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Multiresistente Keime: Was du über Antibiotika-Resistenzen wissen solltest

Multiresistente Keime
Foto: CC0 / Pixabay / Monoar

Multiresistente Keime stellen ein immer größeres Risiko für unsere Gesundheit dar. Hier erfährst du, wie die Erreger entstehen, warum sie so gefährlich sind und wie du dich schützen kannst.

Was sind multiresistente Keime?

Bakterien finden sich überall – in der Luft, in der Wohnung, auf der Haut und in unseren Lebensmitteln. Im Alltag stellt das für unsere Gesundheit kein Risiko dar, denn unsere körpereigenen Abwehrmechanismen schützen uns vor Infektionen.

Anfälliger für jede Art von Keimen sind allerdings Menschen mit Vorerkrankungen, alte Menschen und Kinder. Doch auch bei diesen Patienten sind bakterielle Infektionen in der Regel gut behandelbar. Anders ist das bei so genannten multiresistenten Keimen.

Als multiresistente Keime (multiresistente Erreger, kurz MRE-Keime) werden Erreger bezeichnet, gegen die Antibiotika keine Wirkung mehr zeigen. Diese Fähigkeit haben die Bakterien durch eine evolutionsbiologische Anpassung erlangt. Sie haben gelernt, sich gegen die Antibiotika zu behaupten, die zu ihrer Bekämpfung eingesetzt werden. Damit hat sich ein Irrglaube der Medizin entlarvt: dass der breit gestreute Einsatz von Antibiotika die Krankheitserreger dauerhaft in den Griff bekommen kann.

Multiresistente Keime stellen also eine besondere Herausforderung bei der Behandlung dar, da herkömmliche Antibiotika nicht helfen. Bekannt ist, dass multiresistente Keime besonders häufig in Krankenhäusern und Pflegeheimen vorkommen. Doch neuere Untersuchungen zeigen, dass sie auch andernorts weit verbreitet sind, so etwa in Gewässern und Badeseen. Dies hat in jüngster Zeit ein Bericht des NDR ans Licht gebracht.

Wie entstehen multiresistente Keime?

Der Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung steht schon lange in der Kritik.
Der Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung steht schon lange in der Kritik. (Foto: CC0 / Pixabay / franzl34)

Es hat sich herausgestellt, dass multiresistente Keime vor allem dort entstehen, wo besonders viele Antibiotika zum Einsatz kommen. Das sind zunächst natürlich Kranken- und Pflegeeinrichtungen. Aber auch die Pharmaindustrie als Erzeuger der Antibiotika hat einen großen Anteil an der Resistenzbildung. Über viele Jahre galten Antibiotika als Allzweckwaffe gegen bakterielle Erreger aller Art. Doch folgende Faktoren haben die Entstehung von Resistenzen begünstigt:

  • Eine unzuverlässige, das heißt unregelmäßige oder zu früh abgebrochene Medikamenteneinnahme durch Patienten. Die mit Antibiotika behandelten Bakterien können so im Körper überleben und durch den andauernden Kampf gegen die Medikamente eine Resistenz entwickeln.
  • Eine zu häufige Gabe von Antibiotika auch bei weniger schwerwiegenden Erkrankungen. Antibiotika waren lange Zeit eine Art Wundermittel gegen sämtliche Infektionen. Doch häufig wurden sie auch gegen virale Erreger eingesetzt, gegen die sie überhaupt keine Wirkung haben.
  • Daneben sorgt der Einsatz von Breitbandantibiotika für Schwierigkeiten. Solche Antibiotika bringen viel mehr Gegenmittel in den Körper, als eigentlich notwendig wäre. Verbunden mit der unzuverlässigen Einnahme der Antibiotika entstehen so Bakterienstämme, die eine Behandlung überleben und somit ihre Resistenzen weitervererben können.
  • Mangelhafte Abwasserreinigung in der Pharmaindustrie und unsachgemäße Entsorgung von Medikamenten führen dazu, dass auch in Seen und Flüssen multiresistente Keime entstehen.

Ein zweiter „Nährboden“ für die Entstehung multiresistenter Keime ist die industrielle Nutztierhaltung:

  • Aufgrund schlechter Haltungsbedingungen erkranken Nutztiere häufig an Infektionskrankheiten. Die langfristige und häufig präventive Gabe von Antibiotika ist auch hier höchst problematisch. Denn durch Ausscheidungsprodukte und andere Abfälle aus der Tierhaltung gelangen multiresistente Keime ins Abwasser und somit auch in die Gewässer.
  • Dazu kommt der Einsatz von so genannten Reserveantibiotika, die gegen hochgefährliche und bereits resistente Erreger eingesetzt werden.
  • So entsteht eine gefährliche Spirale, durch die von Mastbetrieben eine wachsende Zahl multiresistenter Keime ausgeht.

Welche Arten von multiresistenten Keimen gibt es?

Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind resistente Erreger besonders gefährlich.
Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind resistente Erreger besonders gefährlich. (Foto: CC0 / Pixabay / Parentingupstream)
  1. Der in Deutschland am häufigsten vorkommende multiresistente Keim ist der Staphylococcus aureus. Dieses Bakterium ist gegen das Antibiotikum Methicillin und viele andere Antibiotika resistent, und wird daher meist Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus – kurz MRSA – genannt. MRSA verursacht Wundinfektionen, Atemwegsentzündungen, Harnwegsinfektionen und Blutvergiftungen. Aufgrund seiner ausgeprägten Resistenzen ist er nur schwer behandelbar.
  2. Die sogenannten Enterokokken sind Bakterien, die bei vielen gesunden Menschen in der Darmflora und in vielen Lebensmitteln vorkommen. Der wichtigste Vertreter der Enterobakterien heißt Escherichia coli. Bei geschwächtem Immunsystem können Enterokokken Darminfektion, Harnwegsinfekte oder Blutvergiftungen auslösen. Weil viele Enterokokken eine Resistenz gegen das Antibiotikum Vancomycin besitzen, spricht man auch von Vancomycin-resistenten Enterokokken – kurz VRE.
  3. Das Pseudomonas aeruginosa genannte Bakterium, das hauptsächlich in feuchten Milieus wie Leitungswasser, Waschbecken, Duschen oder Toiletten vorkommt, gehört zu den häufigsten Krankenhauskeimen. Es löst unter anderem eitrige Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen, Wundinfektionen, Blutvergiftungen, Hirnhautentzündungen und Darmentzündungen aus.
  4. Bakterien der Gattung Acinetobacter entwickeln immer mehr Resistenzen gegen gängige Antibiotika. Es kommt bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem daher immer öfter zu Krankenhausinfektionen. Das betrifft vorrangig Beatmungspatienten auf Intensivstationen. Das Bakterium löst dabei vor allem Lungenentzündungen aus. Zu den möglichen Folgen zählen auch Blutvergiftungen, Hirnhautentzündungen und Wundinfektionen.

Einige der Erreger werden anhand der Art ihrer Resistenz benannt. So etwa die ESBL-Keime (Beta-Laktamase produzierende Enterobakterien). Sie sind in der Lage, die Wirkung der Antibiotika mithilfe eines Enzyms unwirksam zu machen.

Wie können multiresistente Keime bekämpft werden?

Sorgsame Hygiene ist und bleibt das beste Mittel gegen Keime.
Sorgsame Hygiene ist und bleibt das beste Mittel gegen Keime. (Foto: CC0 / Pixabay / jackmac34)

Die Verbreitung multiresistenter Erreger und deren rasch wachsende Resistenzfähigkeit hat ein alarmierendes Ausmaß angenommen. Seit vielen Jahren kämpfen Ärzte, Gesundheitsverbände und die Weltgesundheitsorganisation darum, die Gefahr einzudämmen.

Als erste Maßnahme wurde empfohlen, weniger Antibiotika zu verschreiben. Besser entwickelte Wirkstoffe sollen nur noch gezielt und nur bei schweren Fällen zum Einsatz kommen. Darüber hinaus wird ein Umdenken in der industriellen Nutztierhaltung gefordert. Das wäre auch mit einem bedachteren und insgesamt reduzierten Konsum tierischer Nahrungsmittel verbunden.

Außerdem empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem offiziellen Papier einige Sicherheitsmaßnahmen, die die Ausbreitung resistenter Erreger eindämmen soll:

  • Sorgfältige Hygiene soll Keime an der Ausbreitung hindern. Am wichtigsten ist hier das regelmäßige Händewaschen, vor allem nach dem Besuch von Orten mit hoher Erregerzahl wie  beispielsweise Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen.
  • Ärzte sollen ihren Patienten bei weniger schweren Erkrankungen und bei Viruserkrankungen keine Antibiotika verschreiben. Bei lebensgefährlichen oder bedrohlichen Infektionen kommt auch die Zuverlässigkeit des Patienten ins Spiel. Dieser soll sich genau an die vorgeschriebenen Anordnungen halten und früher verschriebene Antibiotika später nicht einfach wiederverwenden.
  • Landwirte sind angehalten, Antibiotika nur bei vorliegenden Befunden und bei Verschreibung zu geben. Auf Antibiotika zur Wachstumsförderung sollen sie verzichten.

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