Weil sie Dreadlocks hatten und farbige Kleidung aus Senegal und Gambia trugen, wurde das Konzert einer Schweizer Reggae-Band abgebrochen. Die Veranstalter:innen entschuldigten sich nun für „Sensibilisierungslücken“. Die Band kann die Kritik nicht nachvollziehen.
Ein Konzert der Reggae-Band Lauwarm in der Schweizer Hauptstadt Bern ist von den Veranstalter:innen abgebrochen worden. Mehrere Besucher:innen hätten sich, wie die Veranstalter:innen in einer späteren Stellungnahme berichteten, unwohl gefühlt und sich beschwert über „kulturelle Aneignung“ – die kritisch betrachtete und meist ungefragte Übernahme von Bestandteilen einer Kultur in eine andere. Während marginalisierte Gruppen aufgrund gewisser Merkmale diskriminiert werden, bereichern sich vorwiegend Weiße an genau diesen Merkmalen.
Die weißen Musiker:innen der Band Lauwarm trugen während des Konzerts farbige Kleidung aus dem Senegal und Gambia. Außerdem tragen zwei der Bandmitglieder Dreadlocks. Für das Konzert am 18. Juli im Kulturlokal und Restaurant Brasserie Lorraine sprang die Band kurzfristig ein, weil die ursprünglich geplanten Musiker:innen abgesagt hatten. Ihr Repertoire umfasste Reggae, Indi-World und Pop. In der Pause entschieden die Veranstalter:innen in Absprache mit der Band das Konzert aufgrund der Vorwürfe abzubrechen.
„Sensibilisierungslücken“: Stellungnahme der Veranstalter:innen
Eine Woche später meldeten sich nun die Veranstalter:innen bei Facebook zu den Ereignissen. „Uns ist bewusst das die Verantwortung bei uns liegt… Daher möchten wir uns bei allen Menschen entschuldigen, bei denen das Konzert schlechte Gefühle ausgelöst hat. Wir haben es verpasst uns im Vorherein genug damit auseinanderzusetzen und euch zu schützen“, heißt es in der Stellungnahme. „Unsere Sensibilisierungslücken und die Reaktion von vielen Gästen auf das Abbrechen des Konzertes haben uns wieder einmal gezeigt, dass das Thema emotional geladen ist.“
Außerdem ist für den 19. August um 19:00 Uhr eine Diskussionsrunde zum Thema „kulturelle Aneignung“ geplant. Dort erwarten die Veranstalter:innen „einen respektvollen Umgang. Rassismus und andere Diskriminierungen haben kein Millimeter Platz.“
Das sagt die Band zu den Anschuldigungen und dem Abbruch
Frontmann Dominik Plumettaz sagte gegenüber Blick, dass während der ersten Hälfte des Konzerts eine gute Stimmung herrschte „es war nichts von Unbehagen zu spüren.“ Sie hätten sich nach der Ansage der Veranstalter:innen jedoch „unwohl“ gefühlt und sich für den Abbruch entschieden. „Leider blieben die Kritiker unsichtbar und wir konnten kein Gespräch mit ihnen suchen, was wir sehr bedauern“, so Plumettaz.
Den Vorwurf der „kulturellen Aneignung“ kann der Musiker nicht nachvollziehen. „Ich verstehe, dass gewisse Leute für dieses Thema sensibilisiert sind, aber Musik lebt vom Mix der Kulturen“, sagte er. Weiter erklärte Plumettaz: „Würden wir Einflüsse und Kulturen so streng trennen, dann dürfte man als Schweizer Musiker generell nur noch Volksmusik machen, was ziemlich eintönig wäre.“
Auch bei Instagram äußerte sich die Band zu den Ereignissen, „um Missverständnisse zu verhindern“. Die Musiker:innen hätten laut Post „Familie, Freunde und auch Geliebte aus verschiedenen Kulturen, was sich in unserer Musik widerspiegelt.“ Sie würden aber zu ihrer Musik stehen und denken, „dass über die Definition und Unterschiede von Inspiration und Aneignung diskutiert werden muss.“
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