Das Mietshäusersyndikat umfasst inzwischen 141 Hausprojekte in Deutschland. Das Projekt hilft Gemeinschaften dabei, dauerhaft in bezahlbarem Wohnraum leben zu können.
Die Wurzeln des Mietshäusersyndikats
Freiburg im Breisgau in den 90er Jahren: Auf dem Grethergelände, einer stillgelegten Industriefläche mit alten Fabrikgebäuden, entsteht ein Zusammenschluss von Menschen, die selbstverwaltet leben möchten. Sie entwickeln das Konzept des Mietshäusersyndikats: einem Verbund von Wohnprojekten, die bezahlbaren Wohnraum in der Stadt anbieten sollen. Heute zählen 141 Projekte dazu, ihre Zahl wächst stetig.
Wohnprojekte sind Wohngemeinschaften, die die Häuser beziehungsweise Wohnobjekte, die sie bewohnen, gemeinschaftlich und selbst organisieren. Es ist eine Form des Zusammenlebens in der Gemeinschaft.
Das Mietshäusersyndikat hilft den Projekten, bezahlbaren und dauerhaften Wohnraum zu schaffen und zu erhalten. Es stellt den teilhabenden Projekten Wissen und teilweise Geld aus dem Solidarfond zur Verfügung. Die Projekte sind über das Mietshäusersyndikat dauerhaft verknüpft, vor allem durch ständige Kommunikation untereinander. Sie teilen Erfahrungen und Know-How und arbeiten gewissermaßen wie ein Netzwerk.
Gleichzeitig wird dem Markt Fläche entzogen und so der Bodenprivatisierung vorgebeugt. Weil das Mietshäusersyndikat dezentral organisiert und jedes Hausprojekt autonom ist, wird die Gefahr der Machtbündelung entschärft. Das Recht auf Wohnen für Alle steht ganz weit vorn. Dies ist in Zeiten der Gentrifizierung und des Immobilienkapitalismus für viele Menschen nicht mehr gegeben.
Was ist das Mietshäusersyndikat?
Das Ziel des Mietshäuseryndikats ist es, Wohnraum nicht mehr auf dem freien Markt zu handeln. Eigentum soll kollektiv verwaltet werden und Wohnraum keine Ware mehr sein.
- Dadurch kannst du, wenn du Teil des Syndikats bist, deinen Teil des Hauses nicht vererben. Persönliches Eigentum am Haus, in dem du wohnst, hast du also nicht.
- Durch die Doppelstruktur, die im Folgenden näher erklärt wird, ist eine Reprivatisierung nicht möglich. So wird sichergestellt, dass Grund und Boden Kollektivgut bleiben.
So wird dein Wohnobjekt Teil des Mietshäusersyndikats:
- Führe ein erstes Gespräch mit dem Verband. Hier stellt ihr fest, ob sich deine Wohnung für die Gemeinschaft eignet.
- Die Bewohner der Wohnung müssen nun einen Hausverein gründen.
- Dieser Verein gründet mit dem Mietshäusersyndikat eine Haus-GmbH. Das Syndikat hält 49 Prozent, der Hausverein 51 Prozent der Haus-GmbH. So entsteht eine Doppelstruktur. Jede Partei hat jeweils eine Stimme. Grundlagenfragen müssen die Zustimmung von beiden Seiten erhalten. Aus diesem Grund ist beispielsweise Reprivatisierung ausgeschlossen.
- Die Haus-GmbH kauft das Haus, die Wohnung oder das Grundstück. Bezahlt wird es mit Hilfe der unterschiedlichen Möglichkeiten der Finanzierung (siehe unten).
- Ist das Haus und das Darlehen dafür abbezahlt, fließt die Miete, abzüglich aller laufenden Kosten, in den Solidarfond für weitere Hausprojekte im Syndikats-Verbund.
Um das Haus zu finanzieren, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die auch kombiniert werden können:
- Finanzierung durch Bankdarlehen
- Finanzierung durch Privatkredite von Freunden und Bekannten
- Finanzierung durch den Solidarfond, also aus dem Topf des Mietshäusersyndikats
Oft handelt es sich bei den Häusern der Hausprojekte innerhalb des Mietshäusersyndikats um Abrissobjekte, die die Bewohner vor dem Abriss oder Verkauf an Immobilienhaie schützen wollen. Inzwischen gehören auch Neubauten dem Mietshäusersyndikat an, vor allem in Freiburg.
Welche Vor- und Nachteile hat das Mietshäusersyndikat?
Als Teil des Mietshäusersyndikats bist du Mieter und Eigentümer zugleich. Ein- und Ausziehen ist kein Problem. Im Mietshäusersyndikat gibt es beispielsweise auch studentische Wohngemeinschaften mit ganz normaler Fluktuation.
Um Teil davon zu werden, musst du lediglich Teil des Hausprojektes werden. Wie das funktioniert, erfährst du von den jeweiligen Wohngemeinschaften. Auch hier sind die Projekte autonom und das Mietshäusersyndikat überlässt die Entscheidung den Wohngemeinschaften, wen sie als Mitbewohner auswählen. Das Mietshäusersyndikat vermittelt also keine Wohnungen oder Häuser.
Die Vorteile:
- Günstiger Wohnraum
- Mehr Freiheiten durch Selbstverwaltung
- Mitbestimmungsrechte
- Sicherer Wohnraum
- Ein Schritt in Richtung „Recht auf Wohnen für Alle„
Die Nachteile:
- Mehr Aufwand durch Selbstverwaltung
- Mehr Aufwand durch (doppelte) Buchführung
Wenn du Teil des Mietshäusersyndikats werden möchtest, erfordert das Lust auf Gemeinschaft und Aushandlungprozesse. Dies kannst du als Vor- aber auch als Nachteil sehen.
Weiterlesen auf Utopia.de:
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