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„Medicane“: Warum wir am Mittelmeer mit tropischen Wirbelstürmen rechnen müssen

Badegäste am Strand
Foto: Clara Margais/dpa (Symbolbild)

Der Weltklimarat bezeichnet den Mittelmeerraum als „Hotspot des Klimawandels“. Denn das Mittelmeer ist zu warm. Die tropischen Temperaturen haben drastische Folgen. Auch dem italienischen Zivilschutz machen die Wetterextreme Sorgen.

Der Chef des italienischen Zivilschutzes hat sich besorgt über die Häufung von Wetterextremen in dem Mittelmeerland geäußert. „Wir werden immer öfter gefährliche Unwetter haben und sollten immer aufmerksamer sein“, sagte Fabrizio Curcio vergangene Woche der Zeitung La Repubblica. Die Wahl der richtigen Verhaltensweise mache den Unterschied zwischen Leben und Tod. Zuletzt kam es in Italien etwa auf der südlichen Insel Stromboli mit dem gleichnamigen Vulkan oder im Norden des Landes zu heftigen Überschwemmungen. Auch über Florenz oder Latina in Mittelitalien fegten zuletzt heftige Unwetter.

Im August und Anfang Herbst habe es zwar schon immer Fluten gegeben, aber nicht in dieser Häufigkeit, sagte Curcio. In den norditalienischen Regionen Trentino, Friaul-Julisch Venetien und Ligurien gaben die Behörden vergangenen Mittwoch eine Unwetterwarnung aus.

Hurrikane, weil das Mittelmeer zu warm ist?

Das hängt laut Meteorolog:innen auch mit den zu warmen Wassertemperaturen zusammen. Wie die Tagesschau berichtet, ist das Mittelmeer rund um die Balearen und westlich von Sardinien derzeit bis zu 30 Grad warm – das tropische Wassertemperaturen und drei bis sechs Grad zu viel. Expert:innen zufolge steige dadurch die Gefahr für schwere Schauer und Gewitter. „Und schwer meint in diesem Fall unwetterartig mit allem, was dazu gehört – Überschwemmungen, Schlammlawinen, Stürme mit umstürzenden Bäumen“, wird Silke Hansen, Leiterin des ARD-Wetterkompetenzzentrums, zitiert. Im Herbst müsse man deshalb mit „Medicanen“ rechnen, einer Art Hurrikan im Mittelmeer.

Denn: Die warmen Wassertemperaturen begünstigen ihre Entstehung. Damit sich ein „Medicane“ entwickelt, braucht es laut der Wetter-Expertin einen Temperaturunterschied zwischen kalter Luft in der Höhe und hohen Wassertemperaturen. „Es ist bedrohlich. Ich habe mal einen ‚Medicane‘ auf Korsika erlebt. Da fielen in 24 Stunden mehr als 400 Liter auf den Quadratmeter. Das fällt in Frankfurt am Main in acht Monaten“, so Hansen.

Eine weitere Folge zu warmer Wassertemperaturen ist die Ausbreitung nicht einheimischer Arten. Der WWF spricht davon, dass sich ganze Ökosysteme im Mittelmeer dadurch verändern. Fische wie der Adriatische Stör und der Tiefsee Kardinalfisch stünden demnach am Rande des Aussterbens. Quallen würden sich massenhaft vermehren. Der Weltklimarat (IPCC) bezeichnet den Mittelmeerraum als „Hotspot des Klimawandels„.

Hunderte Wald- und Buschfeuer in Italien

Trockenheit und Dürre führten in Italien zudem zu Hunderte Wald- und Buschfeuern. Zuletzt rückten etwa auf Sizilien die Feuerwehren um die westlich gelegenen Städte Trapani und Palermo zu mehreren Bränden aus, die teils Wohnhäuser gefährdeten. Auch Löschflugzeuge waren dort laut lokalen Medienberichten im Einsatz. „Nach Einsatzzahlen sind wir leicht unter dem Niveau von vor fünf Jahren“, erklärte Curcio, dessen Behörde die Löschflugzeuge koordiniert. Anders als damals 2017, einem heftigen Waldbrandjahr, würden die Flieger nun auch in den Alpen zum Löschen angefordert.

Curcio forderte außerdem ein Aufwachen der Politik. Seit dem Fall der Regierung von Mario Draghi Ende Juli ist das Land mit fast 60 Millionen Einwohnern im Wahlkampf. Am 25. September sollen die Menschen ein neues Parlament wählen. Fast alle Parteien hätten das Thema Umwelt auf ihrer Agenda, aber fast niemand vertiefe es, sagte Curcio. Die kommende Regierung müsse dem Problem aber Rechnung tragen.

Mit Material der dpa

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