Vor einer Gehaltsverhandlung verspüren manche Menschen Unsicherheiten und Ängste. Personaler:innen von großen Unternehmen wie Lufthansa und Otto verraten die Fehler, die Bewerber:innen und Angestellte beim Gespräch vermeiden sollten.
Die meisten Angestellten in Deutschland müssen ihren Lohn während Jahresgesprächen oder bei einem Jobwechsel aushandeln. Hierfür bereiten sich Arbeitnehmende meist intensiv vor. Tipps zur Gehaltsverhandlung stellt auch Utopia vor.
Durch offengelegte Gehälter, Einheitslöhne und festgelegte Lohnerhöhungen müssten Angestellte ihr Gehalt nicht verhandeln, lautet eine Idee. Stattdessen würden Unternehmen in der Verantwortung für faire Löhne stehen. Solche Gehaltsmodelle sind in Deutschland bisher jedoch eher selten. Daher müssen die meisten Mitarbeiter:innen ihr Gehalt besprechen. Das Handelsblatt hat daher Recruiter:innen großer Unternehmen – SAP, Volkswagen und L’Oréal – nach den Fehlern gefragt, die Angestellte in Gehaltsverhandlungen lieber vermeiden sollten.
1. Fehler: Später mehr Geld fordern
Wer in der Gehaltsverhandlung eine Betrag genannt hat, sollte laut den Expert:innen dabei bleiben. Wenn man nach der Verhandlung feststellt, dass das Gehalt zu niedrig ist, sollte man nicht sofort nachjustieren. Ebenso sollten Bewerber:innen während des Bewerbungsprozesses den anfangs genannten Gehaltswunsch nicht erhöhen. Pietro Ferro, Recruitingleiter beim Onlinehändler Otto empfindet beides als „unangemessen“. Sollten Bewerber:innen mit einer niedrigen Vorstellung einsteigen und nach der Jobzusage deutlich erhöhen, „torpediert das womöglich den gesamten Bewerbungsprozess“, so Ferro.
2. Fehler in einer Gehaltsverhandlung: Unrealistische Summen bei Gehaltsverhandlungen fordern
Eine Sprecherin der Fluggesellschaft Lufthansa betont: Gehaltsvorstellungen sollten realistisch formuliert sein. Ihr zufolge sollten Mitarbeiter:innen und Bewerber:innen ihren „Marktwert“ kennen. Unternehmen mit Tarifverträgen stellen Informationen zu Gehältern in Tarifvereinbarungen zur Verfügung. Außerdem bieten Portale wie Indeed und Stepstone Vergleichswerte an.
Tina Hasper-Vandrey, Recruitingleiterin bei Volkswagen, erklärt gegenüber dem Handelsblatt, dass „gute Kandidaten“ wissen, in welchem Spielraum sie sich bei ihren Forderungen bewegen können. „Daher empfehlen wir ein selbstbewusstes Auftreten, aber angepasst an die eigene Ausbildung und Berufserfahrung“, so Hasper-Vandrey.
3. Fehler: Den Fokus nur auf das Geld legen
Gerrit Daniels, Personalchef des Kosmetikherstellers L’Oréal Luxe Division, rät dazu, sich bei dem Gespräch nicht nur auf das Geld zu fokussieren. Statt nur nach mehr Gehalt zu fragen, sollten Angestellte „eine starke, logische Begründung inhaltlicher Art“ mitbringen. Zudem sei es sinnvoll sich im Gehaltsgespräch immer auch Feedback einzuholen. Außerdem sollten Angestellte mit den Vorgesetzten besprechen, wie sich die weitere Karriere entwickeln kann.
4. Fehler in einer Gehaltsverhandlung: Argumente zum Gehalt sind persönlich
Bei der Gehaltsverhandlung geht es in erster Linie um die eigene Leistung. Der Fokus sollte dabei darauf liegen, welchen Mehrwert man selbst für das Unternehmen bietet. Familiäre Umstände beispielsweise sollten dabei außen vor bleiben, erklärt ein Sprecher des Pharmakonzerns Beiersdorf. Ebenfalls sollten Bewerber:innen nicht mit dem Gehalt argumentieren, das sie bisher verdienen. „Das ist Vergangenheit, bei uns geht es um die zukünftige Karriere in unserem Unternehmen“, so der Sprecher.
5. Fehler: Bei Gehaltsverhandlungen emotional werden oder drohen
Volkswagen-Personalerin Tina Hasper-Vandrey empfiehlt, in einer Gehaltsverhandlung immer sachlich und verbindlich zu bleiben. Dabei sollten Angestellte oder Bewerber:innen es vermeiden, Druck aufzubauen oder emotional zu werden. Das hinterlasse ihr zufolge einen negativen Eindruck.
Dem stimmt auch L’Oréal-Personaler Daniels zu. Es sei ein schlechter Weg, mit der Kündigung zu drohen, sollte es zu keiner Gehaltserhöhung kommen. Stattdessen sollten Angestellte inhaltlich argumentieren, beispielsweise mit einer außergewöhnlich starken Leistung bei einem erfolgreichen Projekt.
6. Fehler: Abmachungen nicht einhalten
Neben dem Gehalt sollten Bewerber:innen Absprachen einhalten. Zudem rät Otto-Recruitingleiter Ferro davon ab, nachträglich Forderungen zu stellen, die nicht zuvor besprochen wurden. Beispielsweise sollten Bewerber:innen nicht zu 100 Prozent Homeoffice verlangen, wenn die Parteien im Vorfeld einen Tag im Büro festgelegt haben.
Alternative Lohnmodelle und Lohntransparenzgesetz in Deutschland
Nur wenige Firmen setzen bislang auf andere Modelle. Gehaltsverhandlungen sind hier offenbar nicht nötig. Beispielsweise erhalten alle Mitarbeitenden beim Magazin Katapult das gleiche Gehalt. Im Beratungsunternehmen Elbstack ist die Gehaltsstruktur für alle transparent. Die Angestellte bekommen den gleichen Stundenlohn, der sich an den Gesamteinnahmen des Unternehmen orientiert. Wer hier mehr verdienen möchte, arbeitet mehr.
In Deutschland gibt es zwar seit 2018 das Lohntransparenzgesetz. Dadurch können Angestellte in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitenden Auskunft über die Gehälter von Kolleg:inne, in gleicher oder gleichwertiger Position erhalten. Zahlreiche Angestellte arbeiten jedoch in kleineren Unternehmen, in denen die Regel nicht gilt.
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