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„Dazu gehört der Verzehr von Fleisch“: Kontroverse um Freiburgs Schulessen hält an

An Freiburgs Grundschulen wird rein vegetarisches Essen angeboten.
Foto: CC0 / Pixabay / webandi

An Freiburgs Grundschulen wird rein vegetarisches Essen angeboten. Viele befürworten die Regelung – und dennoch hat sie eine Debatte ausgelöst, die anhält.

An Grundschulen in Freiburg werden ausschließlich vegetarische Gerichte zum Mittagessen serviert. Utopia berichtete. So gibt es etwa den badischen Klassiker Linsen mit Spätzle ohne typische Fleischwurst. Grund hierfür sind unter anderem die gestiegenen Lebensmittelpreise infolge der Inflation, heißt es.

„Das Essen ist sehr lecker, und dadurch werden auch nicht mehr so viele Tiere getötet“, erklärt etwa der achtjährige Mattheo von der Freiburger Weiherhof-Grundschule der Tagesschau.

Die Umstellung in Freiburg stößt jedoch nicht nur auf Gegenliebe: Während sich einige Kinder und Eltern über die vegetarische Essensauswahl freuen, fühlen sich andere bevormundet. Und es gibt Kinder, die die Neuerung nicht so gut finden, weil sie gerne Fleisch essen, berichtet die Tagesschau.

Ernährungsexpertin: Mittagessen müsse nicht zwangsläufig Fleisch enthalten

Kritik kommt auch von offizieller Seite. Das baden-württembergische Ministerium für Ernährung und Verbraucherschutz kommentierte laut Bericht die Entscheidung in Freiburg wie folgt: „Kinder sollen in ihrer Entwicklung die Möglichkeit haben, einen eigenen Geschmack zu entwickeln und sich auszuprobieren. Dazu gehört auch der Verzehr von Fleisch.“

Aus ernährungsphysiologischer Sicht müsse das Mittagessen jedoch kein Fleisch enthalten, erwidert Stephanie Klein von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gegenüber der Tagesschau. Grundsätzlich begrüßt es die DGE, pflanzliche Lebensmittel mehr in den Fokus zu rücken und in die Speisekarten aufzunehmen.

Schul-Speisepläne sind in Deutschland Ländersache

Offizielle Statistiken dazu, wie viele Schulen in Deutschland entweder eine vegetarische Alternative anbieten oder ausschließlich vegetarisch kochen, gibt es bislang nicht. Viele Kommunen hätten ein vegetarisches Angebot aber vertraglich vereinbart.

Das heißt, täglich werde mindestens ein vegetarisches Gericht angeboten, heißt es seitens des Nationalen Qualitätszentrums für Ernährung in Kita und Schule (NQZ). Bereits 2016 wurde das Qualitätszentrum vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft initiiert. Zusätzlich gibt es die Vernetzungsstellen Schulverpflegung, deren Anliegen es laut eigener Homepage ist, „dass Kinder und Jugendliche in allen Kitas und Schulen in Deutschland gut und gerne essen.“

Doch weder das NQZ noch die Vernetzungsstellen dürfen den Schulen Vorgaben machen – sie haben lediglich eine beratende Funktion und können Empfehlungen aussprechen, stellt die Tagesschau fest. Denn: Das Essen für Schulen auszuwählen, ist in Deutschland Sache der Bundesländer. 

Einheitliche Vorschriften, was auf den Teller kommt, gibt es also keine. Nur die Pflicht, dass etwas auf den Teller kommt: Auf Beschluss der Kultusminister:innenkonferenz sind alle Ganztagsschulen verpflichtet, ein Mittagessen anbieten. Das betrifft hierzulande laut Tagesschau rund 3,5 Millionen Schüler:innen.

Umsetzung von Ernährungsempfehlungen stockt

Dabei hat die DGE im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft Standards für gesundes Schulessen erarbeitet. Zu ihnen gehören der tägliche Verzehr von Gemüse und Getreideprodukten – davon zweimal wöchentlich Rohkost und mindestens einmal ein Vollkornprodukt.

Fleisch dagegen sollte nur einmal die Woche gegessen werden, ebenso wie Fisch. Doch obwohl die DGE deutliche Empfehlungen ausgesprochen hat, hapere es bislang an ihrer Umsetzung. Lediglich Berlin, Bremen, Hamburg, das Saarland und Thüringen schreiben die Einhaltung der DGE-Qualitätsstandards verbindlich vor, wie es auf der Homepage des NQZ heißt.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will das nun ändern: In seinem Eckpunktepapier zur Ernährungsstrategie hat er angekündigt, die Qualitätsstandards der DGE verbindlich machen zu wollen. Bis 2030 sollen sie an allen Schulen etabliert sein. Dazu soll der Anteil an regionalem, saisonalem und ökologischem Obst und Gemüse erhöht sowie pflanzliche Alternativen gestärkt werden, heißt es darin weiter.

Die Regierungskoalition hat Özdemirs Eckpunktepapier bereits zugestimmt. Alle Einzelheiten der neuen Ernährungsstrategie sollen bis zum Jahresende erarbeitet werden.

Vegetarisches Essen besser für das Klima

Eine durch das Projekt „Klima- und Energieeffiziente Küche in Schulen“ initiierte Untersuchung hat ergeben, dass mit vegetarischer Kost das Einsparpotenzial für Treibhausgasemissionen bei etwa 40 Prozent liegt. Der Anteil pflanzlicher Lebensmittel an Treibhausgasemissionen ist demnach oft sehr gering. 

Besonders hohe Emissionen dagegen verursachen laut der Untersuchung die Produktion tierischer Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milch und Milchprodukte. Bezogen auf die CO2-Bilanz der jeweiligen Produkte komme der Konsum eines Kilogramms Fleisch dem Verzehr von 2,5 Kilogramm Käse und rund 8 Kilogramm getrockneten Linsen gleich, heißt es weiter.

An Freiburgs Schulen hat die Umstellung auf vegetarische Speisepläne auch Einfluss auf die Kosten für eine Mahlzeit: Ein Mittagessen kostet seit diesem Schuljahr 4,40 Euro statt 3,90 Euro. Mit Fleisch wäre das Essen allerdings teurer geworden. Denn Preissteigerungen infolge der Inflation machten sich auch bei den Kommunen bemerkbar, heißt es laut Bericht aus dem Rathaus. 

An Schlagzeilen wie „Fleischverbot in Freiburg“ stört sich Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn und erklärt, warum. Privat hätte jede:r die Möglichkeit zu entscheiden, was gegessen wird: „Sie können morgens mit Fleisch frühstücken, sie können abends mit Fleisch enden. Sie können nachts Fleisch essen, das ist alles ihre Entscheidung. Aber wir bieten ein faires, leckeres und bezahlbares Essen mit bio mit regionalen und saisonalen Produkten an“, erläutert Horn gegenüber der Tagesschau. 

Utopia meint

Der Konsum von Fleisch – insbesondere aus der Massentierhaltung – bringt nicht nur Tierleid mit sich, er treibt auch die Klimakrise voran. Eine Möglichkeit, um derartige Missstände zu reduzieren ist nunmal eine fleischlosere Ernährung. Hier mehr Infos dazu: Studie: Vegane Ernährung könnte Klima und Menschenleben retten.

Wer jedoch nicht auf Fleisch verzichten kann, sollte auf regionales Fleisch aus biologischer Haltung zurückgreifen. Zur besseren Orientierung beim Kauf können Siegel helfen. Hier mehr Infos dazu: Ratgeber Bio-Fleisch: Qualität erkennen, richtig kaufen

Hier findest du Tipps, die dir den Umstieg auf eine fleischlose Ernährung erleichtern: Vegetarische Ernährung: Die 11 wichtigsten Tipps und Vegetarier werden: Einfache Tipps für Einsteiger.

Verwendete Quellen: Tagesschau

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