PFAS sind in Deutschland verbreiteter als bisher bekannt. Eine neue Recherche enthüllt, wo die schädlichen Chemikalien bereits nachweisbar sind.
NDR, WDR und SZ haben es sich zur Aufgabe gemacht, Orte in Deutschland auf PFAS-Verschmutzungen zu untersuchen. In einem gemeinsamen Projekt mit 15 Medien aus ganz Europa wurden in ganz Europa über 17.000 Standorte mit PFAS-Verschmutzung aufgefunden. Die Ergebnisse werden europaweit im Rahmen des „Forever Pollution Project“ veröffentlicht.
In Deutschland spürten die Reporter:innen erstmals mehr als 1500 Orte auf, die durch PFAS-Chemikalien kontaminiert sind, einschließlich über 300 Hotspots – also Regionen, wo die menschliche Gesundheit dadurch besonders gefährdet ist. In Deutschland tragen folgende Regionen der Recherche zufolge besonders hohes Risiko, stark verseucht zu sein: Bad Wimpfen, Frankfurt, Leverkusen und Gendorf bei Burgkirchen an der Alz in Bayern. Denn dort stehen die Fabriken, die PFAS produzieren.
PFAS: ein allgegenwärtiges Jahrhundertgift
PFAS sind in vielen Alltagsprodukten vorhanden. Sie werden in einer Vielzahl von Konsumgütern verwendet. Sie geben beispielsweise Regenjacken, Lebensmitteln oder Kosmetika wasser-, fett- oder schmutzabweisende Eigenschaften.
Die Abkürzung PFAS steht für „perfluorierte und polyfluorierte Alkylsubstanzen“. Sie sind eine Gruppe von mehr als 10.000 künstlich hergestellten Stoffen. Ihre Zerstörung ist extrem aufwändig, doch wenn sie nicht gezielt entfernt werden, reichern sie sich in der Umwelt, aber auch im menschlichen Organismus immer weiter an. Sie werden deshalb auch als „ewige Chemikalien“ bezeichnet.
Die gesundheitlichen Auswirkungen: PFAS können immunsuppressiv wirken, die Leber schädigen und den Cholesterolspiegel erhöhen. Außerdem wirken sie sich negativ auf das Geburtsgewicht von Babys aus. Auch negative Auswirkungen auf die Schilddrüse, die Fruchtbarkeit, schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck sowie Nierenkrebs konnten gezeigt werden. Mehr dazu: PFAS: Problematische Chemikalien in Konsumgütern
Erstmalige Aufklärung in Deutschland
In Deutschland produzieren sechs Fabriken PFAS, wie die Recherche der Zeitungen ergab – offenbar mehr als in jedem anderen Land in Europa. Diese Fabriken gehören Solvay, Daikin, Lanxess und den drei PFAS-Herstellern 3M, W.L. Gore und Archroma.
Während die Behörden in Frankreich und in verschiedenen US-Staaten regelmäßig Standorte gezielt nach PFAS-Rückständen untersuchen, gibt es in Deutschland keine systematische Erfassung der PFAS-Belastungen.
Nur bestimmte Behörden wie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in NRW führen regelmäßige Tests in der Nähe von solchen Standorten durch, um nach Rückständen von PFAS im Wasser zu suchen. Die mangelnden Untersuchungen führten auch zu einer fehlenden Aufklärung in der Gesellschaft, berichtet die Tagesschau.
Kommt ein PFAS-Verbot?
Einen Vorschlag PFAS Chemikalien zu verbieten gibt es bereits. Dieser wurde von Deutschland, Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA), einer Behörde der EU, übermittelt.
Allerdings gibt es bereits Widerstand von Lobbygruppen, wie zum Beispiel die deutschen Konzerne Bayer und BASF, wie das Forever Pollution Project aus mehr als 1200 Dokumenten entnehmen konnte. Diese versuchen demnach, das Verbot zu verhindern, oder breite Ausnahmen von dem Verbot zu erzielen, sollte das nicht gelingen. Eine Entscheidung über das PFAS-Verbot wird frühestens im Jahr 2025 erwartet, wie die Tagesschau berichtet.
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