Der Elektroautoboom in Norwegen ruft neue Herausforderungen bei der Versorgung mit Ladestationen hervor. In Oslos Innenstadt wird nun ein ehemaliger Bunker zu einer Elektroauto-Tiefgarage umfunktioniert.
Die Festung Akershus in der Osloer Innenstadt wurde seit dem Mittelalter etliche Male belagert und war als Landesgefängnis gefürchtet. Als beliebtes Touristenziel wird sie heute immer noch vom norwegischen Militär genutzt, beheimatet inzwischen aber auch Museen und Grünanlagen.
Der unterirdische Bunker der Festung findet nun eine neue Verwendung. Er soll nicht mehr Zufluchtsort vor Angreifern sein, sondern, im weiteren Sinne, vor Verschmutzung und globaler Erwärmung. Zwischen den tropfenden Steinwänden werden Parkplätze für Elektroautos bereitgestellt – inklusive 86 kostenloser Ladestationen.
Rasantester Wandel zur Elektromobilität
Bei den Norwegern wird diese Umfunktionierung mit Sicherheit gut ankommen: In dem skandinavischen Land findet der Wechsel zur Elektromobilität am rasantesten statt. Mehr als ein Drittel aller neu angemeldeten Autos fährt mit elektrischem Antrieb. Mit seinen 5 Millionen Einwohnern hat Norwegen damit bezogen auf die Einwohnerzahl den weltweit größten Anteil an Elektroautos. Mit etwa 100.000 Elektroautos auf der Straße folgt Norwegen nur den USA, China und Japan in absoluten Zahlen.
Laut dem Qualcomm Urban Mobility Index liegt Oslo vor London und Amsterdam auf Platz eins in Sachen nachhaltiger Mobilität und emissionsfreiem Verkehr. In der norwegischen Hauptstadt gibt es mehr Elektroautos und Ladestationen pro Einwohner als in jeder anderen Stadt der Welt. Die boomende Elektromobilität stellt jedoch gleichzeitig zunehmende Herausforderungen an die Ladeinfrastruktur. Denn die 17.000 durch Oslo fahrenden Elektroautos, Tendenz steigend, wollen regelmäßig „betankt“ werden. Die Einrichtung der 86 Ladestationen im Bunker der Akershus Festung ist damit also ein wichtiger Schritt hin zur ausreichenden Versorgung der E-Fahrzeuge.
Deutsche Städte hinken hinterher
Deutschlands Elektromobilität und Ladeinfrastruktur hinkt da hinterher. In Berlin waren Anfang 2016 1.445 E-Fahrzeuge gemeldet, gerade mal 0,12 % der 1,18 Millionen Pkw in der Stadt. Die Zahl der Ladestationen auf öffentlichem Grund liegt bei 335 mit jeweils zwei Ladepunkten.
Motivierte Strategien seitens der Politik und Stadtverwaltung sind allemal da. Hamburg z.B. erprobt als Modellregion für Elektromobilität, wie Elektrofahrzeuge und die dazugehörige Ladeinfrastruktur in den großstädtischen Alltag integriert werden können. Der Fokus liegt dabei mehr auf der elektromobilen Umstellung des Wirtschaftsverkehrs als auf der privaten Nutzung. Mit rund 400 Fahrzeugen verfügt Hamburg über die größte kommunale Elektroflotte.
Norwegen lockt mit Begünstigungen
Dass der Wechsel in Norwegen von zügiger Natur ist, hängt mit den zahlreichen steuerlichen Erlassen und Begünstigungen zusammen. Wer sich ein Elektrofahrzeug anschafft zahlt weder die Mehrwertsteuer noch die sogenannte Anschaffungssteuer. Bei stockendem Verkehr darf man die Busspur benutzen, zahlt bei zahlreichen Fährfahrten keine Gebühren und lädt sein Auto an den Ladestationen kostenlos auf.
Die Umfunktionierung einer so historisch bedeutenden Anlage wie der Osloer Akershus Festung zu einer Elektroauto-Tiefgarage zeigt neben den anderen vielen Vorteilen für Elektroauto Fahrende in besonderer Weise, wie wichtig den Norwegern die Förderung des elektromobilen Wandels ist.
GASTBEITRAG aus enorm
Text: Julia Merkle
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