Meeresströmungen prägen nicht nur die Gestalt der Ozeane, sondern beeinflussen auch das Klima. Wir erklären dir, wie sie entstehen, wofür sie da sind und ob der Klimawandel die Meeresströmungen verändert.
Die Wassermassen in den Meeren und Ozeanen sind ständig in Bewegung. Viele dieser Bewegungen spielen sich auf sehr kleinen Räumen ab. Es gibt jedoch auch Bewegungen, die hunderte oder tausende Kilometer weit reichen. Solche großflächigen Wasserbewegungen bezeichnet man als Ozeanströmungen.
Du kannst dabei unterscheiden zwischen
- horizontalen und
- vertikalen Strömungen.
In diesem Artikel erfährst du, inwiefern diese Meeresströmungen zusammenhängen.
Strömungen – ob im Meer oder in der Luft – entstehen letztlich durch Druckunterschiede. Wenn an einem Ort weniger Druck herrscht als an einem anderen, strömt das Wasser vom höheren zum niedrigeren Druck, um den Druckunterschied auszugleichen.
Solche Druckunterschiede in den Ozeanen können verschiedene Ursachen haben:
- Wind (er verursacht vor allem horizontale Oberflächenströmungen)
- Temperaturunterschiede (warmes Wasser ist weniger dicht als kaltes Wasser)
- Unterschiede im Salzgehalt (salzreiches Wasser ist dichter als salzarmes Wasser)
- Gezeiten
Davon abgesehen haben natürlich auch die Küsten einen Einfluss auf die Meeresströmungen.
Tipp: Eine übersichtliche Karte der (oberflächlichen) Ozeanströmungen und eine Zusammenfassung der physikalischen Grundlagen findest du zum Beispiel im Wiki des Hamburger Bildungsservers.
Meeresströmungen an der Oberfläche: Warum sind sie kreisförmig?
Wenn du dir eine Karte der Meeresströmungen an den Ozeanoberflächen anschaust, wird dir ein Muster auffallen: In allen Ozeanen gibt es jeweils eine kreisförmige Strömung auf der Nord- und auf der Südhalbkugel. Woher kommt das?
Um diese Frage vollständig zu klären, müsste man tief in die Physik (genaugenommen in die geophysikalische Strömungsmechanik) einsteigen. Vereinfacht tragen zwei (zusammenhängende) Faktoren zur Gestalt der Ozeanströmungen bei:
- An bestimmten Orten der Erde gibt es vorherrschende Windrichtungen. Bei etwa 50 bis 60 Grad nördlicher und südlicher Breite dominieren Westwinde. Das ist dir vielleicht schon aufgefallen. Näher am Äquator, bei etwa 15 Grad nördlicher und südlicher Breite, herrschen dagegen die ostwärts gerichteten Passatwinde vor. Diese Winde beeinflussen die Richtung der Ozeanströmungen auf diesen Breitengraden.
- Dass die Meeresströmungen Kreise bilden, liegt nicht nur an den die Strömungen begrenzenden Küsten. Auch die Windsysteme, die nicht von Küsten begrenzt sind, tendieren zu kreisförmigen Strukturen. Dies hängt mit der Erdrotation zusammen. Sie bewirkt, dass die Wind- und Wasserströmungen nicht geradeaus verlaufen, sondern abgelenkt werden. Auf der Nordhalbkugel verläuft die Ablenkung nach rechts, auf der Südhalbkugel nach links. Dieses Phänomen namens „Corioliskraft“ ist nicht leicht zu verstehen. Du kannst es dir im Alltag aber mithilfe einer Drehscheibe auf einem Spielplatz veranschaulichen: Setze dich mit einem Ball darauf und lass dir Anschwung geben. Wirf irgendwann den Ball von der Scheibe weg. Für die Person außerhalb der Scheibe wird der Ball eine gerade Linie von der Scheibe ausgehend beschreiben. Für dich jedoch wird es aussehen, als würde der Ball schräg über die Scheibe fliegen. Auf der Erde passiert mit den Wind- und Wasserströmungen vereinfacht gesagt das Gleiche in sehr viel größerem Maßstab.
Meeresströmungen bilden ein „globales Förderband“
Meeresströmungen transportieren gewaltige Mengen Wärmeenergie. Das kennst du beispielsweise vom Golfstrom: Er entsteht in den Subtropen und transportiert warmes und relativ salziges Wasser erst an der Ostküste Amerikas entlang nach Norden. Irgendwann löst er sich von der Küste und fließt in Richtung Nordeuropa. Man nennt ihn dann auch Nordatlantikstrom.
Auf dem Weg nach Norden kühlt das Wasser immer weiter ab. Im Winter kann es so kalt werden, dass es dichter als darunterliegende Wassermassen wird. In der Folge sinkt das Oberflächenwasser ab, bis der Dichteunterschied wieder ausgeglichen ist. An der Oberfläche strömt weiteres Wasser nach und in der Tiefe bildet sich eine kalte Meeresströmung in Richtung Süden.
Diesen Umwälzprozess nennt man „thermohaline Zirkulation„, da er durch Unterschiede in der Temperatur (thermo) und im Salzgehalt (halin) entsteht. Er ist ein wichtiger Antrieb der Meeresströmungen insgesamt, da er Oberflächen- und Tiefenströmungen miteinander verbindet. Zusammen bilden sie ein „globales Förderband“ aus Meeresströmungen, das sich durch alle Ozeane zieht.
Übrigens: Meeresströmungen sind nicht nur wichtig, weil sie Wärme transportieren. Wie die Wissensplattform Erde und Umwelt (ESKP) erklärt, nutzen auch viele Tiere Meeresströmungen aus. Sie lassen sich von den Strömungen tragen oder profitieren davon, dass die Wassermassen Nahrung wie beispielsweise Plankton mit sich führen.
Wie beeinflussen Meeresströmungen das Klima?
- Wie eben beschrieben, spielen Meeresströmungen eine wichtige Rolle bei der Verteilung von Wärme in den Ozeanen. Folglich beeinflussen sie lokal auch das Klima. Das bekannteste Beispiel hierfür ist der Golfstrom (und seine Fortsetzung, der Nordatlantikstrom), der warmes Wasser in den Nordatlantik transportiert. Laut ESKP wäre es in Nordeuropa ohne diese Meeresströmungen etwa fünf bis zehn Grad kälter. Der Einfluss wird dir auffallen, wenn du die Temperaturen in Nordeuropa mit denen in Kanada oder Sibirien auf ähnlichen Breitengraden vergleichst.
- Darüber hinaus stehen die Ozeane über Verdunstung und Niederschlag in Verbindung zur Atmosphäre. Da über warmem Wasser mehr Verdunstung stattfindet als über kaltem Wasser, beeinflussen Ozeanströmungen auch auf diese Weise das Klima. Hier ein interessantes Beispiel: Die beiden Wüsten Atacama und Namib liegen jeweils an der Westküste des Pazifiks und des Atlantiks. Wie können solche Wüsten direkt neben den Ozeanen entstehen? An beiden Küsten verlaufen kalte Meeresströmungen. Dadurch ist die Verdunstung relativ gering. Zudem liegt über der durch den Ozean abgekühlten, feuchten Luft der warme Passatwind. Da warme Luft weniger dicht ist als kalte Luft, kann letztere nicht aufsteigen. So können jedoch keine Wolken entstehen und Niederschläge bleiben aus.
- Meeresströmungen verteilen das an der Ozeanoberfläche aus der Atmosphäre aufgenommene CO2 effektiv im ganzen Ozean und insbesondere auch in großen Wassertiefen.
Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf Meeresströmungen?
Der Klimawandel findet in der Atmosphäre statt, doch er hat auch einen großen Einfluss auf die Ozeane.
- Laut dem fünften Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) von 2013 werden die Ozeane immer wärmer. In den obersten 75 Metern haben sie sich zwischen 1971 und 2010 um etwa 0,11 Grad pro Jahrzehnt erwärmt.
- Darüber hinaus stellt der Bericht fest, dass Regionen mit hohem Oberflächensalzgehalt salziger werden. Im Gegensatz dazu werden Regionen mit niedrigem Oberflächensalzgehalt süßer.
Es erscheint logisch, dass diese Veränderungen auch Auswirkungen auf die Meeresströmungen haben. Laut IPCC lassen sich jedoch bisher (Stand 2013) keine Langzeittrends erkennen. Das heißt aber nicht, dass es sie nicht gibt: Das Problem ist den Forscher:innen zufolge, dass erst seit den 1990er Jahren flächendeckende Aufzeichnungen von Ozeanströmungen stattfinden. Da diese natürlicherweise auf einer Zeitskala von Jahren bis zu Jahrzehnten variieren, sind die bisherigen Beobachtungszeiträume zu kurz, um bereits Trends auszumachen.
Dem IPCC zufolge ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass sich die thermohaline Zirkulation im Atlantik im Verlauf des 21. Jahrhunderts abschwächen wird. Dies liegt offenbar daran, dass sich durch die Klimaerwärmung das Wasser im Nordatlantik erwärmt. Zudem nimmt der Salzgehalt dort durch die zunehmende Eisschmelze ab. Das schwächt die Umwälzbewegung ab. Wenn davon die Rede ist, dass der Klimawandel den Golfstrom abschwächt, ist dieser Effekt gemeint. Einem Forschungsbericht der Max-Planck-Gesellschaft zufolge wird sich die Umwälzbewegung um etwa 30 bis 42 Prozent abschwächen, aber sie wird nicht zusammenbrechen.
Hinweis: Laut einem neueren Bericht des IPCC von 2019 zeigen Messungen und Simulationen bereits eine Abschwächung der Umwälzzirkulation im Atlantik. Die Ergebnisse sind jedoch bisher nur eingeschränkt vertrauenswürdig („medium confidence“ in der Bezeichnung des IPCC).
Welche Folgen hätte eine Abschwächung der thermohalinen Meeresströmung für das Klima in Nordeuropa?
- Laut einer Studie von 2005 würden sich wahrscheinlich die Temperaturen verringern.
- Insgesamt würde es weniger Niederschlag geben, darunter jedoch mehr Schnee.
- Dem IPCC zufolge würden Winterstürme in Nordeuropa wahrscheinlich zunehmen. Dagegen soll es weniger tropische Wirbelstürme geben.
- Im Nordatlantik würden die Veränderungen der Meeresströmung außerdem wahrscheinlich die dortigen Ökosysteme beeinträchtigen.
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