Von Populismus wird aktuell häufig gesprochen, besonders im Zusammenhang mit Politikern und politischen Inhalten. Aber was bedeutet das eigentlich genau? Woran erkennt man Populismus und wie kann man sicherstellen, dass man nicht auf populistische Botschaften hereinfällt? Hier findest du Tipps.
Im Netz und in politischen Debatten stößt man immer wieder auf Aussagen, die simple Antworten auf komplexe Fragen versprechen. Oft handelt es sich dabei um Populismus – eine gefährliche Strategie, die mit Emotionen spielt und komplexe Themen auf simple Parolen reduziert. Gerade im anstehenden Wahlkampf sollte man genau hinhören, um Populist:innen nicht auf den Leim zu gehen. Doch wieso ist die Technik so erfolgreich, wer nutzt sie und woran erkennt man, dass Dinge verkürzt dargestellt werden? Hier ein kurzer Überblick.
Was ist Populismus?
Populist:innen sind Menschen, die behaupten, dass alleine sie für das Volk sprechen und seine Interessen vertreten. Dabei versprechen sie einfache Lösungen, auch für komplexe Probleme. Es handelt sich also um keine politische Strömung – die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) definiert Populismus eher als eine „besondere politische Logik“.
Dieser Logik liegt die Idee zugrunde, dass das Volk, bei dem die Macht liegen sollte, von einer korrupten „Elite“ betrogen und unterdrückt wird. Ein „Anführer“ macht das Volk darauf aufmerksam und reklamiert für sich, den wahren Volkswillen zu erkennen und zu vertreten.
Laut bpb können Politiker:innen aber auch mehr oder weniger populistisch sein. Wenn sich die populistische Logik in den Vordergrund dränge, könne das ein Symptom dafür sein, dass Bürger:innen Vertrauen in politische Institutionen verlieren und die Demokratie in die Krise gerät.
Das Phänomen könne durchaus positive Impulse setzen, etwa mehr Transparenz und Kontrolle von Volksrepräsentant:innen durch Bürger:innen. Doch er bewerbe auch einfache Lösungen und stelle die Realität verkürzt dar, unter dem Vorwand, dass alles andere den Eliten dazu dienen würde, das Volk zu betrügen. „Durch die extreme Vereinfachung, die Schwarz-Weiß-Malerei und das Denken in Gegensätzen kann der Populismus die politische Debatte dermaßen polarisieren, dass der notwendige Meinungsaustausch innerhalb der Demokratie nicht mehr möglich ist“, so die bpb.
Ein Phänomen der politischen Rechten?
Populismus ist kein Phänomen, das auf eine bestimmte Partei oder politische Richtung beschränkt ist. Er kann von linken, rechten und liberalen Akteuren eingesetzt werden. Allerdings gibt es deutliche Hinweise darauf, dass rechtspopulistische Parteien und Gruppierungen diese Strategien besonders häufig und gezielt einsetzen. Im Rahmen der ZDF-Sendung MaiThink X wurden etwa Bundestagsreden von Abgeordneten verschiedener Parteien analysiert. Dabei fand man offenbar deutlich mehr Beispiele für populistische Rhetorik von rechten Parteien als von anderen politischen Richtungen.
Rechtspopulismus zeichnet sich oft durch die Ausgrenzung von Minderheiten aus. Oft werden laut bpb etwa Migranten, Ausländer, Muslime, Juden, „anders rassige“, Homosexuelle oder „Sozialschmarotzer“ als Feindbild etabliert, die vom idealisierten „Volk“ ausgeschlossen werden, und gegen die es sich zu verteidigen gilt. Diese Denkweise verletze das demokratische Gleichheitsprinzip, mache anti-demokratische Ideologien salonfähig und habe keine positiven Effekte auf die Demokratie.
Wie funktioniert Populismus? 5 rhetorische Tricks
Populist:innen bedienen sich verschiedener Methoden, um ihre Botschaften zu verbreiten. Diese Tricks zielen darauf ab, Emotionen zu wecken und kritisches Denken zu untergraben. Wie schon erwähnt, werden dabei Botschaften oft stark vereinfacht. Sie appellieren an Gefühle und den Gerechtigkeitssinn der Menschen, oder schüren Ängste und Sorgen. Auch wird oft eine klare Trennung zwischen dem „guten Volk“ und der „bösen Elite“ konstruiert, also „Wir gegen die“. Alle Mitglieder einer bestimmten Gruppe werden dabei über einen Kamm geschert, ohne auf individuelle Unterschiede einzugehen.
Die Wissenschaftssendung MaiThink X fasst außerdem einige rhetorische Tricks zusammen, die Populist:innen gerne nutzen:
- Die schweigende Mehrheit. Wenn Populist:innen mit ihrer Meinung in der Minderheit sind, erfinden sie eine „schweigende Mehrheit“, die angeblich ihre Meinung teilt. Diese schweigende Mehrheit kann natürlich nicht widerlegen, dass es sie nicht gibt.
Beispiel: Hubert Aiwanger (Freie Wähler), stellvertretender Ministerpräsident von Bayern, wird zitiert mit der Aussage, die „schweigende große Mehrheit“ müsse sich die Demokratie zurückholen – obwohl er demokratisch gewählt wurde.
- Das falsche Dilemma. Populist:innen reduzieren komplexe Sachverhalte auf zwei extreme Optionen und suggerieren, dass es keine Alternativen gibt. In Wirklichkeit gibt es aber meistens viele Möglichkeiten zwischen den beiden Extremen.
Beispiel: Sahra Wagenknecht (BSW) wird zitiert mit der Aussage: „Wer Waffen liefert, will Krieg, sonst würde er Diplomaten schicken“. Das suggeriert: Entweder man ist gegen Waffenlieferungen oder man will Krieg, und man kann entweder Waffen oder Diplomaten schicken. Beide Dilemmas sind falsch, da man auch Waffen liefern und gleichzeitig diplomatische Bemühungen unterstützen kann sowie andere Dinge als Waffen oder Diplomaten senden kann.
- Das ad hominem Argument. Anstatt sachlich zu argumentieren, greifen Populist:innen ihre Gegner persönlich an, um von der eigentlichen Argumentation abzulenken.
Beispiel: Wolfgang Kubicki (FDP) wird zitiert, wie er Karl Lauterbachs (SPD) Kritik an den Coronamaßnahmen mit persönlichen Angriffen kontert: „Isst kein Salz, isst kein Zucker, trinkt keinen Alkohol, hat keine Freundin. Was hat er dann vom Leben?“ Diese Aussage ist irrelevant für die Diskussion über die Coronamaßnahmen und soll lediglich Lauterbach diskreditieren.
- Das Strohmann Argument. Populist:innen verzerren die Argumente ihrer Gegner, um sie leichter angreifen zu können. Anstatt das ursprüngliche Argument zu diskutieren, wird ein „Strohmann“ aufgebaut, der leicht zu widerlegen ist.
Beispiel: Auf den Vorschlag von Cem Özdemir (Grüne), an Kinder gerichtete Werbung für zuckerhaltige Produkte zu einschränken, reagierte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit folgendem Statement: „Haben die Grünen eigentlich keine anderen Sorgen? Ob Kinder Süßigkeiten bekommen, sollten die Eltern und nicht ein grüner Minister entscheiden.“ Dabei hat Özdemir nicht vorgeschlagen, Kindern Süßigkeiten zu verbieten. Söder verzerrt Özdemirs Argument, um es leichter angreifen zu können.
- Die „Motte and Bailey“-Taktik. Populist:innen stellen eine provokante und oft extreme Behauptung auf (Bailey). Wenn sie auf Kritik stoßen, ziehen sie sich auf eine abgeschwächte Version ihrer Aussage zurück (Motte), die leichter zu verteidigen ist.
Beispiel: Friedrich Merz (CDU) verwendet den Begriff „Sozialtourismus“ im Zusammenhang mit ukrainischen Flüchtlingen. Auf Kritik hin relativiert er seine Aussage und behauptet, er habe damit lediglich auf die Herausforderungen bei der Unterbringung von Flüchtlingen hinweisen wollen. Er verteidigt sich mit einer abgeschwächten Position, ohne seine ursprüngliche Aussage zurückzunehmen.
Wie geht man mit Populismus um?
Es ist wichtig, die Mechanismen von Populismus zu verstehen, kritisch zu hinterfragen und aktiv für demokratische Werte einzutreten. Nur so kann man dem Einfluss populistischer Akteure entgegenwirken und die Demokratie stärken. Doch leider ist das oft nicht leicht. Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim betont, dass wir alle anfällig für Populismus sind, besonders wenn populistische Aussagen unsere eigenen Ansichten widerspiegeln.
Hier ein paar Tipps:
- Hinterfrage Informationen: Lass dich nicht von emotionalen Botschaften und einfachen Lösungen blenden. Recherchiere im Zweifel selbst und bilde dir deine eigene Meinung.
- Überprüfe Fakten: Stimmt es wirklich, was behauptet wird? Sucht nach seriösen Quellen und unabhängigen Faktenchecks.
- Denk kritisch nach: Welche Interessen stecken hinter einer Aussage? Wer profitiert davon, wenn du bestimmte Meinungen teilst oder unterstützt?
- Engagiere dich für eine offene und sachliche Debattenkultur: Lass dir nicht von Populist:innen den Diskurs diktieren. Tritt für deine Werte ein und argumentiere mit Fakten und Respekt.
Die Amadeu Antonio Stiftung setzt sich dafür ein, die deutsche Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu stärken. Sie stellt einige Strategien vor, wie man mit rechtspopulistischen Positionen umgehen kann, darunter:
- Falschen und menschenverachtenden Positionen widersprechen
- Rechtspopulistische Strategien enttarnen
- Menschenrechte verteidigen
- Solidarität mit Betroffenen zeigen
- Debattenkultur im Netz verbessern
- Sich in Initiativen engagieren
Mehr Informationen findest du hier.
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