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Über 30 Grad in Deutschland: Ab wann wird Hitze gefährlich?

Wie heiß ist zu heiß?
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash – Nathan Dumlao

Es ist heiß in fast ganz Deutschland – und das ist kein Grund zur Freude: Hitze ist ein Symptom der Klimakrise. Sie belastet die menschliche Gesundheit und fordert weltweit Todesopfer. Doch wie heiß ist eigentlich zu heiß für den menschlichen Körper?

Das Temperaturempfinden der Menschen ist unterschiedlich: Die einen können 30 Grad im Schatten richtig genießen, die anderen wagen sich da kaum noch hinaus. Irgendwann wird fast jeder menschliche Körper aber mit gefährlichen Stresssymptomen auf Hitze regieren. Die Frage, wie viel Hitze der Mensch eigentlich verträgt, ist angesichts der steigenden Temperaturen immer brisanter ­– und für die Wissenschaft nicht ganz leicht zu beantworten.

„Hitzewellen sind mit der Klimakrise in Verbindung zu bringen“

Wetter- und Klimaforschende weltweit sind sich sicher: Extreme Hitze wird häufiger, länger und heißer. „Hitzewellen sind grundsätzlich mit der Klimakrise in Verbindung zu bringen. Mit dieser Aussage muss man sich heute wirklich nicht mehr zurückhalten“, sagt der Meteorologe und ZDF-Wettermoderator Özden Terli im Gespräch mit Utopia.de.

Die zunehmende Hitze verursacht nicht nur lokale Dürren, Waldbrände und Wasserknappheit: Expert:innen glauben, dass weltweit schon heute hunderttausende Hitzetote pro Jahr auf die Auswirkungen der Klimakrise zurückzuführen sind. Laut einer Studie des RKI steigt in Deutschland die Todesrate bei Hitzewellen stark an. 2023 und 2024 sind demnach jeweils rund 3.000 Menschen in Deutschland an den Folgen von Hitze gestorben.

Hitzewelle ohne Namen
Sommer, Sonne, Sonnenschein? Hitzewellen fordern weltweit unzählige Todesopfer. (Foto: CC0 Public Domain / Unsplash – chuttersnap)

Zu den Menschen, die bei Hitze besonders gefährdet sind, zählen vor allem ältere Menschen und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Auch für Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere und viele chronisch Kranke ist Hitze besonders gefährlich. Aber wann wird es auch für durchschnittliche, gesunde Erwachsene zu heiß?

„Eine klare Grenze kann man eigentlich nicht ziehen“, sagt Wetterexperte Terli. Oft gelten in der öffentlichen Wahrnehmung Temperaturen über 35 Grad als besonders kritisch.

„Aber für den Körper können bereits niedrigere Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit belastend sein.“

Wann wird Hitze gefährlich?

Denn gefährlich ist nicht nur die Hitze: Die Forschung zeigt, dass neben der Temperatur auch die Luftfeuchtigkeit entscheidend dafür ist, wie der Körper auf Hitze reagiert. Daraus einen einfachen Schwellenwert á la „ab X Grad ist es gefährlich“ zu berechnen, ist aber kaum möglich.

Immer wieder taucht im Zusammenhang mit den Auswirkungen von Hitze und Luftfeuchtigkeit der Begriff der Feuchtkugeltemperatur (engl. wet-bulb temperature, auch: Kühlgrenztemperatur) auf. Gemeint ist damit „die tiefste Temperatur, die sich noch durch direkte Verdunstungskühlung erreichen lässt“, so erklärt es das Wissenschaftsmagazin Spektrum. Also eine bestimmte Kombination aus Hitze und Feuchtigkeit, über der die Körpertemperatur des Menschen beginnt anzusteigen, weil der Körper über das Schwitzen (= Verdunstung) keine Wärme mehr abgeben kann. Diese Überhitzung des Körpers kann lebensbedrohlich sein.

Die Feuchtkugeltemperatur wurde nicht ursprünglich für die Anwendung auf menschliche Körper entwickelt und ist stark vereinfachend. Nichtsdestotrotz sind bisher angenommene Werte alarmierend. Ein Experiment von Wissenschaftler:innen der Pennsylvania State University weist darauf hin, dass die kritische Schwelle niedriger liegen könnte als lange angenommen: schon bei durchschnittlich rund 31 Grad Celsius Feuchtkugeltemperaturerreicht bei 36 bis 40 Grad Außentemperatur.

Bei extremer Hitze kann der Schweiß den Körper nicht mehr kühlen
Bei starker Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit kann der Schweiß den Körper nicht mehr kühlen – er überhitzt. (Foto: CC0 Public Domain / Unsplash – HUUM)

Auch wenn das Konzept nicht ideal ist, um die Hitzeeffekte auf den Menschen zu beschreiben, weil es nicht alle Faktoren berücksichtigt, formulieren die US-Forschenden eine wichtige Erkenntnis: „Ein Schwellenwert […] kann nicht für alle klimatischen Bedingungen auf die Anpassungsfähigkeit des Menschen angewandt werden.“

Mit anderen Worten: Hitze kann immer gefährlich sein. Es wäre riskant, dabei auf einen konkreten Wert zu vertrauen, unterhalb dessen wir uns in Sicherheit wiegen können. Vielmehr sollten wir bei hohen Temperaturen – und insbesondere bei feuchter Luft – immer möglichst vorsichtig sein und uns und andere schützen.

ZDF-Wetterexperte Terli warnt:

„Man muss wirklich aufpassen, wenn das möglich ist. Wenn es zu heiß wird, muss man sich zurücknehmen ­– und vor allem, wenn es dann auch noch feucht ist.“

Warum Überhitzung lebensbedrohlich ist

Denn: Wird die sogenannte „kritische Umgebungsgrenze“ überschritten – also jene Kombination aus Luftfeuchtigkeit und Umgebungstemperatur, ab der der Körper sich nicht mehr selbst kühlen kann –, dann steigt die Kerntemperatur des Körpers an. Die Wärme staut sich geradezu im Körper, wenn dieser sie durch Schwitzen nicht mehr abführen kann.

Hitze ist gefährlich – viel trinken ist wichtig
Bei vielen Menschen fehlt noch das Bewusstsein: Hitze ist lebensgefährlich – gerade für Kleinkinder und ältere Menschen. Viel Trinken ist deshalb überlebenswichtig. (Foto: CC0 Public Domain / Unsplash – Johnny McClung)

Das Herz arbeitet dann schneller und stärker, um das Blut durch die Haut zu pumpen, damit der Körper die Wärme ableiten kann. Durch Schwitzen verringert sich gleichzeitig die Körperflüssigkeit. So kann Überhitzung (Hitzschlag oder Sonnenstich) schnell lebensgefährlich werden.

Die „gefühlte Temperatur“

Der Meteorologe Prof. Dr. Andreas Matzarakis findet eine Kombination aus psychologischen Befragungen und standardisierten Messungen der wichtigsten Körperparameter sinnvoller als die Feuchtkugeltemperatur. Solche Berechnungen bilden – kombiniert mit Werten zu Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windbedingungen – die Basis für die vom DWD verwendete „gefühlte Temperatur“ und die veröffentlichten Hitzewarnungen. Matzarakis war lange Leiter des Zentrums für Medizin-Meteorologische Forschung beim Deutschen Wetterdienst (DWD) und ist heute außerplanmäßiger Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Auch bei der „gefühlten Temperatur“ gibt es kritische Schwellenwerte, ab denen Hitze gefährlich wird, allerdings sind diese variabel. „Die Menschen empfinden die Temperaturen zu Beginn der Hitzesaison anders als zum Ende hin, da findet eine gewisse Anpassung statt“, so Matzarakis. Zu Beginn des Sommers liege der Schwellenwert, über dem hitzebedingte Todesfälle zunehmen, bei rund 32 Grad, gegen Ende des Sommers steige er auf über 34 Grad.

Schwitzen kühlt den Körper bei Hitze
Das individuelle Temperaturempfinden ist unterschiedlich. Ab etwa 32 Grad gefühlter Temperatur aber wird Hitze für viele Menschen kritisch – bei hoher Luftfeuchtigkeit auch früher. (Foto: CC0 Public Domain / Unsplash – Hans Reniers)

Die Luftfeuchtigkeit kann aber schon bei niedrigeren Außentemperaturen die „gefühlte Temperatur“ erhöhen. Denn: Je höher die Luftfeuchtigkeit ist, desto langsamer ist die Verdunstung von Schweiß auf der Haut und damit die körpereigene Kühlung. Insbesondere, wenn die Lufttemperatur über die durchschnittliche Hauttemperatur von rund 33 Grad ansteigt, wird es für den Körper schwieriger, sich zu kühlen. Trockene Hitzewellen verkraften Menschen deshalb meist besser als feuchte Hitzewellen.

„Temperaturen über 35 Grad gehören nicht nach Deutschland“

Özden Terli gibt zu bedenken: „Temperaturen deutlich über 30 Grad oder sogar über 35 Grad gehören eigentlich nicht nach Deutschland. Sie sind per se schon gefährlich – auch bei trockener Luft.“

Klima- und Wetterexpert:innen prognostizieren allerdings, dass mit fortschreitender Erderhitzung nicht nur die Anzahl der heißen Tage, sondern auch die der schwül-warmen Tage in Deutschland zunimmt, also solcher Tage mit hoher Temperatur und hoher Luftfeuchtigkeit. Das Risiko für hitzebedingte Gesundheitsgefahren steigt damit enorm.

Denn viele Fachleute warnen, dass der Mensch sich nicht in demselben Tempo an höhere Temperaturen und Luftfeuchtigkeitswerte anpassen kann, wie der Klimawandel diese vorantreibt.

Die Extremszenarien zu steigenden Feuchtigkeitswerten seien derzeit noch gar nicht absehbar, so Terli. Zu den Auswirkungen der Klimakrise gebe es auch jenseits von Hitze und Feuchtigkeit noch viele Unsicherheiten. “Wir müssen uns darauf gefasst machen, dass wir noch ganz andere Effekte erleben werden.“

Tipps für den Umgang mit Hitze

Menschen, die in erster Linie am Schreibtisch arbeiten, haben natürlich leicht reden, aber: Bei hohen Temperaturen sollten wir uns alle so gut wie möglich schützen – etwa indem wir viel trinken, direkte Sonne meiden, körperliche Aktivitäten reduzieren, Aufenthalte im Freien nach Möglichkeit in die frühen Morgen- und späten Abendstunden verlagern. Und bei älteren, allein lebenden Menschen öfter mal vorbeischauen, um sicherzugehen, dass sie die Hitze verkraften. Übrigens: Auch Haustiere leiden unter hohen Temperaturen.

Hier findest du Tipps für den Umgang mit Hitze:

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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