In Wiesbaden geht ein Supermarkt neue Wege: In einer Rewe-Filiale wächst jetzt frischer Basilikum in einer eigenen kleinen Farm direkt auf dem Dach. Auch eine eigene Fischzucht gibt es dort, die angeblich nachhaltig sein soll…
Wie lassen sich Transportwege noch weiter reduzieren? Der Rewe-Markt in Wiesbaden-Erbenheim testet ab sofort Green Farming auf dem eigenen Dach: Dort hat der Supermarkt-Riese eine eigene kleine Basilikum-Farm ins Leben gerufen, in der jede Woche 14.000 Töpfe Basilikum geerntet werden sollen. Die sind nicht nur für die Rewe-Filiale in Erbenheim gedacht, sondern für insgesamt 480 Rewe-Märkte in Hessen und Rheinland-Pfalz. Auf diese Weise sollen jährlich rund 800.000 Basilikum-Pflanzen vom Dach in Erbenheim auf die Geschäfte im Umland verteilt werden. Ein besonderer Wasserkreislauf sorgt dafür, dass der Anbau nachhaltiger als anderswo ist.
Rewe-Markt mit eigener Basilikum-Farm und Fischzucht auf dem Dach
Dieser Rewe-Markt sieht schon auf den ersten Blick außergewöhnlich aus: In der Mitte befindet sich ein gläsernes Atrium, das den Blick auf die Basilikum-Farm auf dem Dach freigibt. Dort sorgt ein spezieller Hydroponik-Kreislauf (Aquaponik) dafür, dass 90 Prozent weniger Wasser als bei herkömmlichen Anbaumethoden nötig ist. Möglich mache das unter anderem die doppelte Nutzung des Wassers, erklärt Rewe. Denn das Wasser wird nicht nur für das Basilikum genutzt, sondern auch für eine Fischzucht auf dem Dach.
Auf etwa 230 Quadratmetern stehen mehr als ein Dutzend Wasserbecken, in denen der Supermarkt eigene Barsche züchtet. 20.000 Fische kann Rewe nach eigenen Angaben jedes Jahr züchten und direkt vor Ort verarbeiten. „Die Fische düngen mit ihren Ausscheidungen die Basilikumpflanzen. Diese wiederum reinigen das Wasser aus den Fischbecken, das dann zu den Barschen zurückfließen kann“, erläutert Rewe das Konzept. Ein Teil des Wassers ist sogar Regenwasser. Das Unternehmen rechnet damit, dass der Fisch Ende 2021 in den Supermarkt-Filialen erhältlich sein wird.
Rewe: Wie nachhaltig ist die Fischzucht auf dem Dach?
Die Aquaponik-Anlagen auf dem Supermarkt-Dach stammen vom Berliner Start-up ECF Farmsystems. Es hat sich auf Aquaponik mit Barsch und Basilikum spezialisiert und 2021 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis dafür erhalten. In einem Berliner Industriegebiet steht bereits seit 2015 die erste Anlage. Gegenüber NTV erklären die Gründer, dass strenge Hygienemaßnahmen nötig seien, damit Fische und Pflanzen gesund bleiben. Antibiotika und Pflanzenschutzmittel werden nicht eingesetzt, stattdessen überwachen Sensoren Sauerstoff und pH-Wert des Wassers und computergesteuert erhalten die Fische Futter und Frischwasser. Neben Basilikum eignen sich auch viele andere Obst- und Gemüsearten für eine Aquaponik-Anlage: von Tomaten, Paprika und Salaten bis hin zu Auberginen oder auch Melonen. Die Farm auf dem Rewe-Dach ist nun die vierte Urban-Farming-Anlage von ECF.
Kritikpunkte an der Fischzucht: Es ist fraglich, inwieweit die Tiere tatsächlich artgerecht in den Wasserbecken gehalten werden können. Außerdem brauchen Fische und Pflanzen in einer Aquaponik-Anlage es warm. Der hohe Stromverbrauch und die Wärme sind bei solchen Anlagen noch ein Problem – auch wenn es sich um Öko-Strom handelt.
Rewe-Pilotmarkt: Ist das der Supermarkt der Zukunft?
Mit dem ungewöhnlichen Rewe-Markt will die Supermarkt-Kette testen, welche Konzepte für die Zukunft taugen. Besonders viel Wert legt das Unternehmen dabei auf Nachhaltigkeit: Der Basilikum steckt in einer Papiertüte und kommt ohne Plastikschale aus, was jedes Jahr zwölf Tonnen Plastik einspare, so der Konzern. Ladestationen für E-Bikes und E-Autos sind Standard, ebenso die Verwendung von 100 Prozent Öko-Strom. Der Parkplatz ist kreisförmig angelegt, sodass möglichst wenig Fläche versiegelt wird. Außerdem gibt es Grünstreifen und Blühwiesen.
Das Supermarkt-Gebäude besteht zu einem großen Teil aus heimischem Holz. Es speichert nach Unternehmensangaben etwa 700 Tonnen CO2. Nach etwa 30 Jahren seien die Bäume nachgewachsen und die CO2-Bilanz ausgeglichen.
Dass ein Supermarkt Gemüse selbst auf dem Dach anbaut, ist nicht neu: In Kanada gibt es ein Geschäft, das 30 verschiedenen Gemüsesorten anbaut. Vielleicht kommen ja auch auf dem Rewe-Testdach noch ein paar Gemüsesorten dazu.
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