Die Spargelsaison steht vor der Tür. Doch möglicherweise wird Spargel aus heimischen Anbau dieses Jahr schwer zu haben sein. Der Bauernverband warnt vor „Dumpingware“ aus dem Ausland, die den regionalen Anbau verdrängt.
Wegen billiger Importe aus dem Ausland könnten Spargel und Erdbeeren künftig von heimischen Feldern verschwinden, warnt der Deutsche Bauernverband gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Vergangenes Jahr wurden Erdbeer- und Spargelflächen teilweise nicht mehr abgeerntet“, sagte der Präsident des Verbandes Joachim Rukwied der dpa auf Anfrage. „Die Produktion hat sich aufgrund der exorbitant gestiegenen Kosten und den Billigimporten aus dem Ausland schlicht nicht mehr gelohnt“, ergänzt er.
2022 war bereits ein schlechtes Jahr für die Branche. Dieses Jahr starten die Spargelbäuer:innen in Deutschland bereits sorgenvoll in die neue Saison. Für Ende März ist der Beginn des Spargelstechens geplant, schätzt Claudio Gläßer von der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft in Bonn. „Vorher gibt es noch keinen deutschen Spargel auf dem Markt.“ Bauernpräsident Rukwied stimmt ihm zu: Ob es sich für die Landwirt:innen auch lohne, den Spargel zu ernten, sei vom Ernteertrag abhängig – aber auch von der Markt- und der Preislage.
Branche von vielen Seiten unter Druck
Im vergangenen Jahr hatten die Landwirt:innen ein gutes Jahr erwartet und sogar auf höhere Preise gehofft. Doch wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wurden Lebensmittelpreise teurer und Kund:innen sparten – so auch beim Spargel. Supermarktketten reagierten und kauften deutlich billigeren Spargel aus dem Ausland ein. Rukwied ordnet diese Strategie für die heimische Spargel-Saison ein: „Sollte wieder Dumpingware aus dem Ausland im Regal liegen, wird es schwierig.“
Doch dies ist nicht die einzige Sorge der Spargel-Landwirt:innen. „Unsere Betriebe belastet auch der gestiegene Mindestlohn von 12 Euro im europäischen Wettbewerb. Es ist eine reelle Gefahr, dass dadurch in Deutschland die Spargel- und Erdbeerproduktion verschwindet“, so Rukwied.
2022 wurden laut Statistischem Bundesamt auf gut 21.000 Hektar in Deutschland Spargel angebaut. Die Fläche an sich sei erst einmal nicht Gefahr, so Rukwied: „Wir gehen davon aus, dass die Größenordnung der Anbaufläche beim Spargel weitgehend stabil bleibt“.
Doch zumindest in Niedersachsen, dem Land mit der größten Spargel-Ernte, könnte sich dies ändern. Die Anbaufläche, und damit auch die geerntete Menge an Spargel, könnten sich durchaus verkleinern, sagt Fred Eickhorst von der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer in Niedersachsen. „Ich glaube schon, dass wir im Vergleich zum Vorjahr auf 10 bis 15 Prozent weniger Fläche ernten werden“, so Eickhorst.
Regionaler Spargel zu Ostern – in manchen Teilen Deutschlands soll das möglich sein
Die Spargelernte geht nicht überall in Deutschland gleichzeitig los. Damit der Spargel wachsen kann, braucht er Wärme. Deswegen hängt der Erntebeginn von der Region in Deutschland und dem Wetter ab. In Süddeutschland soll noch vor Ostern der erste regionale Spargel verkauft werden, sagte der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer der dpa. Auch in Niedersachsen ist der Verkauf vor Ostern geplant, so Eickhorst, aber das entscheide sich erst in den nächsten Wochen. Sicherheitshalber wird der erste Spargel für die Saison unter Folien auf beheizten Feldern groß gezogen.
Rund 110.300 Tonnen Spargel wurden 2022 von 1465 Betrieben geerntet, so das Statistische Bundesamt. Vorreiter war Niedersachen mit 26.100 Tonnen. Bayern folgte an zweiter Stelle mit 21.100 Tonnen und in Nordrhein-Westfalen wurden 19.300 Tonnen Spargel gestochen.
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Ernten in Zukunft nur noch Maschinen den Spargel?
Die steigenden Löhne für Erntehelfer:innen beschäftigen die Spargel-Branche. Deswegen werde zunehmend überlegt, wie Maschinen für die Spargel-Ernte eingesetzt werden können, so Nils Kraushaar von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Doch bei Maschinen, die es derzeit im Handel gibt, seien die Verluste noch zu hoch, so Kraushaar. Ernteroboter seien deutlich präziser, jedoch auch noch sehr teuer. Die Landwirtschaftskammer überlege deswegen, wie stattdessen der Spargel-Anbau maschinengerechter werden könnte.
Utopia meint: Auch wenn die Sorgen der Landwirt:innen vor günstigerer Ware aus dem Ausland ernst zu nehmen sind, bleibt der Mindestlohn ein sinnvolles Werkzeug. Grundsätzlich hat jeder Mensch ein Recht auf einen fairen Lohn; er bildet auch die Grundlage für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion. In vielen konventionellen Produkten, vor allem aus dem Ausland, sind die Arbeitsbedingungen nicht eingepreist. Verbraucher:innen haben indirekt Einfluss darauf, ob Erntehelfer:innen fair bezahlt werden – und ob der Spargel abgeerntet und verkauft, oder die Ernte zerstört wird. Wer statt des günstigsten Spargels aus dem Discounter regionalen Spargel mit fairer Bezahlung wählt, hilft sowohl lokalen Landwirt:innen als auch den Arbeiter:innen. Ist man bereit, für Bio-Spargel etwas mehr zu zahlen, und mit dem Kauf bis zur Saison zu warten, schont man zusätzlich die Umwelt.
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