Was mit dem Ausdruck "demografischer Wandel" umschrieben wird, bedeutet schlichtweg: Unsere Bevölkerung verändert sich. Es werden weniger Kinder geboren, gleichzeitig werden wir immer älter. Das führt zu einigen Herausforderungen.
Was ist der demografische Wandel?
Zwei grundsätzliche Größen beschreiben die Bevölkerung eines Landes statistisch:
- die Gesamtanzahl an Menschen, also die absolute Anzahl an Menschen, die in einem Land oder einer bestimmten Region leben
- die Struktur der Bevölkerung, also wie viele Menschen einer bestimmten Altersgruppe angehören
Eine wissenschaftliche Disziplin, die Demografie, konzentriert sich darauf, diese Werte zu beschreiben. Der Begriff „Demografie“ stammt aus dem Griechischen und heißt übersetzt nichts anderes als „Volksbeschreibung“.
Die Strukturen in Gesellschaften können sich verändern – zum Beispiel, wenn sich ein Land von einem Agrar- zu einem Industriestaat weiterentwickelt. Dadurch erlangen mehr Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung – und werden im Schnitt älter.
Diese Veränderung in der absoluten Anzahl an Menschen, die in einem Land leben, und die Veränderungen in der Altersstruktur bezeichnet man als „demografischen Wandel„.
Drei grundsätzliche Zahlen beeinflussen die Bevölkerungsstruktur und -größe:
- Die Geburtenrate: Wie viele Kinder werden jährlich in einem Land geboren? Die Zahl wird auf die Anzahl Neugeborener pro 1000 Einwohner:innen bezogen.
- Die Sterberate: Wie viele Menschen sterben jährlich in einem Land?
- Migration: Die letzte Ziffer besteht aus zwei Bewegungen: Wie viele Menschen wandern jährlich zu und wie viele wandern jährlich ab? Die erste Zahl trägt zum Bevölkerungswachstum bei, die zweite lässt die totale Bevölkerung schrumpfen.
Welche Mechanismen liegen dem demografischen Wandel zugrunde?
Betrachten wir als erstes die Geburten- und die Sterberate: Wenn die Geburtenrate höher ist als die Sterberate, bedeutet das, dass die Bevölkerung wächst. Jedes Jahr kommen mehr Menschen dazu, als durch den Tod aus der Statistik wegfallen.
In Deutschland ist laut statistischem Bundesamt seit 1973 das Gegenteil der Fall: Die Sterberate ist höher als die Geburtenrate. Das heißt, es sterben jährlich mehr Menschen als geboren werden – und dadurch geht die Bevölkerung zurück. In den 1980ern und zwischen 2003 und 2010 nahm die Bevölkerung besonders stark ab.
Dass unsere Bevölkerung nicht permanent schrumpft, liegt daran, dass viele Menschen nach Deutschland zuwandern. Diese Zahl ist deutlich größer ist als die Abwanderung, sie kompensiert auch die höhere Sterberate.
Für die Zukunft wird aber erwartet, dass die Gesamtbevölkerung abnimmt. Um die Bevölkerungszahl stabil zu halten, müsste eine Frau statistisch gesehen im Durchschnitt 2,1 Kinder bekommen. Im Jahr 2017 waren es aber nur 1,57 Kinder pro Frau laut statistischem Bundesamt.
Deshalb wird unsere Bevölkerung bis zum Jahr 2050 wahrscheinlich auf 75 Millionen zurückgehen, so das Lexikon der Nachhaltigkeit. Doch: Solche Prognosen können unerwartete Ereignisse nicht berücksichtigen. Die hohe Migrationsrate durch Geflüchtete können die Vorhersage stark beeinflussen.
Demografischer Wandel: Veränderung der Bevölkerungsstruktur
Nicht nur die Anzahl der Bürger Deutschlands verändert sich. Experten sprechen auch von einer Überalterung der Gesellschaft, die maßgeblich zum demografischen Wandel beiträgt.
Das liegt zum einen daran, dass wir heutzutage eine höhere Lebenserwartung haben, weil sich unter anderem die medizinische Versorgung verbessert hat. Zum anderen gab es in den 1960ern besonders geburtenstarke Jahrgänge – die sogenannten Babyboomer. Diese Generation wird in den nächsten 20 Jahren das Rentenalter erreichen.
Gleichzeitig wurden in den 1990ern und den Folgejahren deutlich weniger Kinder geboren. Das bedeutet, die Anzahl der jüngeren Menschen wird in der Gesellschaft abnehmen. Dafür wird es mehr ältere Menschen geben.
Früher konnte man sich die Bevölkerungsstruktur wie eine Pyramide vorstellen: Unten breit, weil es viele junge Menschen gab und je weiter man nach oben kam, desto schmaler wurde die Pyramide. Noch 1900 bekamen Frauen in Deutschland im Durchschnitt laut Sozialpolitik Aktuell etwas mehr als vier Kinder.
Unsere heutige Bevölkerungsstruktur vergleichen wir mit einer Urne: Unten schmal, weil wenig Babys und Kinder nachkommen, oben breit, weil es viele Erwachsene und Ältere gibt.
Das wirkt sich massiv auf unsere Gesellschaft aus.
Auswirkungen des demografischen Wandels
Vor allem für den Generationenvertrag spielt der demografische Wandel eine große Rolle. Der Generationenvertrag besagt im wesentlichen, dass die Berufstätigen in unsere Rentenkassen einzahlen und damit die Renten der Menschen finanzieren, die sich in diesem Moment im Rentenalter befinden. Als die heutigen Rentner noch erwerbstätig waren, zahlten sie wiederum Renten für die vorherige Generation, und so weiter.
Die Schwierigkeit an der sich verändernden Bevölkerungsstruktur ist, dass zukünftig weniger Erwerbstätige für deutlich mehr Rentner die Renten bezahlen müssen, weil es laut Prognosen mehr Ältere als Jüngere geben wird.
Auch die Gesellschaftsstrukturen könnten sich stark durch den demografischen Wandel verändern: Eine eher ältere Gesellschaft stellt ganz andere Anforderungen an ihr Umfeld als eine Junge. Zum Beispiel könnte die Nachfrage nach Spielplätzen, Kitas und Schulen geringer werden, während mehr Plätze im Altersheim gebraucht werden.
Um dem Problem der verringerten Beitragszahlenden zu begegnen, gibt es mehrere Lösungsmöglichkeiten:
- Rentner erhalten in Zukunft weniger Rente
- Die Beitragszahlenden zahlen höhere Beiträge
- Renten werden zum Teil aus Steuergeldern bezahlt
- Das Rentenalter wird angehoben, sodass es weniger Rentner gibt
- Es werden Anreize geschaffen, damit die Menschen wieder mehr Kinder bekommen
- Man kann auch Anreize für Menschen aus anderen Ländern zu schaffen, nach Deutschland zu immigrieren und hier zu arbeiten.
Einige dieser Strategien kann man in Deutschland schon beobachten: 2007 beschloss der Bundestag die stufenweise Anhebung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre. Darüber, wie genau das abläuft, hat der Spiegel berichtet. Außerdem wurden 2015 die Regelungen zur Elternzeit verändert: Eltern können jetzt bis zu 24 Monate Elternzeit nehmen, so das Bundesministerium für Familie, Soziales, Frauen und Jugend. Auch der Ausbau von Kita-Plätzen soll es einfacher machen, wieder mehr Kinder zu bekommen.
Das Phänomen des demografischen Wandels weltweit
Auch global gesehen nimmt laut bpb die durchschnittliche Lebenserwartung zu. Zwar gibt es immer noch große Unterschiede zwischen einzelnen Ländern, aber der Trend ist deutlich zu beobachten.
Ein Grund dafür ist, dass die Medizin in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht hat. Auch profitieren mehr Menschen von einem steigenden Wohlstand, es gibt weltweit bessere Hygiene- und Arbeitsbedingungen und die Menschen ernähren sich gesünder. Vor allem in vielen weniger entwickelten Ländern liegen zudem die Geburtenraten über den Sterberaten – deshalb ist der weltweite demografische Wandel mit einem massiven Bevölkerungswachstum verbunden:
- Noch 1800 lebten nur eine Milliarde Menschen auf der Welt.
- Um 1900 waren es 1,65 Milliarden.
- Bis 1970 stieg die Bevölkerung auf 3,5 Milliarden Menschen, diese haben sich innerhalb von vierzig Jahren verdoppelt.
- Im Jahr 2017 lebten laut statistischem Bundesamt 7,5 Milliarden Menschen auf unserem Planeten.
- Bis 2050 werden es fast 10 Milliarden Menschen sein, so die bpb.
Nur in industrialisierten Staaten ist zu beobachten, dass die Geburtenrate deutlich zurückgeht. Das lässt sich auf die sich verändernde Arbeitswelt und den wachsenden Wohlstand zurückführen: Wer voll erwerbstätig ist, hat weniger Zeit für Kindererziehung. Außerdem sind wir auf Kinder als Altersvorsorge nicht mehr angewiesen. Laut der bpb ist damit einhergehend die Bildung ein starker Einflussfaktor für die Geburtenrate: Durch Bildung werden Frauen befähigt, wirtschaftlich unabhängig von einem Mann sein zu können und bekommen die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen.
Offen bleibt die Frage, wie viele Menschen auf der Erde leben können, bevor es zu massiven Problemen kommt. Unbegrenzt ist die Zahl nicht, da sind sich Wissenschaftler einig. Aber schon jetzt ist deutlich: Je mehr Menschen auf der Welt leben, und je mehr von ihnen einen hohen Lebensstandard haben, desto stärker sind die ökologischen Folgen:
- Mehr Menschen brauchen mehr Wohnraum. Das führt zu einer höheren Bodenversiegelung.
- Mehr Menschen brauchen mehr Essen, das heißt, wir müssen unsere Landwirtschaft ausdehnen und mehr Flächen landwirtschaftlich nutzen. Dabei geht oft noch relativ unberührte Natur verloren. Hinzu kommt, dass die Landwirtschaft viele Treibhausgase produziert.
- Mehr Menschen heißt auch, mehr Verkehr. Dadurch und durch höheren Konsum steigt wahrscheinlich der CO2-Ausstoß weltweit.
Laut der bpb nimmt die Bevölkerung derzeit um 83 Millionen pro Jahr zu. Bis 2100 wird sich das Wachstum zwar abschwächen, aber nicht verschwinden. Einen drastischen Ausweg daraus hat in der Vergangenheit China mit der Ein-Kind-Politik gesucht, die 2015 gelockert wurde. Das hat allerdings zu anderen Problemen wie der starken Überalterung auf dem Land geführt, so Zeit Online. Dennoch werden immer wieder Stimmen laut, die fordern, betroffene Länder mit Sanktionen zu einer niedrigeren Geburtenrate zu zwingen. Eine Methode, die nicht in die Rechte der Menschen eingreift, ist Bildung: Laut dem Entwicklungsökonom Homi Karas helfe vor allem ein besserer Zugang zu Bildung für Mädchen, das Bevölkerungswachstum zu reduzieren.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Urban Farming: Vor- und Nachteile von Landwirtschaft in der Stadt
- Postwachstumsökonomie: Geht es auch ohne Wirtschaftswachstum?
- Artensterben: Das sind die wichtigsten Ursachen
War dieser Artikel interessant?