Wer Geld anlegen will, ohne die Umwelt zu schädigen, kann aus einem wachsenden Angebot wählen. Aber nicht überall, wo „Nachhaltigkeit“ draufsteht, ist das Geld auch nach ethischen Kriterien investiert. Eine Orientierungshilfe.
Was heißt überhaupt nachhaltige Geldanlage?
Das Spektrum reicht von Aktien und Anleihen nachhaltig wirtschaftender Unternehmen über Investmentfonds bis zu Direktanlagen in ökologisch sinnvolle Projekte. Der Begriff „nachhaltig“ umfasst in der Regel drei Aspekte: Ökologie, Soziales und gute Unternehmensführung.
Der europäische Branchen-Dachverband für nachhaltige Investments, das European Sustainable and Responsible Investment Forum (Eurosif), hat Standards für nachhaltige Fonds entwickelt. Inzwischen investiert jeder zwanzigste Investmentfonds hierzulande in nachhaltige Wertpapiere. Die gut 400 nachhaltig orientierten Publikumsfonds im deutschsprachigen Raum verwalten mehr als 40 Milliarden Euro – viermal so viel wie vor zehn Jahren.
Wo kann ich sicher sein, dass mein Geld sozial und ökologisch verantwortlich angelegt wird?
Wer direkt in Windanlagen, Aufforstungsprojekte oder ähnliche Geschäfte investiert, hat im Prinzip die größte Sicherheit, dass sein Geld für den gewünschten Zweck verwendet wird. „Wenn die Projekte in der Region des Anlegers beheimatet sind, haben sie obendrein den Charme, dass man sich vor Ort direkt anschauen kann, was mit dem Geld passiert“, sagt der Finanzexperte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Allerdings sind solche Direktanlagen allenfalls etwas für Profis. Denn die Betreiber, an denen sich die Investoren beteiligen, sind häufig kleine und junge Firmen. Welche Rendite der Betrieb abwirft und wie groß die Risiken sind, ist für Laien kaum kalkulierbar. Und wenn etwa mit einem jährlichen Ertrag von sechs Prozent oder mehr für Wasserkraft oder „Grüne Immobilien“ geworben wird, gilt wie bei allen anderen Anlageformen: Hohe Renditen werden mit hohen Risiken erkauft.
Eine Alternative sind Aktien von Unternehmen mit sauberen Geschäftsmodellen. Allerdings sind die nicht ganz leicht auszumachen. Orientierung können die von den Firmen selbst publizierten Nachhaltigkeitsberichte bieten. Allein: Auch Anlagen in einzelne Aktien sind für Kleinanleger ein Wagnis.
Breiter gestreute Risiken bieten nachhaltig orientierte Investmentfonds: Schon mit einem Anteil wird ein ganzer Korb von Wertpapieren erworben. Die Krux: Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist nicht gesetzlich geschützt. Ein blumig beworbener Öko-Fonds kann also durchaus auch Betreiber von Kohle- und Atomkraftwerken im Portfolio führen. Wer das vermeiden will, muss sich genauer mit den Anlagestrategien befassen.
Wer kann mich seriös beraten?
Es gibt keinen staatlich geprüften Berater für nachhaltige Geldanlagen. „Anleger müssen sich selbst schlau machen“, sagt Nauhauser. Informationen finden sich im Internet: So sortiert die von der Industrie unabhängige Plattform nachhaltiges-investment.org sämtliche im deutschsprachigen Raum zugelassenen Publikumsfonds nach Rendite und liefert weitere Infos. Die Fondsratingagentur Morningstar hat im März 2016 ein Bewertungssystem für die Nachhaltigkeit von Fonds eingeführt.
Sind Siegel, die ethische Investments bewerten, glaubwürdig?
Die Antwort von Verbraucherschützer Nauhauser ist ernüchternd: „Ich kann keine vertrauenswürdigen Siegel nennen.“ Denn Agenturen und Verbände, die die Auszeichnungen vergeben, arbeiten durchweg mit Fondsgesellschaften zusammen, die in der Regel für die Verwendung eines Siegels zahlen. „Zwar werden die Siegel-Anbieter darauf achten, dass die zertifizierten Fonds die Nachhaltigkeitskriterien einhalten, damit das Siegel glaubwürdig ist“, sagt Nauhauser. Dennoch bestehe ein Interessenkonflikt: Denn wenn weniger Fonds das Siegel führen, nimmt der Siegel-Anbieter auch weniger Geld ein. „Wie strikt ein Anbieter die Einhaltung der Vorgaben kontrolliert und Verstöße ahndet, weiß letztlich niemand“, kritisiert Nauhauser.
Wie bewerten Anbieter auf dem Finanzmarkt die Nachhaltigkeit ihrer Anlageziele?
Im Wesentlichen lassen sich drei Konzepte unterscheiden, mit denen Anbieter am Finanzmarkt die Nachhaltigkeit von Anlagen bestimmen: Beim sogenannten Best-in-Class-Ansatz suchen sie Aktien und Anleihen von Unternehmen oder Staaten heraus, die im Vergleich zu anderen Unternehmen oder Ländern am nachhaltigsten wirtschaften oder die wirkungsvollste Umweltpolitik verfolgen. Ein Aktienfonds könnte danach etwa auch in Chemiefirmen investieren – wenn sie die Umwelt im Vergleich mit der Konkurrenz am wenigsten belasten.
Strenger ist die zweite Strategie: die Anlage nach dem Ausschlussprinzip. Dazu definieren die Investoren bestimmte Negativkriterien oder übernehmen Standards – zum Beispiel von Organisationen wie dem europäischen Dachverband für nachhaltige Geldanlagen Eurosif. Dabei werden problematische Branchen wie die Atom- und Ölindustrie oder Waffenhersteller grundsätzlich ausgeschlossen.
Eine dritte Strategie verfolgen sogenannte Themenfonds, die gezielt in bestimmte nachhaltige Branchen wie Wind- und Wasserkraft investieren oder auch in Unternehmen, die besonders umweltfreundliche Produkte oder Klimaschutztechnik herstellen.
Bedeutet nachhaltig anzulegen auf Rendite zu verzichten?
Nicht unbedingt. Nach Angaben der Fondsratingagentur Morningstar haben Fonds, die weltweit in Aktien sozial verantwortlich handelnder Unternehmen anlegen, im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre sogar besser abgeschnitten als Welt-Aktienfonds klassischer Unternehmen. Daraus lässt sich aber noch nicht ableiten, dass sich nachhaltige Investments regelmäßig besser entwickeln als konventionelle: „Viele Anleger hat das Investieren in besonders ökologische oder ethisch orientierte Fonds gegenüber herkömmlichen Produkten Rendite gekostet“, sagt Morningstar-Analystin Barbara Claus. Der Grund: Unter den herausgefilterten Unternehmen sind oftmals besonders profitable Firmen.
Dennoch: Wer genau hinschaut, findet nachhaltige Fonds, die den Vergleich nicht scheuen müssen. So konnte beispielsweise der Aktienfonds First State Asia Pacific Sustainability Fund den Vergleichsindex asiatischer Aktien regelmäßig schlagen. Auch der weltweit investierende Carnegie Worldwide Ethical oder der EF Global Sustainable lieferten in den vergangenen Jahren überdurchschnittliche Renditen.
Ist das Risiko ethischer Investments eigentlich größer als das konventioneller Investments?
Das Risiko ist dann besonders groß, wenn Anleger aus dem Gefühl heraus, etwas Gutes tun zu wollen, nicht genau genug prüfen, wem sie ihr Geld anvertrauen. Zudem scheint das Geschäftsmodell gerade von Direktinvestments auf den ersten Blick zwar verständlich und das Risiko überschaubar. Die Praxis hat allerdings gezeigt, dass dem nicht immer so ist.
Der bislang spektakulärste Fall war die Pleite des 1,4 Milliarden Euro schweren Windanlagenbetreibers Prokon im Jahr 2014. 75.000 Anleger mussten einen großen Teil ihrer Einlagen abschreiben. Nach der Insolvenz wurde Prokon ab 2015 von den Gläubigern als Genossenschaft mit fast 40.000 Mitgliedern weitergeführt.
Risiken lauern ebenfalls bei nachhaltigen Investmentfonds: Wer sein Geld etwa in Themenfonds anlegt, sollte berücksichtigen, dass Fonds, die sich nur auf kleine Teilmärkte konzentrieren, besonders krisenanfällig sein können.
Wie viel Geld brauche ich, um ethisch investieren zu können?
Direktinvestments sind meist nur mit mindestens 1000 bis 5000 Euro möglich. Wer sich dafür interessiert, sollte insgesamt eine mittlere fünfstellige Anlagesumme zur Verfügung haben. Denn auch hier gilt: Um das Risiko zu streuen, sollte eine einzelne Anlageposition im Portfolio des Anlegers nicht mehr als zehn Prozent ausmachen. Anteile an nachhaltig anlegenden Investmentfonds sind teilweise bereits ab 100 Euro oder weniger zu haben. Wer wenig investiert, sollte die Kosten im Blick behalten. Hausbank oder Onlinebroker kassieren meist eine pauschale Mindest-Ordergebühr.
Fondsgesellschaften verlangen zudem teils saftige Ausgabeaufschläge, hinzu kommen bei Nachhaltigkeitsfonds vergleichsweise hohe laufende Managementgebühren. Der Ökoworld Ökovision Classic C etwa kostet pro Jahr mindestens 2,5 Prozent der angelegten Summe. Diese Gebühren gehen den Anlegern als Gewinn verloren. Bei der relevanten Rendite nach Kosten rangiert der Fonds im Vergleich der Zeitschrift „Finanztest“ dann auch nur noch in der unteren Hälfte der weltweit anlegenden Aktienfonds.
Bei Fonds sollten Anleger stets einige Jahre Haltedauer einplanen, um Wertverluste aussitzen zu können. Kurseinbrüche sind bei Aktien nämlich möglich. Und um die auszugleichen, braucht es vor allem: Zeit. Auch das ist ein durchaus nachhaltiger Gedanke.
Dieser Artikel erschien erstmals im Greenpeace Magazin Geld Spezial 1.16.
GASTBEITRAG vom Greenpeace Magazin.
TEXT: André Schmidt-Carré / Olaf Wittrock
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