Einem Bäcker aus Sachsen ging die aktuelle TV-Werbekampagne von Lidl derart auf die Nerven, dass er im Internet mit dem Hashtag #lidllohntnicht eine Aktion dagegen startete.
Lidl ist wie Aldi ein Discounter-Supermarkt, der zweitgrößte in Deutschland. Jahrelang spielte Lidl vor allem die Billig-Karte: Niedrige Preise standen im Vordergrund, nicht die Qualität. Zugleich warfen zahlreiche Skandale ein schlechtes Licht auf den Discounter, lidl.verdi.de nennt unter anderem die Überwachung der Mitarbeiter, die ZEIT beklagte Arbeitsbedingungen bei den Lieferanten und der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks ging gerichtlich gegen Lidl vor.
Nun ist Lidl ein Angebot. Jeder Kunde kann es wahrnehmen, oder eben nicht - und stattdessen zum Beispiel in den von uns empfohlenen Bio-Supermärkten einkaufen. Doch Lidl will offenbar sein Image ändern und sich neuerdings als Edel-Supermarkt positionieren. Dazu dient nicht etwa eine Umstellung des gesamten Sortiments auf Bio-Ware (wie bei Bio-Aldi gibt es inzwischen auch Bio von Lidl, aber eben nur teilweise), sondern vor allem TV-Spots, die seit Wochen mit süßlichen Bildern vage Qualitätsversprechen machen – natürlich so abstrakt, dass niemand deren Einhaltung fordern kann.
Das wird schon beim Claim deutlich: „Woran erkennt man eigentlich, was gut ist?“, fragt die Reklame und gibt dann auch die Antwort: „Gute Qualität erkennt man an guter Qualität“. Aha. Ja, und schlechte Qualität erkennt man an schlechter Qualität. Was sagt das? Nichts. Slow Food Deutschland kritisierte schon daher vor einer Woche: „Die neue Kampagne von Lidl ist eine Diskriminierung guter, ehrlicher und sauberer Handwerksbetriebe, die tatsächlich Qualität liefern“.
Auch Bäckermeister Richter aus Kubschütz in Sachsen ging die Kampagne gehörig auf die Nerven. Auf seiner Facebook-Seite und auf Twitter veröffentlichte er eine provokante Scherz-Bewerbung, in dem er sich vorsorglich bei Lidl bewarb. Der Brief ist lesenswert, weil er witzig, intelligent und zugleich fachlich informativ viele Argumente für gutes Brot ins Feld führt – und warum der Bäckermeister nicht glaubt, dass er es bei Lidl würde backen können (er betreibt unter anderem die Seite handwerksbrot.de). Unter dem Twitter-Hashtag #lidllohntnicht melden sich nun auch andere Stimmen zu Wort, welche der Lidl-Kampagne unter anderem einen problematischen Umgang mit dem Qualitätsbegriff vorwerfen.
Immerhin: Auf lidl-lohnt-sich.de kann sich jeder die Webseite dazu ansehen, die weitaus informativer ist als der schaumschlagende Werbefilm, der auf Emotionen setzt und Informationen weiträumig umfährt. Auch auf „Fragen und Antworten“-Seite dort muss sich Lidl auch Fragen zum Thema Billig-Brot stellen.
Dass Qualität dauerhaft nur mit nachhaltiger Produktion, Bio-Richtlinien, fairem Handel zu leisten ist, das steht weder im Film noch auf der Website im Vordergrund. Im Gegenteil: Es findet dort fast gar nicht statt. Dabei könnte man sich gerade hier profilieren: Für einen Discounter hat Lidl beachtlich viele Produkte mit Fairtrade-Siegel im Sortiment.
- Lesen Sie dazu auch: 5 Argumente gegen Billig-Brot
Übrigens: Wer seine Meinung zu dem Thema bei Facebook oder Twitter kundtun will, tut dies am Besten mit dem „Hashtag“ #lidllohntnicht.
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