Wie viele Menschen hält die Erde aus? Das versuchen Wissenschaftler mit der „Tragfähigkeit der Erde“ auszudrücken. Die ist aber gar nicht so einfach zu bestimmen.
Wie kann die Tragfähigkeit geschätzt werden?
Wie viele Menschen können auf einem bestimmten Gebiet leben, ohne dass die Ressourcen zu Ende gehen? Das ist in etwa die zentrale Frage, die hinter allen Überlegungen zur Tragfähigkeit steht. Im Hinblick auf unseren Planeten heißt das vor allem: Wie viele Menschen können auf der Erde ernährt werden?
Dazu gibt es laut Spektrum ein unterschiedliches Verständnis von Tragfähigkeit:
- Bei der agrarischen Tragfähigkeit steht die Frage im Raum, wie viele Menschen ernährt werden können.
- Beim Unterschied zwischen optimaler und maximaler Tragfähigkeit geht es darum, wie viele Menschen mit einem bestimmten Lebensstandard leben können. Die Berechnungen orientieren sich dabei zum Beispiel an einem Existenzminimum.
- Auf ein Gebiet bezogen kann Tragfähigkeit entweder als innenbedingt oder als außenbedingt definiert werden: Wie viele Menschen können ohne Handel in einem Gebiet leben und wie viele mit Handel?
Bei der Frage um die Tragfähigkeit geht es meistens auch darum, wie viele Menschen auf lange Sicht in einem Gebiet bzw. auf der Erde leben können. Aber alleine die verschiedenen Definitionen machen schon deutlich: Eine Tragfähigkeit zu schätzen, ist kompliziert. Auch technologische Innovationen, die die Landwirtschaft produktiver machen, spielen in den Überlegungen eine Rolle.
Schon 1798 sprach der britische Ökonom Thomas Robert Malthus davon, dass das Bevölkerungswachstum zu einer Überbevölkerung führen würde, weil die Nahrungsmittelproduktion im Vergleich viel langsamer wächst. Auch der Club of Rome warnte mit seiner Studie „Die Grenzen des Wachstums“ bereits in den 80er-Jahren vor einer Überbeanspruchung der Ressourcen durch Überbevölkerung.
Welche Schätzungen gibt es für die Tragfähigkeit?
Vor einigen Jahrzehnten hätten einige Wissenschaftler den Kopf geschüttelt, wenn wir ihnen erzählt hätten, dass heute sieben Milliarden Menschen auf der Erde leben können. Heute diskutieren wir darüber, ob es überhaupt eine Tragfähigkeitsgrenze gibt, so eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Bisher jedenfalls haben sich die Befürchtungen von Malthus nicht bewahrheitet.
Die Vereinten Nationen (UN) haben mehrere Modellrechnungen dazu angestellt, wie sich die Bevölkerung bis zum Jahr 2050 entwickeln wird. Sie kommt laut den Autoren der Studie zu dem Schluss, dass wir bis 2050 eine Gesamtbevölkerung von neun bis zwölf Milliarden Menschen erreichen werden.
Vor allem in den Industrieländern, aber auch in einigen Entwicklungsländern ist in den letzten Jahren ein Geburtenrückgang zu beobachten. Das Phänomen wird als demographischer Wandel bezeichnet. Aber: Eine nachhaltige Tragfähigkeit unserer Erde haben wir laut der UN bereits in den 80er-Jahren überschritten. Bis 2050 werden wir sie demnach um mehr als das Doppelte übertroffen haben. Das liegt nicht zuletzt am ökologischen Fußabdruck von uns Industrieländern: Der ökologische Fußabdruck gibt an, wie viel Land ein Mensch durch seinen Lebensstandard im übertragenen Sinne in Anspruch nehmen müsste, um einen nachhaltigen Lebensstandard zu führen.
Zwischen der Frage „Wie viele Menschen können wir in Zukunft auf der Erde ernähren?“ und der Frage „Wie viele Menschen können nachhaltig auf der Erde leben?“ ist also ein gewaltiger Unterschied:
- Bei der ersten Frage geht es vor allem darum, wie sehr wir unsere Landwirtschaft noch intensivieren und produktiver machen können.
- Die Antwort auf die zweite Frage lautet: Die Grenze für ein nachhaltiges Miteinander haben wir längst überschritten. Das wird am Earth Overshoot Day deutlich: Der Tag markiert den Zeitpunkt, an dem wir bereits alle Ressourcen, die wir für ein nachhaltiges Fortbestehen pro Jahr verbrauchen dürften, aufgebraucht haben. In den letzten fünfzig Jahren war der Earth Overshoot Day fast jedes Jahr früher als die Jahre zuvor. Im Jahr 2019 fällt der Earth Overshoot Day laut Berechnungen auf den 29. Juli.
Die Tragfähigkeit der Erde hängt also nicht nur von der benötigten Nahrungsmittelmenge ab, sondern vor allem auch von unserem Lebensstil.
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