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Affective forecasting: Wie es deine Emotionen beeinflussen kann

affective forecasting
Foto: CC0 / Pixabay / HolgersFotografie

Affective forecasting ist ein Begriff dafür, wenn Personen davon ausgehen, dass sie bestimmte Emotionen in der Zukunft fühlen werden. Was hinter dem Konzept steckt und welche Bedeutung es hat, erfährst du hier.

Im Alltag machen die meisten Menschen ständig Vorhersagen über zukünftige Situationen. Vielleicht kennst du das auch: Du gehst davon aus, dass dich heute noch eine gute Freundin anrufen wird oder du später noch an deiner Steuererklärung sitzen wirst. In solchen Situationen machen Menschen nicht nur Vorhersagen über diese jeweiligen Situationen, sondern auch darüber, welche Emotionen sie dabei empfinden werden. Im Alltag schätzen Personen also ständig ein, wie sie sich zukünftig fühlen werden. Dieses Konzept ist als affective forecasting bekannt und wurde stark durch die Psycholog:innen Timothy Wilson und Daniel Gilbert geprägt. Das englischsprachige Magazin Psychology Today berichtete über das Phänomen.

Was bedeutet affective forecasting?

Nach Wilson und Gilbert machen Menschen bei affective forecasting Vorhersagen über vier bestimmte Aspekte:

  • Wertigkeit der Emotion, das heißt, ob die Situation als dich positiv oder negativ wahrgenommen wird
  • die spezifische Emotion, die in der Situation auftreten werden (z.B. Freude, Schuld, Wut)
  • die Intensität der Emotion
  • die Länge der Emotion

Nach den Forschungsergebnissen von Wilson und Gilbert machen die meisten Menschen falsche Vorhersagen über ihre zukünftigen Emotionen. So überschätzen sie häufig, wie gut oder schlecht sie sich in einer zukünftigen Situation fühlen werden. Diese Überschätzung der emotionalen Intensität ist auch unter dem Begriff „Impact Bias“ bekannt.

Konkret könnte das bedeuten: Personen fühlen sich nach einer Entlassung gar nicht so traurig oder wütend, wie sie gedacht hätten. Oder: Jemand ist nach einer Beförderung nicht so glücklich, wie die Person vorher angenommen hat. 

Warum überschätzen wir häufig unsere Emotionen?

Laut Untersuchungen zu affective forecasting überschätzen Menschen häufig die Länge und Intensität von zukünftigen Emotionen.
Laut Untersuchungen zu affective forecasting überschätzen Menschen häufig die Länge und Intensität von zukünftigen Emotionen.
(Foto: CC0 / Pixabay / 1388843)

Zwei weitere Phänomene, die erklären können, warum Menschen beim affective forecasting häufig falsch liegen, sind:

  • Focalism: Dies beschreibt die Tatsache, dass Personen eine bestimmte Situation und ihre Emotionen darauf häufig isoliert betrachten. Dabei gewichten sie die entsprechende Situation übermäßig und vernachlässigen andere Faktoren, die unsere Emotionen eventuell abmildern könnten.
  • Immune neglect: Dieses Konzept beschreibt, dass Menschen häufig ihre eigenen Fähigkeiten unterschätzen, sich an Veränderungen in der Lebenssituation anzupassen und sich von negativen emotionalen Ereignissen zu erholen. Das führt dazu, dass sie etwa annehmen, langfristig unter den negativen Emotionen, die in einer bestimmten Situation ausgelöst wurden, zu leiden. Menschen vergessen dabei, dass sie durchaus dazu in der Lage sind, sich an veränderte Bedingungen anzupassen.

Neben diesen Konzepten gibt es noch weitere Formen der kognitiven Verzerrung, die falsche Annahmen bei affective forecasting erklären können. Fakt ist: Häufig sind zukünftige Emotionen nicht so intensiv, langanhaltend und folgenreich, wie man zunächst annimmt.

Wie groß die Lücke zwischen den Annahmen und der Realität ist, hängt dabei natürlich von der individuellen Situation ab. Manchmal fällt die Lücke nur sehr klein aus – wenn jemand etwa angenommen hat, sich wütend zu fühlen und dann in Wahrheit eher enttäuscht ist. Teilweise können Vorhersage und Realität hingegen auch sehr stark auseinanderfallen, zum Beispiel wenn jemand angenommen hat, sich sehr glücklich zu fühlen und dann hingegen eher gestresst und frustriert ist.

Affective forecasting und Entscheidungen

Affective forecasting hat einen starken Einfluss darauf, welche Entscheidungen Menschen treffen. Es kann diese Entscheidungen dabei sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Vielleicht hast du schon jetzt Angst vor den negativen Emotionen, die du bei einem Zahnarzttermin fühlen wirst, sodass du diesen Termin lieber absagst. Langfristig führt das hingegen dazu, dass sich deine Zahnprobleme und damit einhergehende Schmerzen nur verschlimmern.

Vielleicht nimmst du auch an, dass du dich bei einem Treffen mit einem guten Freund so glücklich fühlen wirst, dass du aus Vorfreude schon jetzt ein kleines Geschenk für ihn kaufst. Das kann wiederum dazu führen, dass sich dein Gegenüber besonders wertgeschätzt fühlt und ihr eure Bindung somit stärken könnt.

So kannst du affective forecasting hinterfragen

Es kann sinnvoll sein, das eigene affective forecasting zu hinterfragen.
Es kann sinnvoll sein, das eigene affective forecasting zu hinterfragen.
(Foto: CC0 / Pixabay / snicky2290)

Um ungünstige Entscheidungen zu vermeiden, ist es sinnvoll bei besonders einschneidenden Entscheidungen das eigene affective forecasting zu hinterfragen.

  • Stoppe dich dafür kurz und hinterfrage, ob deine Entscheidung eventuell auf Erwartungen über zukünftige Emotionen beruht.
  • Ist dies der Fall, kann es hilfreich sein, sich genauer mit diesen Erwartungshaltungen und ihren Ursachen auseinandersetzen.
  • Du kannst deine Erwartungen und Annahmen etwa aufschreiben und darauf aufbauend analysieren, auf welchen Erfahrungen und Denkmustern diese Annahmen beruhen.
  • Frage dich zudem, ob es nicht noch andere Faktoren gibt, die deine Emotionen zukünftig beeinflussen könnten.
  • Es kann auch hilfreich sein, mit Freund:innen, Familienmitgliedern oder Expert:innen über deine Entscheidungen, Annahmen und Sorgen zu sprechen und somit andere Sichtweisen und Perspektiven einzuholen.

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