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Open Science: Wissenschaft zum Mitmachen

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Foto: CC0 / Pixabay / mauriciodonascimento

Mit Open Science soll Wissenschaft frei zugänglich, transparenter und kollaborativer werden. Was genau sich hinter der neuen Wissenschaftspraxis versteckt, erfährst du hier.

Die Art und Weise, wie Wissenschaftler:innen Forschung betreiben und kommunizieren, hat sich in den letzten Jahren verändert. Traditionell erscheinen Forschungsergebnisse in wissenschaftlichen Journalen, die oft nur zahlenden Abonnent:innen zugänglich sind. Auch betrachteten Wissenschaftler:innen den Austausch von Informationen und Ressourcen untereinander lange Zeit nicht als Priorität.

Das hat zu der Kritik geführt, dass Akademiker:innen sich in ihren jeweiligen „Elfenbeintürmen“ abschotten – sie würden Scheuklappen aufsetzen, wenn es um ihre Forschung gehe und ihre Arbeit für die breite Öffentlichkeit nicht zugänglich genug machen.

Open Science zielt darauf ab, diese Herausforderungen anzugehen und eine offene, transparente und kollaborative Wissenschaftspraxis zu fördern.

Das zeichnet Open Science aus

Open Science soll fair, transparent und kollaborativ sein.
Open Science soll fair, transparent und kollaborativ sein.
(Foto: CC0 / Pixabay / jarmoluk)

Ein zentraler Aspekt von Open Science ist der offene Zugang zu Forschungsergebnissen, Daten und anderen Ressourcen. Während wissenschaftliche Ergebnisse und Publikationen bisher vorrangig hinter Paywalls versteckt und somit nicht für die breite Öffentlichkeit zugänglich waren, fördert Open Science den freien und offenen Zugang zu Forschung. Zudem zielt Open Science darauf ab, die Wissenschaftspraxis transparenter und kollaborativer zu machen.

Ein weiteres Anliegen von Open Science ist eine verbesserte wissenschaftliche Reproduzierbarkeit. Damit ist gemeint, dass sich die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien von anderen wiederholen lassen, um diese auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Manchmal verhindert beispielsweise eine mangelnde Darstellung der angewandten wissenschaftlichen Methoden, dass andere Wissenschaftler:innen Experimente nachstellen können.

Von Open Access zu Citizen Science

Um diese Ziele zu erreichen, nutzt Open Science diverse Tools:

  • Open Access: Ein unter Open-Access-Bedingungen publiziertes wissenschaftliches Dokument kann jede Person herunterladen, lesen, verlinken, drucken und entgeltfrei nutzen.
  • Open Source: Open Source bezeichnet Software, deren Quellcode öffentlich zugänglich ist und von anderen Personen weiterentwickelt werden kann. Open Source trägt auch zur Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen bei. Wenn die von Wissenschaftler:innen verwendeten Tools und Methoden offen zugänglich und gut dokumentiert sind, können andere Forschende die Ergebnisse überprüfen und replizieren. Dies verbessert die Glaubwürdigkeit von Forschungsergebnissen und hilft, die Qualität von Forschungsergebnissen zu erhöhen.
  • Open Data: Offene Daten sind Daten, die für jede:n zugänglich, verwendbar und bearbeitbar sind und zu jedem Zweck geteilt werden können. Offene Daten sammeln und veröffentlichen in der Regel Regierungsbehörden, Forschungseinrichtungen oder gemeinnützige Organisationen. Auf diese Daten können Wissenschaftler:innen frei zugreifen. Somit tragen Offene Daten zur Gewinnung neuee Erkenntnisse bei, indem sie es Forschenden ermöglichen, Daten aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen und zu analysieren.
  • Offene Peer-Reviews: Offene Peer-Reviews ermöglichen es Wissenschaftler:innen, ihre Forschungsergebnisse einer breiteren (wissenschaftlichen) Gemeinschaft zur Überprüfung und Kommentierung zu präsentieren, bevor Fachzeitschriften sie veröffentlichen. Im herkömmlichen Peer-Review-Verfahren bewertet nur ein begrenzter Kreis an Expert:innen, die von der Redaktion der Fachzeitschrift ausgewählt werden, die Forschungsergebnisse. Dieser Prozess ist oft undurchsichtig und kann dazu führen, dass bestimmte Forschungsergebnisse nicht veröffentlicht werden, obwohl sie von hoher Qualität sind. Offene Peer-Reviews hingegen können alle Wissenschaftler:innen vornehmen, die über das entsprechende Fachwissen verfügen. Dadurch fließt eine größere Vielfalt an Meinungen in ein wissenschaftliches Dokument ein, was Perspektiven erweitert und die Qualität der Forschungsergebnisse verbessert.
  • Forschung mit/aus der Gesellschaft heraus: In diese Art der Forschung können abgesehen von Wissenschaftler:innen auch Vertreter:innen der breiteren Allgemeinheit eingebunden sein. Beispielsweise legen dann nicht ein paar einzelne Wissenschaftler:innen die Forschungsfragen fest, sondern diese stammen aus der Öffentlichkeit – idealerweise aus einer von der Forschungsthematik betroffenen Gemeinschaft. Das hilft Forschenden dabei, in ihrer Arbeit die Bedürfnisse und Anliegen der Öffentlichkeit stärker ins Auge zu fassen. Zu Open Science gehört auch die sogenannte Citizen Science.

Wie du als Citizen Scientist selber an Open-Science-Projekten teilnehmen kannst, erfährst du hier:

Open Science: Vorteile und Herausforderungen

Open Science macht Wissenschaft zuverlässiger.
Open Science macht Wissenschaft zuverlässiger.
(Foto: CC0 / Pixabay / felixioncool)

Open Science ist selbst Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung. Forscher:innen beschäftigen sich mit der Frage, welche Chancen, aber auch welche Herausforderungen der Open-Science-Ansatz birgt. 

  • Eine Studie zu den Wirkungen von Open Access im wissenschaftlichen Betrieb hat ergeben, dass eine frei zugängliche Publikation stärker genutzt wird und ein diverseres Publikum erreicht. Außerdem tragen Open-Access-Publikationen stärker zum Wissenstransfer bei, also zur Übertragung von Erkenntnissen in die Gesellschaft. Darüber hinaus ist der Publikationsprozess erwiesenermaßen kürzer. Die Studie konnte zudem Befürchtungen entkräften, laut derer Open-Access-Publikationen eine geringere Qualität hätten. 
  • Eine weitere Studie bestätigt, dass Open-Science-Praktiken insbesondere für Nachwuchsforscher:innen von Vorteil sein können. Demnach profitieren die jungen Wissenschaftler:innen unter anderem von höheren Chancen auf die Veröffentlichung ihrer Arbeit. Grundsätzlich trägt Open Science zu einer vertrauenswürdigeren Wissenschaft bei, da Ergebnisse besser überprüft und repliziert werden können. 
  • Die Studie weist gleichzeitig auf die Herausforderungen von Open Science hin. So ist der Open-Science-Prozess stellenweise weniger flexibel als ein geschlossener Forschungsprozess. Das zeigt das Beispiel der sogenannten Präregistrierung einer Studie. Unter Präregistrierung versteht man die Registrierung der Hypothesen, Methoden und/oder Analysen einer wissenschaftlichen Studie, bevor diese durchgeführt wird. So können andere Wissenschaftler:innen bereits einen Blick darauf werfen und auf potentielle Fehlerquellen hinweisen. Für die ausführenden Forschenden bedeutet die Präregistrierung jedoch weniger Flexibilität, da sie ihren Forschungsplan vor Durchführungsbeginn festlegen und im Verlauf der Arbeit nicht mehr anpassen können.
  • Ein weiteres Hindernis ist, dass Open Science noch nicht auf dieselbe Weise belohnt wird wie die herkömmliche Wissenschaftspraxis. Beispielsweise gilt weiterhin das Credo, dass Wissenschaft immer innovativ sein müsse. Schließlich generieren Studien mit Innovationsgehalt die meiste Aufmerksamkeit und ziehen Geldgeber:innen an. Viele Forschende ziehen es daher vor, an Neuem zu arbeiten, statt sich im Rahmen von Open Science mit der Reproduktion bereits existierender Forschung zu befassen. 

Ring a Scientist: Open Science in der Praxis

Open Science trägt wie beschrieben zum Wissenstransfer bei. Wie das konkret aussehen kann, zeigt das Beispiel Ring-a-Scientist, ein Online-Angebot, das Wissenschaftler:innen mit Schulklassen in Kontakt bringt. Das Programm zielt darauf ab, den Austausch und das Verständnis zwischen Forschenden und Schüler:innen zu fördern, insbesondere in Fächern wie Mathematik, Naturwissenschaften und Technik.

Das Programm ermöglicht es Schüler:innen, Fragen zu stellen und in Diskussionen mit Wissenschaftler:innen zu treten, um ihr Verständnis von wissenschaftlichen Konzepten und Themen zu vertiefen. Die Wissenschaftler:innen können ihre Arbeit und Forschungsergebnisse präsentieren und den Schüler:innen einen Einblick in ihre Arbeit geben. Der Austausch erfolgt über Video- oder Audio-Chat, der über die Ring-a-Scientist-Plattform organisiert wird.

Das Programm ist kostenlos und offen für Schulen und Schulklassen auf der ganzen Welt. Es wird von einer gemeinnützigen Organisation betrieben, die von Freiwilligen unterstützt wird.

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