Fernwärme soll in Zukunft für viele Haushalte die erste Wahl beim Heizen sein. Doch es kommt immer mehr Kritik auf: Die Anbieter halten lokale Monopole und ihre Preise sind oft nicht nachvollziehbar. Nun soll eine Vergleichsplattform helfen.
Eine neue Preisplattform für Fernwärme-Anbieter soll die Transparenz für die Verbraucher:innen bei den Heizkosten verbessern. Anbieter aus ganz Deutschland sollen hier ihre jeweils aktuellen Preise hochladen. Die Plattform ist ein gemeinsames Projekt vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) und der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme (AGFW). Sie soll bereits im April starten, kündigte BDEW-Chefin Kerstin Andreae gegenüber dem Nachrichtenportal Table Media an.
„Da werden etwa 150 Fernwärme-Unternehmen mitmachen. Damit decken wir nahezu den ganzen Markt ab.“
Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung BDEW
Das Problem: Intransparenz bei den Fernwärme-Preisen
Mit dem neuen Angebot reagieren die Verbände auf Kritik an den Fernwärme-Preisen. Denn: Bei den Preisen gibt es nicht nur große Unterschiede – auch, wie sie überhaupt zustande kommen, ist kaum nachvollziehbar.
Der Spiegel fand Anfang Februar heraus: Viele Fernwärme-Anbieter haben in jüngster Zeit ihre Preise erhöht, womöglich stehen mit dem Ende der Mehrwertsteuersenkung ab März noch weitere Erhöhungen an. Dabei entstehe der Fernwärmepreis in einer „Blackbox“. Welche Kosten in den Preis einfließen, ist oft weitgehend unklar. Das Bundeskartellamt prüft derzeit möglicherweise überhöhte Preissteigerungen bei mehreren Fernwärme-Unternehmen.
Dazu kommt: Es gibt bei der Fernwärme keine Konkurrenz, jeder lokale Anbieter ist ein Monopolist. Haushalte, die an das Fernwärmenetz angeschlossen sind, können also nicht einfach den Versorger wechseln; Lieferverträge werden teils über viele Jahre geschlossen.
Neue Vergleichsplattform: Niedrigere Fernwärme-Preise durch mehr Transparenz?
Dieses zweite Problem lässt sich nicht so einfach lösen. Was die undurchsichtigen Preise angeht, soll die geplante Plattform Abhilfe schaffen.
„Wir wissen, dass es bei der Transparenz der Preise ein Problem gibt“, sagt BDEW-Chefin Andreae.
„Die Vergleichbarkeit ist schwierig. Das wird die Branche jetzt angehen.“
Die Plattform, auf der die Fernwärme-Unternehmen ihre Preise einstellen, kann einerseits den deutschlandweiten Vergleich ermöglichen. Andererseits kann sie genau dadurch einen gewissen Druck auf die Anbieter erzeugen: Andreae hofft, dass das neue Angebot zu niedrigeren Kosten für die Verbraucher:innen führt. Möglicherweise will die Branche mit der Transparenzplattform auch einer stärkeren politischen Regulierung zuvorkommen, wie sie Wirtschaftsminister Robert Habeck kürzlich angedeutet hat.
Andreae ermutigt Verbraucher:innen, sich gegen hohe Preise zu wehren. „Wer glaubt, zu viel zu zahlen, kann auch Einspruch erheben“, sagt Andreae gegenüber Table Media. Die Kund:innen würden durch das Kartellrecht geschützt.
Warum spielt Fernwärme eine so große Rolle bei der Wärmewende?
Rund 15 Prozent der deutschen Haushalte heizen heute bereits mit Fernwärme. Im Zuge der Wärmewende soll dieser Anteil steigen. Laut Gebäudeenergiegesetz fällt Fernwärme unter die „65-Prozent-Regel“ – also die Vorgabe, dass Heizungen künftig zu mindestens 65 Prozent mittels erneuerbaren Energien betrieben werden müssen.
Fachleute wie der Energieexperte Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen schätzen, die Fernwärme werde in Zukunft etwa 20 bis 30 Prozent der deutschen Haushalte versorgen.
Laut Gebäudeenergiegesetz gewährt das Warten auf die „kommunale Wärmeplanung“ eine Übergangsfrist für den Einbau neuer Heizungen. Hintergrund ist vor allem die Planung der Fernwärmenetze: Plant die eigene Kommune den Auf- oder Ausbau eines Fernwärmenetzes, an das man sich über kurz oder lang anschließen lassen kann, muss man keine eigene klimafreundliche Heizung einbauen.
Insbesondere in eng bebauten Stadtgebieten – in denen Wärmepumpen nicht ideal sind – gilt die Fernwärme daher als wichtigste Heizlösung der Zukunft. Allerdings muss die Fernwärme mittelfristig noch deutlich klimafreundlicher werden: Aktuell stammt deutschlandweit noch rund 70 Prozent der Fernwärme aus fossilen Energieträgern (s. AGFW).
Mit Material der DPA
** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.War dieser Artikel interessant?