FFH-Gebiete gehören zu einem Netz aus Schutzgebieten, das die biologische Vielfalt in Europa erhalten soll. Das Netz nimmt heute circa 18 Prozent der Fläche der EU ein.
Die Abkürzung „FFH“ steht für „Flora-Fauna-Habitat“, also in etwa „Lebensraum für Pflanzen und Tiere“. Was ein FFH-Gebiet ist, definiert die FFH-Richtlinie, welche die europäischen Staaten 1992 beschlossen haben. Im Jahr 2013 wurde sie aktualisiert. Ziel der Richtlinie ist, wie ihr offizieller Name es andeutet, die Erhaltung von natürlichen Lebensräumen sowie wildlebenden Tieren und Pflanzen. Dazu zählt auch, natürliche Lebensräume wiederherzustellen und zu bewahren.
Zusammen mit den Gebieten, die durch die Vogelschutzrichtlinie unter Schutz gestellt sind, bilden die FFH-Gebiete das sogenannte Schutzgebietsystem „Natura 2000„. Laut dem Bundesamt für Naturschutz ist Natura 2000 ein umfassendes rechtliches Werkzeug zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Biodiversität in der Europäischen Union. Das Netz der Natura-2000-Schutzgebiete umfasst circa 570.000 Quadratkilometer Wasserfläche und 780.000 Quadratkilometer Landfläche, also ungefähr 18 Prozent der Fläche der EU. 2013 galt es als das weltweit größte Schutzgebietsnetz.
FFH-Gebiete: Ausweisung, Schutz und Kritik
Bei der FFH-Richtlinie geht es um den Erhalt natürlicher Lebensräume. Das funktioniert mittels Maßnahmen, die die Populationen von einigen Arten regulieren oder dazu beitragen, den Lebensraum für besonders geschützte Arten zu erhalten. Das ist zum Beispiel in Heidegebieten der Fall: Würde der Mensch hier nicht eingreifen und mithilfe extensiver Beweidung das Wachstum von Büschen und Bäumen zurückdrängen, gäbe es die meisten Heidelandschaften bald nicht mehr. Sie würden erst verbuschen und schließlich zu Wald werden. Dadurch wären viele Arten, die nur dort vorkommen, ihres Lebensraums beraubt.
Die Richtlinie spricht von „geeigneten Maßnahmen, die den ökologischen Erfordernissen der Lebensraumtypen entsprechen.“ Wie genau die Maßnahmen aussehen, legt der Mitgliedsstaat in der Regel selbst fest.
- Dazu erstellen die lokalen Naturschutzbehörden Management-Pläne für das entsprechende Gebiet.
- Laut Richtlinie müssen die Staaten die Gebiete außerdem überwachen.
- Die Europäische Kommission erstellt anhand der Informationen der Mitgliedsstaaten regelmäßig einen Bericht über den Zustand der FFH-Gebiete und die getroffenen Maßnahmen.
Neue Schutzgebiete werden in der Regel von den Staaten selbst vorgeschlagen. Es gibt aber auch ein Verfahren, bei dem ein FFH-Gebiet ohne den Vorschlag des entsprechenden Staates ausgewiesen wird. Wenn ein Areal als FFH-Gebiet anerkannt ist, müssen laut dem Europäischen Gesetz Pläne und Projekte, die Auswirkungen auf das Schutzgebiet haben, „angemessen geprüft“ werden.
Dass die recht vagen Formulierungen zu Problemen führen können, zeigt folgendes Beispiel: Laut einem Bericht des BR droht die Europäische Kommission Deutschland mit einer Klage, die Strafgelder von 100.000 Euro nach sich ziehen könnte. Der Vorwurf: Die Erhaltungs- und Schutzziele in vielen FFH-Gebieten in Deutschland sind nicht konkret und detailliert genug und deshalb lässt sich auch nicht überprüfen, ob sie tatsächlich erreicht wurden. Wie es in einem Artikel von TopAgrar heißt, sei die Frist für die Festlegung effektiver Ziele und Maßnahmen schon vor über zehn Jahren abgelaufen.
FFH-Gebiete in Deutschland
Von besonderer Bedeutung sind die Anhänge in der FFH-Richtlinie. Im Anhang I werden laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) insgesamt 231 Lebensraumtypen definiert, die schützenswert sind. Anhang II listet rund 1.000 Tier-, Pflanzen- und Unterarten, für die ein Schutzgebietnetz eingerichtet werden muss. Die Lebensraumtypen werden vor allem anhand der dominierenden Pflanzenarten unterteilt.
In Deutschland finden sich insgesamt 92 verschiedene Lebensraumtypen. Zum Stand 2020 sind das insgesamt 4.557 FFH-Gebiete, die zum Teil sehr kleinflächig sind und laut dem Infoportal Deutschlands Natur 9,3 Prozent der gesamten Landfläche in Deutschland abdecken. Die große Anzahl verschiedener Lebensraumtypen klingt erstmal erstaunlich, erschließt sich aber, wenn man sich den Anhang I genauer anschaut. In der Kategorie Wälder gibt es beispielsweise drei verschiedene Arten von Buchenwäldern in Deutschland, die es zu schützen gilt:
- Den Hainsimsen-Buchenwald
- Den Mitteleuropäischen Orchideen-Kalk-Buchenwald
- Den Waldmeister-Buchenwald
Die Wälder unterscheiden sich durch die Zusammensetzung des Bodens und daher auch durch den natürlichen Bewuchs. Übrigens: Ohne den Eingriff des Menschen wäre der Buchenwald der hierzulande vorherrschende Lebensraumtyp.
Einige dieser Lebensräume gelten als „prioritär„, weil sie besonders bedroht sind. Hier beteiligen sich die Mitgliedsstaaten in Ausnahmefällen auch finanziell an der Erhaltung dieser Arten und Lebensräume. In Deutschland betrifft das zum Beispiel „Lebende Hochmoore“ (Lebensraumtyp 7110) oder „Kalkhaltige Schutthalden der collinen bis montanen Stufe Mitteleuropas“ (Lebensraumtyp 8160). Sie genießen einen besonders hohen Schutzstatus.
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