Vielleicht kennst du auch jemanden, der sich trotz Kontakt zu Infizierten nicht mit dem Coronavirus angesteckt hat. Wir erklären die Zusammenhänge und räumen mit Mythen auf.
Nach knapp zwei Jahren Pandemie gibt es noch immer etliche Personen, die sich nie mit dem Sars-CoV-2-Erreger angesteckt haben. Trotz der hohen Infektionszahlen, die noch immer täglich vom Robert-Koch-Institut gemeldet werden, konnten manche Menschen eine Infektion bislang umgehen.
Doch woran liegt das? Einerseits natürlich daran, dass manche Menschen den Kontakt zu Infizierten weitestgehend vermeiden konnten oder dieser nur kurz, mit Abstand, Maske oder im Freien stattgefunden hat. Auch Glück spielt eine Rolle. Wissenschaftler:innen haben darüber hinaus unterschiedliche Vermutungen darüber, warum sich manche Menschen häufiger mit Corona infizieren, während andere für das Virus nicht empfänglich zu sein scheinen.
Blutgruppe und Gene spielen möglicherweise eine Rolle
Wissenschaftler:innen und Expert:innen machen vor allem zwei Faktoren dafür verantwortlich, dass sich manche Personen leicht, manche gar nicht mit dem Virus infizieren: Einerseits die Gene, andererseits die Blutgruppe.
So erläutert Leif Erik Sander, der Leiter der Klinik für Infektiologie an der Charité, in einem Spiegel-Bericht den vermutbaren Zusammenhang zwischen Corona und den Genen. Seinen Ausführungen zufolge gäbe es Menschen, die sich beispielsweise auch mit anderen viralen Erregern wie HIV oder Malaria aufgrund ihrer genetischen Merkmale schwerer anstecken. Solch einen Zusammenhang könnte es auch für den Sars-CoV-2-Erreger geben. Es sei beispielsweise denkbar, dass die sogenannten HLA-Moleküle das Immunsystem vor einer Infektion schützen würden.
Zudem berichten erste Studien aus Frankreich von einem Zusammenhang zwischen der Blutgruppe und dem Krankheitsverlauf. Die Ergebnissen legen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko für Personen nahe, deren Blutgruppen miteinander kompatibel sind. Dies trifft etwa auf Personen zu, die dieselbe Blutgruppe haben oder die sich bei einem Erstinfizierten, der Blutgruppe 0 hat, anstecken. Hingegen würde das Infektionsrisiko sinken, wenn die Blutgruppen der beiden Personen nicht miteinander zusammenpassen. Diese Vermutungen würde die These, dass Personen mit Blutgruppe 0 ein niedrigeres Ansteckungsrisiko haben, stützen.
T-Zellen als weiterer Faktor für ein niedrigeres Ansteckungsrisiko
Ein weiterer Faktor, der das Infektionsgeschehen mitbestimmt, sind die sogenannten T-Zellen. Dabei handelt es sich um weiße Blutkörperchen, die dem adaptiven Immunsystem angehören. In der Medizin werden zwei unterschiedliche Arten von T-Zellen voneinander abgegrenzt: Die sogenannten Killerzellen, die Erreger unschädlich machen, und die Helferzellen, die die Produktion von Antikörpern auslösen.
So würden die Killerzellen bei einigen Menschen sofort „anspringen“ und infizierte Zellen im Körper rasch unschädlich machen. Auf diese Weise könnte sich das Virus nicht weiter vermehren, sodass eine mögliche Infektion verhindert oder stark abgemildert würde. Zugleich muss man auch dazu sagen, dass der Immunschutz höchst individuell abläuft.
Im Zusammenhang mit den T-Zellen spricht die Charité zudem von der sogenannten Kreuzimmunität. Da beispielsweise Erkältungsviren ähnliche Strukturen aufweisen wie das Coronavirus, greifen bei der Immunantwort teilweise ähnliche Abwehrmechanismen, sodass manche Menschen eine Kreuzimmunität ausbilden. In einer Schweizer Studie konnte ein Forschungsteam diesen Effekt auch bei SARS-CoV-2 feststellen. Proband:innen, die vorher mit einem der bisher vier bekannten Typen von Coronaviren infiziert waren, steckten sich seltener an und hatten einen milderen Verlauf.
Geschlecht und Alter
Mögliche Zuammenhänge für die Empfänglichkeit für das Coronavirus gibt es auch beim Alter und Geschlecht. Epidemiolog:innen vermuten schon lange, dass Frauen eine effektivere Immunantwort auf Corona zeigen und deshalb weniger schwer erkranken würden als Männer. Ihre Vermutungen stützen die Wissenschaftler:innen auf Studien, die Männer ein höheres Risiko der schweren Erkrankung bescheinigen. Ursächlich für diese geschlechterspezifischen Unterschiede seien die Sexualhormone: So würde Östrogen eine beschleunigte Immunantwort auslösen, während das männliche Sexualhormon Testosteron die Immunantwort hemme.
Neben dem Geschlecht beeinflusst ebenfalls das Alter den Krankheitsverlauf und die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken. Von Natur aus schwächt das Immunsystem im Alter ab, sodass ältere Menschen unabhängig vom Geschlecht anfälliger für diverse Krankheiten sind und Infektionen schlechter bekämpfen können.
Welche Faktoren das Ansteckungsrisiko nicht beeinflussen
Das ZDF berichtet von einigen Mythen, die das Ansteckungsrisiko wahrscheinlich nicht oder nur geringfügig beeinflussen:
- Immer wieder ist von einer möglichen Immunität nach einer überstandenen Influenzainfektion zu lesen. Forscher:innen haben jedoch keine Hinweise darauf, dass Influenzaviren und Coronaviren eine Kreuzimmunität hervorrufen.
- Auch Sport hat keinen Einfluss auf das Ansteckungsrisiko. Dennoch wirken sich regelmäßige Sportarten günstig auf das Herz-Kreislauf-System aus. Und bekanntlich wird ein fitter Körper besser mit Viren und Krankheitserregern fertig.
- Auch der wiederholt angesprochene Zusammenhang zwischen einer Ansteckung mit dem Coronavirus und einem Vitamin-D-Mangel ist bisher noch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Denn die Studienlage ist nicht eindeutig, obwohl einige Untersuchungen nahelegen, dass ein Mangel an Vitamin D3 generell das Risiko für Infektionen erhöhe.
Warum sich Kinder generell seltener mit dem Coronavirus anstecken
Seit Beginn der Pandemie beobachten Wissenschaftler:innen, dass sich Kinder generell seltener mit dem Coronavirus infizieren und in aller Regel nicht so stark erkranken wie Erwachsene. Auch darauf findet die Wissenschaft eine Erklärung: Ursächlich sei das generell aktivere Immunsystem der Kinder, das voraktiviert ist und die Infektion daher besser abwehren könne.
Utopia meint: Geringeres Ansteckungsrisiko bedeutet nicht zwangsläufig Immunität
Insgesamt ist von einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren auszugehen, warum sich manche Menschen leichter mit dem Coronavirus anstecken. Wer ein reduziertes Ansteckungsrisiko hat, ist allerdings nicht immun. Denn jedem Risikokontakt liegen andere Umstände zugrunde, weshalb es trotzdem zu einer Infektion kommen kann.
Um dich und andere vor dem Coronavirus zu schützen, solltest du dich deshalb nach wie vor an die AHA-Regeln halten und deinen Impfschutz wenn nötig auffrischen.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Studie: Corona-Übertragung wird von Blutgruppe beeinflusst
- Corona-Warn-App ist rot: Das musst du jetzt tun
- Vorbereitung hilft: Was tun, wenn der Corona-Test positiv ist?
Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.
** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.War dieser Artikel interessant?