben.
- Auch im Sachen Verkehr gibt es viele Optionen: Wenn wir unseren Fußabdruck durch Autofahren weltweit um 50 Prozent reduzieren und stattdessen öffentliche Verkehrsmittel nutzen, Radfahren und zu Fuß gehen, würde der Earth Overshoot Day um 13 Tage nach hinten verschoben.
Viele weitere Möglichkeiten findest du unter Power of Possibilities.
Gerade jetzt bietet der Earth Overshoot Day eine Gelegenheit, über die Zukunft nachzudenken, die wir schaffen wollen. Unser Umgang mit COVID-19 und die unübersehbare Auswirkung auf die Umwelt zeigen, dass es möglich ist, den Verbrauchstrend der ökologischen Ressourcen innerhalb kurzer Zeit zu verschieben. Leider geht der Trend bei unserem Umgang mit Ressourcen überwiegend in die falsche Richtung. Doch die Menschheit hat viele Optionen, dies zu ändern.
Mit Material der dpa.
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