Pünktlich zur kalten Jahreszeit ist es wieder soweit: Alle sind erkältet. Manch einer greift jetzt gerne zu Mittelchen aus der Apotheke, die vorbeugen und das Immunsystem stärken sollen. Aber wie sinnvoll ist das eigentlich?
Öko-Test untersuchte 16 freiverkäufliche Immunstimulanzien aus Apotheken und Drogerien. Davon sind zwölf Produkte Nahrungsergänzungsmittel, drei diätische Lebensmittel und ein rezeptfreies Arzneimittel. Alle Produkte sollen das Immunsystem unterstützen. Es gibt sie als Granulat zum Auflösen, als Trinkampullen, Tropfen oder Tabletten.
Wissenschaftliche Beweise sind dürftig
Die zwölf Nahrungsergänzungsmittel enthalten jede Menge Vitamine, Mineralstoffe und Pflanzenextrakte, insbesondere Vitamin A, C, D, B6, B12, Zink, Selen und Kupfer. Sie sollen zur normalen Funktion des Immunsystems beitragen. Doch der Öko-Test-Gutachter Professor Manfred Schubert-Zsilavecz sagt: „Weder für die darin enthaltenen Einzelstoffe noch für deren Kombination existiert eine belegte Wirkung bei der Stärkung des Immunsystems oder bei der Prävention von Erkrankungen.“
Die drei Produkte, die als „ergänzend bilanzierte Diäten“ bezeichnet werden, enthalten ähnliche Inhaltsstoffe wie die Nahrungsergänzungsmittel, sollen aber speziell bei schwachen Abwehrkräften oder wiederkehrenden Atemwegsinfektionen helfen. Wissenschaftliche Daten, die die klinische Wirksamkeit einiger Produkte belegen sollen, gibt es allerdings nicht. Die Studien der Hersteller können nicht überzeugen: methodische Mängel, Bezahlung durch den Hersteller und Firmenmitarbeiter als Autoren.
Die rezeptfreie Arznei Symbioflor 1 (erhältlich** bei shop-apotheke.com oder Amazon) soll die Häufigkeit von wiederkehrenden Infekten der Bronchien und Nasennebenhöhlen senken. Die enthaltenen Darmbakterien sollen das Immunsystem dazu bringen, mehr Abwehrzellen zu bilden. Die Studien des Herstellers weisen auf eine Wirksamkeit hin – wie das Mittel genau wirkt, ist allerdings unklar. Das Arzneimittel ist das einzige Produkt, dass von Öko-Test die Note „ausreichend“ erhielt.
Werbeversprechen
Einige der getesteten Produkte versprechen zu viel: Bakterien und ein Präbiotikum einer stark beworbenen Marke sollen angeblich die Abwehrprozesse stärken und die Immunabwehr aufbauen, doch der jeweilige Hersteller darf mit dieser Aussage nicht werben: Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA verbietet solche wissenschaftlich nicht haltbaren Werbeversprechen.
Produkte wie Immun Loges Saft und Unizink Immun Plus werben mit ihrer Wirkung für ein „gesundes Immunsystem“. Doch als Nahrungsergänzungsmittel dürfen sie nur mit einem Beitrag zur „normalen“ Körperfunktion beschrieben werden. Die Aussagen der Beipackzettel dieser Produkte sind laut Öko-Test so nicht zulässig.
Wobenzym Immun, das mit einem Preis von 37,15 Euro das teuerste Produkt im Test ist, verspricht ein rascher reagierendes Abwehrsystem durch die enthaltenen Beta-Glucane. Diese Aussage ist gemäß EFSA allerdings eigentlich nicht zulässig.
Mineralstoffe und Vitamine: zu viel des Guten
Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sollten wir Kupfer, Mangan und Eisen nicht zusätzlich aufnehmen – wir sind damit in der Regel gut versorgt. Trotzdem stecken die Mineralstoffe in vielen Produkten. Auch die Empfehlungen für Selen, Niacin und die Vitamine A, C, D, E und B6 werden teilweise überschritten. Minderjährige sollten laut BfR keine Nahrungsergänzungsmittel mit Zink einnehmen, dennoch fehlen auf vielen der getesteten Mitteln entsprechende Hinweise. Einige Produkte enthalten zudem Aromen und künstliche Süßstoffe.
Immunstimulanzien: Test-Sieger und Test-Verlierer
Unter den 16 getesteten Produkten gibt es keinen echten Gewinner. Nur die rezeptfreie Arznei Symbioflor 1 erhält die Note „ausreichend“. Alle 15 anderen Produkte sind „ungenügend“. Die Produkte können ihre Wirksamkeit nicht ausreichend belegen.
Tipps von Öko-Test:
- Spar dir dein Geld. Der Kauf von Mitteln zur Stärkung der Abwehrkräfte lohnt sich nicht. Probier doch einfach mal diese 6 pflanzlichen Hausmittel gegen Erkältung aus.
- Regelmäßig die Hände waschen und ist effektiver als die Einnahme von Immunstimulanzien.
- Bewegung an der frischen, kalten Luft oder ein Saunagang sind gut für die Schleimhäute, Körper und Geist.
- Genug trinken hält die Schleimhäute auch bei trockener Luft feucht und intakt.
Den ganzen Test von Immunstimulanzien findest du in Öko-Test 11/2016.
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