Wird Getreide in Deutschland knapp? Noch nicht, und dennoch wird der Großteil an Tiere verfüttert. Lebensmittel, die wir auch direkt essen könnten. Daher fordern Verbände eine Reduzierung von Tieren. Das ist aber gar nicht so einfach.
Verbände wie Brot für die Welt und Deutscher Naturschutzring fordern eine Reduzierung der Tierbestände in Deutschland, damit genügend Getreide für die Ernährung der Bevölkerung zur Verfügung steht. Nur 20 Prozent des in Deutschland angebauten Getreides essen wir Menschen direkt. Dagegen werden laut einer Statistik des Umweltministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 60 Prozent an Tiere verfüttert.
Somit landet das Getreide nur indirekt in unseren Mägen: Nämlich in Form von Fleisch und Käse und mit Einbußen in der Masse. „Für drei Kilogramm Futtermittel entsteht dann am Ende ein Kilogramm Schweinefleisch„, sagte Ralf Bloch, Agrarökologe an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde gegenüber der Tagesschau.
Die Tierfütterung sei somit sehr ineffizient. „In Deutschland sind wir ungefähr bei 24 Millionen Schweinen, die gehalten werden, und das ist schon eine erhebliche Form der Luxusveredelung, wenn man sieht, wie viel Futtermittel dafür eingesetzt wird“, kritisierte Bloch weiter.
Keine kurzfristige Lösung
Kurzfristig gedacht ist es schwierig auf die Forderungen der Verbände einzugehen. Denn zum einen fressen Tiere vor allem Futtermais und Gerste. Doch in Brot und Nudeln sind hauptsächlich Weizen, Dinkel und Roggen verarbeitet. Zum anderen existieren diese Tiere jetzt bereits und müssen nun gefüttert werden.
Daher sieht Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die langfristige Lösung darin, Tiere zu reduzieren. Gleichzeitig soll es laut dem Politiker dann auch mehr Tierschutz geben, die Tiere mehr Platz haben und Landwirt:innen mehr Geld bekommen. Er arbeite gerade an einem Konzept. Eine Milliarde Euro hat die Bundesregierung für den Umbau der Tierhaltung in den nächsten vier Jahren eingeplant.
Wird Getreide knapp?
Trotz der hohen Verfütterung des Getreides, brauchen wir in Deutschland keine Angst haben vor einer Lebensmittelknappheit. „Wir haben in Deutschland Gott sei Dank eine hohe Eigenversorgungsrate. (…) Deshalb droht hier kein Hunger, keine Not“, so Özdemir. Die Preise für Brot und andere Getreideprodukte sind seit Kriegsbeginn jedoch deutlich gestiegen.
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Doch nicht nur von Seiten der Politik kann es Veränderungen im Tierbestand und damit in der Verteilung von Getreide geben. Auch die Gesellschaft hat durch das individuelle Essverhalten Einfluss. Laut Agrarökologe Bloch essen wir viel Fleisch und erzeugen dieses zu Lasten der Getreideerträge, die wir auch anderweitig verzehren könnten. „Und das Problem besteht unabhängig von der aktuellen Krise. Die Pandemie und auch der Krieg in der Ukraine legen den Finger in die Wunde. Die Schwachstellen des Systems werden dadurch einfach besonders deutlich.“
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