Es ist heiß in fast ganz Deutschland – und so allmählich entsteht ein Bewusstsein dafür, dass das nicht nur Grund zur Freude ist: Hitze ist ein Symptom der Klimakrise. Sie belastet die menschliche Gesundheit und fordert weltweit Todesopfer. Doch wie heiß ist eigentlich zu heiß für den menschlichen Körper?
Das Temperaturempfinden der Menschen ist unterschiedlich: Die einen können 30 Grad im Schatten richtig genießen, die anderen wagen sich da kaum noch hinaus. Irgendwann wird fast jeder menschliche Körper aber mit gefährlichen Stresssymptomen auf Hitze regieren. Der Antwort auf die Frage, wie viel Hitze der Mensch eigentlich verträgt, ist angesichts der steigenden Temperaturen immer brisanter – und für die Wissenschaft nicht ganz leicht zu beantworten.
„Hitzewellen sind mit der Klimakrise in Verbindung zu bringen“
Wetter- und Klimaforscher:innen weltweit sind sich inzwischen sicher: Extreme Hitze wird häufiger, länger und heißer. „Hitzewellen sind grundsätzlich mit der Klimakrise in Verbindung zu bringen. Mit dieser Aussage muss man sich heute wirklich nicht mehr zurückhalten“, sagt der Meteorologe und ZDF-Wettermoderator Özden Terli im Gespräch mit Utopia.
Die zunehmende Hitze aber verursacht nicht nur lokale Dürren, Waldbrände und Wasserknappheit: Expert:innen glauben, dass weltweit schon heute hunderttausende Hitzetote pro Jahr auf die Auswirkungen der Klimakrise zurückzuführen sind. Laut einer Studie des RKI aus dem Jahr 2022 steigt in Deutschland die Todesrate bei Hitzewellen stark an.
Zu den Menschen, die bei Hitze besonders gefährdet sind, zählen vor allem ältere Menschen und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Auch für Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere und viele chronisch Kranke ist Hitze besonders gefährlich. Aber wann wird es auch für durchschnittliche, gesunde Erwachsene zu heiß?
„Eine klare Grenze kann man eigentlich nicht ziehen“, sagt Wetterexperte Terli. Oft gelten in der öffentlichen Wahrnehmung Temperaturen über 35 Grad als besonders kritisch. „Aber für den Körper können bereits niedrigere Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit belastend sein.“
Wann wird Hitze gefährlich?
Denn gefährlich ist nicht nur die Hitze: Die Forschung zeigt, dass neben der Temperatur auch die Luftfeuchtigkeit entscheidend dafür ist, wie der Körper auf Hitze reagiert. Daraus einen einfachen Schwellenwert á la „ab X Grad ist es gefährlich“ zu berechnen, ist kaum möglich.
Immer wieder taucht im Zusammenhang mit den Auswirkungen von Hitze und Luftfeuchtigkeit der Begriff der Feuchtkugeltemperatur (engl. wet-bulb temperature, auch: Kühlgrenztemperatur) auf. Gemeint ist damit „die tiefste Temperatur, die sich noch durch direkte Verdunstungskühlung erreichen lässt“, so erklärt es das Wissenschaftsmagazin Spektrum. Also eine bestimmte Kombination aus Hitze und Feuchtigkeit, über der die Körpertemperatur des Menschen beginnt anzusteigen, weil der Körper über das Schwitzen (=Verdunstung) keine Wärme mehr abgeben kann. Diese Überhitzung des Körpers kann lebensbedrohlich sein.
Die Feuchtkugeltemperatur wurde allerdings nicht ursprünglich für die Anwendung auf menschliche Körper entwickelt und ist stark vereinfachend. Nichtsdestotrotz sind bisher angenommene Werte alarmierend. Ein Experiment weist darauf hin, dass die kritische Schwelle niedriger liegen könnte als angenommen: Laut einer Untersuchung von Wissenschaftler:innen der Pennsylvania State University schon bei durchschnittlich rund 31 Grad Celsius Feuchtkugeltemperatur – erreicht bei 36 bis 40 Grad Außentemperatur.
Auch wenn das Konzept nicht ideal ist, um die Hitzeeffekte auf den Menschen zu beschreiben, weil es nicht alle Faktoren berücksichtigt, formulieren die US-Forschenden eine wichtige Erkenntnis: „Ein Schwellenwert […] kann nicht für alle klimatischen Bedingungen auf die Anpassungsfähigkeit des Menschen angewandt werden.“
Mit anderen Worten: Hitze kann immer gefährlich sein. Es wäre riskant, dabei auf einen konkreten Wert zu vertrauen, unterhalb dem wir uns in Sicherheit wiegen können. Vielmehr sollten wir bei hohen Temperaturen – und insbesondere bei feuchter Luft – immer möglichst vorsichtig sein und uns und andere schützen.
ZDF-Wetterexperte Terli warnt:
„Man muss wirklich aufpassen, wenn das möglich ist. Wenn es zu heiß wird, muss man sich zurücknehmen und vor allem, wenn es dann auch noch feucht ist.“
Warum Überhitzung lebensbedrohlich ist
Denn: Wird die sogenannte „kritische Umgebungsgrenze“ überschritten – also jene Kombination aus Luftfeuchtigkeit und Umgebungstemperatur, ab der der Körper sich nicht mehr selbst kühlen kann –, dann steigt die Kerntemperatur des Körpers an. Die Wärme staut sich geradezu im Körper, wenn dieser sie durch Schwitzen nicht mehr abführen kann.
Das Herz arbeitet dann schneller und stärker, um das Blut durch die Haut zu pumpen, damit der Körper die Wärme ableiten kann. Durch Schwitzen verringert sich gleichzeitig die Körperflüssigkeit. So kann Überhitzung (Hitzschlag oder Sonnenstich) schnell lebensgefährlich werden.
Die „gefühlte Temperatur“
Dass das oben verwendete Konzept der Feuchtkugeltemperatur stark vereinfachend ist, kritisiert unter anderem der Meteorologe Prof. Dr. Andreas Matzarakis vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Eine Kombination aus psychologischen Befragungen und standardisierten Messungen der wichtigsten Körperparameter hält er für sinnvoller. Solche Berechnungen bilden – kombiniert mit Werten zu Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windbedingungen – die Basis für die vom DWD verwendete „gefühlte Temperatur“ und die veröffentlichten Hitzewarnungen.
Auch bei der „gefühlten Temperatur“ gibt es kritische Schwellenwerte, allerdings sind diese variabel. „Die Menschen empfinden die Temperaturen zu Beginn der Hitzesaison anders als zum Ende hin, da findet eine gewisse Anpassung statt“, so Matzarakis. Zu Beginn des Sommers liege der Schwellenwert, über dem hitzebedingte Todesfälle zunehmen, bei rund 32 Grad, gegen Ende des Sommers steigt er auf über 34 Grad.
Die Luftfeuchtigkeit kann aber schon bei niedrigeren Außentemperaturen die „gefühlte Temperatur“ erhöhen. Denn: Je höher die Luftfeuchtigkeit ist, desto langsamer ist die Verdunstung von Schweiß auf der Haut und damit die körpereigene Kühlung. Insbesondere, wenn die Lufttemperatur über die durchschnittliche Hauttemperatur von rund 33 Grad ansteigt, wird es für den Körper schwieriger, sich zu kühlen. „Trockene Hitzewellen verkraftet der Mensch einfacher als feuchte Hitzewellen“, so der Meteorologe.
„Temperaturen über 35 Grad gehören nicht nach Deutschland“
Sowohl Terli als auch Matzerakis prognostizieren, dass mit fortschreitender Erderhitzung nicht nur die Anzahl der heißen Tage, sondern auch die der schwül-warmen Tage in Deutschland zunimmt, also solcher Tage mit hoher Temperatur und hoher Luftfeuchtigkeit. Das Risiko für hitzebedingte Gesundheitsgefahren steigt damit.
Denn: Viele Expert:innen warnen davor, dass der Mensch sich nicht in demselben Tempo an höhere Temperaturen und Luftfeuchtigkeitswerte anpassen kann, wie der Klimawandel diese vorantreibt. Auch Matzarakis sagt:
„Eine Anpassung der Menschen an Hitze ist immer nur teilweise und nur eingeschränkt möglich.“
Özden Terli gibt außerdem zu bedenken: „Temperaturen deutlich über 30 Grad oder sogar über 35 Grad gehören eigentlich nicht nach Deutschland. Sie sind per se schon gefährlich – auch bei trockener Luft.“
Die Extremszenarien zu steigenden Feuchtigkeitswerten seien dabei derzeit noch gar nicht absehbar. Und: Zu den Auswirkungen der Klimakrise gebe es auch jenseits von Hitze und Feuchtigkeit noch sehr viele Unsicherheiten. “Wir müssen uns darauf gefasst machen, dass wir noch ganz andere Effekte erleben werden.“
Tipps für den Umgang mit Hitze
Menschen, die in erster Linie am Schreibtisch arbeiten haben natürlich leicht reden, aber: Bei hohen Temperaturen sollten wir uns alle so gut wie möglich schützen, etwa indem wir viel trinken, direkte Sonne meiden, körperliche Aktivitäten reduzieren.
Übrigens: Auch Haustiere leiden unter hohen Temperaturen. Worauf du bei Hunden achten solltest, wenn Hitze herrscht, erfährst du bei den Dos & Don’ts bei Hunden im Sommer.
Hier findest du Tipps für den Umgang mit Hitze:
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