Kaum ein Verhütungsmittel hat so viele Nebenwirkungen wie die Pille – Gewichtsschwankungen, Schmerzen, Thrombose-Risiko, Übelkeit, Depressionen. Nun belegen auch Studien die negativen Auswirkungen der Pille auf das allgemeine Wohlbefinden.
Für viele junge Frauen fühlt es sich an wie ein Meilenstein der Selbstbestimmung: Das erste Mal beim Frauenarzt, der die Pille verschreibt. Angst und Freude mischen sich. Angst, weil man – trotz der ärztlichen Beratung – nicht genau weiß, worauf man sich einlässt. Freude, weil man endlich auch zu den Erwachsenen gehört. Viele erhoffen sich einen optischen körperlichen Entwicklungsschub, eine Verbesserung des Hautbildes, und natürlich eine unkomplizierte Verhütung. Wecker stellen, Hormone schlucken, fertig. Man achtet anfangs auf Nebenwirkungen. Spannungsgefühle in der Brust und Übelkeit? Vergeht.
Viele Frauen nehmen dieselbe Pille seit ihrer Jugend, ohne sich über die zahlreichen Nebenwirkungen – Depressionen, erhöhtes Thromboserisiko, Zwischenblutungen, Haarausfall, Libido-Verlust, Gewichtszunahme, allergische Hautreaktionen, Krampfadern, Rückenschmerzen, um nur einige zu nennen – Gedanken zu machen. Weil es immer schon so war.
Neue Studie: schlechtere Lebensqualität durch Pille
Doch das könnte sich ändern. Denn immer mehr Studien weisen den großen Einfluss der Anti-Baby-Pille auf den weiblichen Körper nach. Die neueste: eine Studie aus Schweden, die sich mit den Auswirkungen der Präparate auf die allgemeine Lebensqualität auseinandersetzt. 340 gesunden Frauen wurden unter ärztlicher Beobachtung über einen Zeitraum von drei Monaten entweder Placebos oder hormonelle Verhütungs-Präparate verabreicht. Zur Absicherung der Ergebnisse wussten nicht nur die Frauen, ob sie das Placebo oder das Hormonpräparat verabreicht bekamen. Auch die Ärzte, die die Pille verschrieben, wurden nicht eingeweiht.
Das Ergebnis: Die Probandinnen, die die Pille bekamen, bewerteten ihre Lebensqualität nach Ende der Studie als deutlich schlechter als vor dem Experiment. Auch die individuelle Stimmung, Angst, depressive Verstimmung, Selbstwert, Traurigkeit, Selbstkontrolle und Energie-Level wurden negativ beeinflusst. Bei einzelnen Frauen waren die Veränderungen sogar „von klinischer Bedeutsamkeit“.
„Diese Verminderung der Lebensqualität sollte bei der Verschreibung von Verhütungs-Pillen und -Methoden beachtet werden“, sagt Niklas Zethraeus, einer der durchführenden Professoren. Vollkommen gesunde Frauen fühlten sich also bereits nach drei Monaten unter Hormon-Einfluss schlechter als zuvor. Um die weiteren Auswirkungen besser belegen zu können, müsste jedoch ein längerer Zeitraum untersucht werden.
Erhöhtes Depressions-Risiko?
Die schwedische Studie unterstützt somit eine dänische Langzeit-Studie aus dem Jahr 2016, die zeigte, dass Frauen, die die Pille einnehmen, ein bis zu 34 Prozent höheres Risiko haben, an Depressionen zu erkranken. Bei Teenagern liegt dieses erhöhte Risiko sogar bei 80 Prozent. Dabei schnitten andere hormonbasierten Verhütungsmittel – wie etwa das Hormon-Pflaster, der Ring oder die Hormonspirale – noch deutlich schlechter ab. Die Reaktion der Medien war damals dürftig. Eine Expertin verwies darauf, dass das erhöhte Depressions-Risiko für Jugendliche ihrer Meinung nach mit dem altersüblichen Herzschmerz zusammenhängen würde.
„Meine Freunde sagen, dass ich viel glücklicher wirke.“
Doch die Frauen werden sich langsam dem Risko bewusst, dem sie sich mit der Anti-Baby-Pille aussetzen und setzen selbsbestimmt die Pille ab – teilweise auch gegen den ärztlichen Rat. Was dann passiert, davon findet man im Internet zahlreiche Erfahrungsberichte. So sammelten unter anderem im vergangenen Jahr zahlreiche Frauen ihre eigenen Erfahrungen unter dem Hashtag #MyPillStory. Sie berichten vom Ausbleiben der Periode, unregelmäßige Zyklen, starke Regelschmerzen, schlechter Haut. Es gibt aber auch viel Zuspruch: „Emotional fühle ich mich viel stärker, weine kaum noch und kann mich außerdem besser konzentrieren. Auch meine Freunde sagen, dass ich viel glücklicher wirke. Der einzige Nachteil ist, dass mein Zyklus noch nicht regelmäßig ist“, berichtet beispielsweise eine Leserin der Frauenzeitschrift „Glamour“, wie sich ihr Leben ohne die Pille verbessert hat.
Ist das das 21. Jahrhundert? Tierversuche könnten bald der Vergangenheit angehören, Raupen fressen Plastik und Autos fahren von selbst – aber eine zu hundert Prozent sichere, hormonfreie Verhütung, die noch dazu vor übertragbaren Krankheiten schützen würde, muss erst erfunden werden. Momentan kann man sich offensichtlich nur für die Methode entscheiden, die den Körper am wenigsten negativ beeinflusst.
GASTBEITRAG aus enorm
TEXT: Maria Steinwender
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