Klage gegen Aldi Süd: Der Discounter wird wegen einer angeblich irreführenden Aussage in seinem Prospekt verklagt. Es geht dabei um den Begriff „Klimaneutralität“, mit dem er sich in seiner Werbung schmückt. Ist das gerechtfertigt?
Aldi will in seinen Filialen und Logistikzentren klimaneutral werden. Diese Ankündigung gab es schon 2017 und inzwischen wirbt Aldi auch in seinen Prospekten mit seiner Klimaneutralität. Dort bezeichnet sich der Discounter als „erster klimaneutraler Lebensmitteleinzelhändler“. Doch stimmt das überhaupt? Die Wettbewerbszentrale hat Klage eingereicht.
Klage gegen Aldi Süd: Klimaneutraler Lebensmitteleinzelhändler?
Kann ein Unternehmen auf einen Schlag klimaneutral werden, ohne dass es irgendetwas verändert? Leider ja, indem es einfach via Emissionshandel CO₂-Zertifikate kauft. Mit Klimaneutralität hat das dann nur rechnerisch etwas zu tun. In der Praxis handelt ein Unternehmen aber alles andere als klimaneutral. Diesen Vorwurf macht die Wettbewerbszentrale dem Discounter Aldi Süd und klagt gegen den Lebensmittelgiganten wegen irreführender Werbung.
Kunden würden annehmen, „dass es dem Unternehmen aufgrund maßgeblicher eigener Emissionsvermeidung und -reduzierung gelungen sei, negative Auswirkungen auf das Klima vollständig zu vermeiden, und dass das Produkt oder die Produktion selbst nicht klimaschädlich ist“, erläutert die Wettbewerbszentrale. Denn in der Werbung verschweigt Aldi Süd den Kauf von Zertifikaten und führt Kund:innen damit in die Irre, so der Vorwurf. „Auch wenn die Kompensation der Restemissionen bis zur vollständigen Umstellung der Prozesse zur Vermeidung von Emissionen zu begrüßen ist, muss darauf klar hingewiesen werden. Erst dann kann der Kunde eine informierte Entscheidung treffen“, erklärte Dr. Tudor Vlah von der Wettbewerbszentrale. Außerdem sollten Unternehmen transparent machen, wie viel sie selbst aktiv für Klimaneutralität tun und wie viel sie „nur“ kompensieren.
Wie klimaneutral kann eine Kompensation sein?
Wenn ein Unternehmen seine CO₂-Bilanz durch CO₂-Zertifikate ausgleicht, kann das ganz unterschiedliche Auswirkungen haben. Laut Wettbewerbszentrale gibt es sehr viele unterschiedliche CO₂-Zertifikate, mit unterschiedlichem Wirkungsgrad und sehr unterschiedlichen Preisen: „CO₂-Zertifikate für Umweltschutzprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern sind deutlich kostengünstiger als Zertifikate für Projekte in der EU und in Deutschland und rechtfertigen damit einen geringeren Preisaufschlag auf entsprechend kompensierte Produkte“. Deutlich teurer sei dagegen die vollständige klimafreundliche Umstellung der eigenen Prozesse. Aus diesem Grund haben nach Auffassung der Wettbewerbszentrale jene Unternehmen einen unlauteren Wettbewerbsvorteil, die einfach billig Zertifikate kaufen, statt aufwändig ihr Unternehmen nachhaltiger zu gestalten.
Aldi tut zwar schon seit einiger Zeit etwas für Klima und Umwelt (zum Beispiel Aldi und Lidl wollen Plastik reduzieren oder Aldi testet Abfüllstationen für Lebensmittel), ist aber nicht perfekt. Gerade in Sachen Transparenz hat Aldi Süd noch Nachholbedarf, wenn es schon groß mit „Klimaneutralität“ wirbt.
Die Wettbewerbszentrale hat neben Aldi Süd auch noch weitere Unternehmen beanstandet. Insgesamt zwölf Firmen wirft sie irreführende Werbung mit Klimabegriffen vor. So wurden zum Beispiel Plastiktüten und Heizöl als „klimaneutral“ beworben. Sechs Unternehmen haben die Abmahnung akzeptiert, gegen vier weitere Unternehmen hat die Wettbewerbszentrale Klage eingereicht – eines davon ist Aldi Süd.
Klimaneutralität: Klage der Wettbewerbszentrale schon einmal erfolgreich
Mit den Klagen wegen „Klimaneutralität“ als Werbebegriff will die Wettbewerbszentrale nach eigener Aussage auch eine Grundsatzentscheidung herbeiführen, „welche Anforderungen an eine rechtssichere Werbung mit der Aussage ‚klimaneutral‘ gelten“.
Eine erste Klage der Wettbewerbszentrale hatte bereits 2016 Erfolg: Damals klagte sie vor dem Landgericht Frankfurt wegen der Aussage „der weltweit erste 100 % klimaneutrale Tiefkühl-Kartoffelspezialist. Vom Kartoffelacker bis ins Tiefkühlregal des Handels“. Laut Gericht erwecke diese Werbung den Eindruck, dass sämtliche Emissionen in der Produktion vermieden werden. Das Landgericht Frankfurt schloss sich der Argumentation der Wettbewerbszentrale an und untersagte die Werbung.
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