„Fehler zu machen ist menschlich“ – so sagt es der Volksmund. Doch oft ist es schwer, mit den eigenen Fehlern umzugehen. Wir geben Tipps, wie das gelingt und aus Fehlern zu lernen.
Ein falsches Wort zu einem:r Freund:in oder auf der Arbeit ist etwas schiefgelaufen – einen Fehler zu machen, das passiert schnell. Für manche ist es aber schwieriger als für andere, damit umzugehen. Warum?
Das kann verschiedene Gründe haben. Hier ein paar Beispiele:
- Oft haben wir Angst davor, dass Fehler uns schwach wirken lassen. Und viele sind es nicht gewohnt, sich anderen gegenüber als verletzlich zu zeigen.
- Geht ein Fehler mit Kritik oder einem Streit einher, kann er dazu führen, dass wir uns ausgeschlossen fühlen.
- Auch Perfektionismus oder ein geringes Selbstwertgefühl können Gründe dafür sein, dass es uns so mitnimmt, wenn wir Fehler machen.
Fehler machen, um daraus zu lernen
Die Angst davor, einen Fehler zu machen, kann uns hemmen. Sie kann uns einschüchtern, sodass wir nicht mehr proaktiv handeln und weniger mutig auftreten. Dabei gehören Fehler zu einem gesunden Lernprozess dazu. Laut der Süddeutschen Zeitung lernen wir am besten, wenn wir auch Fehler machen. Im Alltag bedeutet das: Fehler zu machen, hilft, uns weiterzuentwickeln – auch im Job oder auf zwischenmenschlicher Ebene.
Machst du beispielsweise auf deiner Arbeit immer wieder in deinen Rechnungen unbewusst den gleichen Fehler, ist es wichtig, dass dich dein:e Chef:in darauf hinweist. So kannst du daraus lernen und in Zukunft genau darauf achten, dass dir der Fehler nicht mehr unterläuft.
Somit trifft die Lebensweisheit „Aus Fehlern lernt man“ tatsächlich zu.
Wie gehe ich damit um, Fehler zu machen?
Wenn du einen Fehler machst, ist es wichtig, Abstand zu der Situation zu gewinnen. Das schaffst du beispielsweise, indem du dich mit Atemübungen ablenkst. In einem weiteren Schritt kannst du dir den „Worst Case“ überlegen und den Fehler in Relation zu deinem Leben einordnen:
1. Achte auf deine Atmung
Wenn du einen Fehler gemacht hast und dir dessen bewusst bist, kann das emotionale und körperliche Symptome hervorrufen. Du bekommst vielleicht Kopfschmerzen, hast Bauchweh, einen Knoten im Hals oder fühlst dich schlapp. Um dich selbst zu beruhigen und Abstand zu gewinnen, achte auf deine Atmung: Atme drei Sekunden in den Bauch ein und doppelt so lange wieder aus. Halte danach in einer Atempause kurz inne, bevor du wieder einatmest. Wiederhole das mehrere Male, bis du ganz bei dir bist.
https://utopia.de/ratgeber/atemuebungen-diese-uebungen-solltest-du-kennen/
2. Stelle dir nun das Worst-Case-Szenario vor und entdramatisiere den Fehler
Falls beispielsweise dein Konto am Anfang des Monats nicht ausreichend gedeckt ist, wenn die Miete abgehen soll, kannst du dir das Worst-Case-Szenario und seine Konsequenzen überlegen. Was könnte im schlimmsten Fall passieren? Vielleicht ruft die Vermieterin schon am nächsten Tag an und fragt, wann das Geld kommt. Sie könnte dich möglicherweise vor die Tür setzen.
Sobald du dir das schlimmste Szenario ausgemalt hast, entdramatisiere die Situation. Das ist sehr wichtig! Du solltest dir vor Augen führen, dass der Worst Case sehr unwahrscheinlich ist. Deine Vermieterin wird sich wahrscheinlich nicht gleich melden, weil sie nicht sofort ihr Konto überprüft. Und sie kann und wird dich vermutlich auch nicht sofort vor die Tür setzen. Außerdem könntest du dir notfalls bei jemand anderem Geld leihen.
3. Relativiere deinen Fehler
Oftmals konzentrieren wir uns so sehr auf den einen Fehler, den wir gemacht haben, dass wir an nichts anderes mehr denken. Wir machen aus einer Mücke einen Elefanten. Es ist meist schwer, aus diesem Denken sofort auszubrechen. Doch in Relation gesehen macht der Fehler nur einen kleinen Teil unseres Lebens aus.
Hast du zum Beispiel im Urlaub deiner Eltern ihre Pflanzen nicht richtig gegossen, sodass sie eingegangen sind, ist das natürlich ärgerlich. Du fühlst dich schuldig, weil du weißt, dass ihnen viel an ihren Pflanzen liegt. Doch relativ gesehen macht dieser Fehler nicht einmal einen Bruchteil deines Lebens aus: Vieles ist dir in der Vergangenheit gelungen, gelingt dir im Moment und wird dir in Zukunft gelingen – egal, ob auf der Arbeit, mit deinen Freund:innen oder in der Familie.
Erst wenn du Abstand zur Situation gewonnen hast, kannst du aktiv aus deinen Fehlern lernen.
Fehler machen, aber sie richtig betrachten
Hier sind drei Tipps, um Fehler richtig einzuordnen.
1. Sieh Fehler als eine Herausforderung statt als Schwäche
„Den größten Fehler, den ein Mensch machen kann, ist, immer Angst zu haben, selbst einen Fehler zu machen.“ Dieses Zitat wird Dietrich Bonhoeffer nachgesagt. Das bedeutet: Hab keine Angst vor Fehlentscheidungen. Sieh sie lieber als Trainingsprogramm, um aus Fehlern lebenslang zu lernen.
In der Schule musstest du beispielsweise mehrmals ähnliche Aufgaben lösen, bis du ein Konzept verstanden hast. Genau so kann es im Job passieren, dass du etwas Übung brauchst, bis du Aufgaben richtig bearbeiten kannst. Das ist kein Grund, sich zu schämen – vielmehr kann es dich anspornen, es beim nächsten Mal richtigzumachen. Ein Fehler kann eine persönliche Herausforderung sein, um zu wachsen.
2. Lerne, dass Fehler nichts über deinen Selbstwert und deine Fähigkeiten aussagen
Auch das ist einfacher gesagt als getan. Nur weil du einmal falsch liegst, sagt das nichts über deine Intelligenz oder deinen Charakter aus. Hast du daran oft Zweifel, erstelle beispielsweise einen Spickzettel mit Eigenschaften, die andere an dir schätzen.
Lege den Spickzettel in deine Handyhülle oder deinen Geldbeutel – so hast du ihn immer dabei. Machst du einen Fehler und fühlst dich schlecht, kannst du ihn herausholen und daran erinnern, dass dich dieser eine Fehler nicht definiert.
3. Verstehe, dass andere auch nur Menschen sind
Vergiss nicht, dass jede:r die Welt subjektiv wahrnimmt. Dein Fehler mag dir tragisch vorkommen, aber ein:e Freund:in oder Kolleg:in ordnet ihn möglicherweise nur als Kleinigkeit ein. Außerdem machen Menschen in deinem Umfeld ebenfalls Fehler, die du vielleicht gar nicht mitbekommst.
Tipp: Eine offene Rückmeldung von einer Person, die es mit dir gut meint, ist Gold wert. Das Feedback kann deinen Lernprozess unterstützen, mit deinen Fehlern in Zukunft entspannter umzugehen.
Wie lerne ich konkret aus Fehlern?
Nach einigen Stunden oder Tagen hast du in der Regel Abstand zu der Situation gewonnen. Nun geht es darum, den Fehler rational zu analysieren und dich zu entschuldigen. So kannst du den Fehler als Chance nutzen, daraus zu lernen.
1. Wenn du dich beruhigt hast, analysiere deinen Fehler
Stelle dir dazu folgende Fragen: Warum ist dir der Fehler passiert? Was hättest du beachten sollen? Was kannst du in Zukunft tun, damit dir das nicht noch einmal geschieht? Wen hast du vermutlich verletzt?
Beispielsweise hast du auf der Arbeit die Kaffeemaschine nicht gesäubert, als du sie als letzte Person am Freitagnachmittag benutzt hast. Nun machen dich andere darauf aufmerksam, dass du einen Fehler gemacht hast. Dir ist das unangenehm, weil du noch nicht lange dort arbeitest. Rational gesehen kann der Fehler deshalb passiert sein, weil dir niemand davor diese Regel erklärt hat. Oder weil die Einweisung zu schnell ging. Du kannst in Zukunft darauf achten, diesen Fehler zu vermeiden. Und du kannst dir angewöhnen, nachzufragen, wenn etwas nicht klar ist.
2. Habe den Mut, dich zu entschuldigen
Hast du einen Fehler gemacht, fühlst du dich wahrscheinlich schuldig gegenüber den betreffenden Personen. Es kann helfen, den Fehler offen anzusprechen. Bitte die betreffende Person aufrichtig um Verzeihung und erkläre ihr, warum du so gehandelt hast.
Dieser Schritt ist oft leichter gesagt, als getan. Denn Fehler zuzugeben, wird in unserer Gesellschaft oft mit Schwäche verbunden. Doch die amerikanische Wissenschaftlerin Brené Brown hat in ihren Forschungen etwas anderes herausgefunden: Ihre These lautet im Interview gegenüber dem Süddeutsche Zeitung Magazin, dass sich verletzlich zu zeigen ein Zeichen von Stärke ist. Denn es kostet einiges an Mut, zu seinen Schattenseiten zu stehen.
In unserem Artikel Wie du Verletzlichkeit als Stärke sehen kannst beschäftigen wir uns noch ausführlicher mit den Recherchen von Brené Brown.
Deine Freund:innen, Kolleg:innen oder Vorgesetzten sind vielleicht über deinen proaktiven Schritt überrascht. Gleichzeitig beweist du so, dass du Konfliktmanagement beherrschst und mit den eigenen Fehlern umgehen kannst. Außerdem kann dir der Austausch helfen, dein schlechtes Gewissen loszuwerden.
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Überarbeitet von Lucas Drebenstedt
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