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„Bienenfreundliche“ Balkonpflanzen: warum sie oft eine Gefahr für die Insekten sind

Wie deine Balkonpflanzen Bienen töten, anstatt sie zu retten
Foto: CC0 Public Domain / Pixabay, pasja1000

Lavendel, Goldmarie, Blaukissen, Akelei und Phlox: Bienenfreundliche Pflanzen zu kaufen ist wichtig, um das Insekten- und Bienensterben zu stoppen. Doch der BUND hat in einem Zierpflanzentest in vermeintlich bienenfreundlichen Pflanzen jede Menge Pestizide gefunden, die für Bienen – aber auch für uns Menschen – gefährlich sind.

Derzeit kaufen viele Hobbygärtner:innen Blühpflanzen zur Begrünung von Balkon und Garten. Immer mehr Menschen achten bei ihrem Einkauf darauf, bienen- und insektenfreundliche Pflanzen zu kaufen, um Bienen, Hummeln und Schmetterlingen zu helfen.

Viele der Zierpflanzen, die vom Handel als „bienenfreundlich“ gepriesen werden, sind allerdings nicht so insektenfreundlich, wie häufig angenommen, sondern stark mit Pestiziden belastet. Ein aktueller Test des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat ergeben, dass 96 Prozent der 55 getesteten Proben Pestizide enthalten. Damit bestätigt der stichenprobenartige Test die Ergebnisse der vergangenen Jahre: Die allermeisten Sommerblüher enthalten giftige Rückstände.

Giftalarm bei „bienenfreundlichen“ Pflanzen

Passend zum Start in die Sommergartensaison wollte der BUND Region Hannover wissen, wie stark die „bienenfreundlichen“ Pflanzen mit Pestiziden belastet sind. Die Proben wurden in 18 unterschiedlichen Handelsunternehmen (Gartencenter, Baumärkte und Lebensmittelmärkte) in der Region Hannover gekauft. Getestet wurden unter anderem Lavendel, Margeriten und Glockenblumen.

Einige „bienenfreundliche“ Pflanzen sind giftiger Sondermüll
Einige „bienenfreundliche“ Pflanzen sind giftiger Sondermüll (Foto: CC0 Public Domain / Pixabay, congerdesign)

Das alarmierende Ergebnis:

  • 96 Prozent der getesteten Proben enthalten Pestizide.
  • Zwei Drittel enthalten sogar fünf und mehr Pestizide.
  • Dabei wurden auch Rückstände von sieben Pestiziden gefunden, die in der EU gar nicht zugelassen sind.

Die Ergebnisse des aktuellen Tests sind kein Einzelfall. Der BUND und seine Partnerorganisation Global 2000 testen seit 2021 jährlich Pflanzen auf Pestizide, jedes Jahr wurde eine hohe Belastung festgestellt. Im Jahr 2023 wurden in 73 Prozent der Proben sogar für den Menschen besonders gefährliche Pestizide gefunden. Einige der giftigen Chemikalien erzeugen Krebs.

Wenn Bienenrettung zur Giftfalle wird

Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin, meint dazu: „Der Zierpflanzenbau hat katastrophale Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Ein Lavendel war im Test vom vergangenen Jahr mit 22 verschiedenen Pestiziden belastet, von denen acht der menschlichen Gesundheit schaden, zwei bienengiftig sind und zwei nicht einmal zugelassen waren. Ein solches Produkt kann nur als illegaler Sondermüll bezeichnet werden.“ Wenn Bienen die schädlichen Pestizide über Nektar und Pollen aufnehmen, wird die gewünschte Bienenrettung zur Giftfalle.

Großteil der Jungpflanzen aus dem globalen Süden

Als Verbraucher:in stellt sich bei den erschreckenden Ergebnissen die Frage, wie es sein kann, dass Pflanzen derart pestizidverseucht sind – und so bei uns verkauft werden. Corinna Hölzel hat eine Erklärung: „Der Großteil der Jungpflanzen stammt aus dem globalen Süden, zum Beispiel aus Ländern Afrikas und Lateinamerikas. Dort sind Arbeitskräfte billig, die Gesetzgebung ist oft schwach und hochgefährliche Pestizide sind im Dauereinsatz. Besonders die Arbeiter:innen auf den Plantagen sind dieser Gefahr ausgesetzt.“

So kannst du beim Einkauf giftige Pflanzen vermeiden

Leider lässt sich beim Kauf von Zierpflanzen nicht erkennen, unter welchen Bedingungen sie produziert wurden. Denn es gibt weder Kennzeichnungspflichten noch Grenzwerte. Bis die gefährlichen Pestizide verboten und aus der Produktionskette ausgeschlossen sind, hilft dir dieser Tipp:

  • Kauf am besten Bio-Pflanzen oder Zierpflanzen, bei denen du sicher bist, dass sie in deiner Region gezogen wurden.
  • Pflanze am besten mehrjährige Stauden. Die blühen mehrere Jahre und müssen nicht jedes Jahr aufs Neue gekauft werden.

Corinna Hölzel empfiehlt außerdem Ableger zu tauschen: „Stauden kann man, wenn sie groß genug sind, ausgraben und teilen. Es gibt mittlerweile Pflanzentauschbörsen im Internet und auch auf Märkten, wo Gärtner:innen neue Stauden bekommen können. So lernt man auch Gleichgesinnte kennen und kann sich inhaltlich austauschen.“

Wie belastet sind Jungpflanzen von Tomaten, Gurken & Co.?

Nachdem Zierpflanzen unglaublich pestizidbelastet sind, hat uns interessiert: Wie sieht es bei jungen Gemüsepflanzen wie Tomaten, Paprika, Salat, Gurken & Co. aus? Sind hier Spritzgifte ebenfalls eine Gefahr? Corinna Hölzel kann hier beruhigen: „Beim Gemüse kommt weniger Ware aus dem globalen Süden. Viele Gärtnereien ziehen Gemüsepflanzen komplett hier. Da findet man sicherlich auch Pestizidrückstände. Ich gehe aber davon aus, dass die Rückstände geringer sind und keine nicht zugelassenen Pestizide im Einsatz sind.“ Da Gemüse-Jungpflanzen nicht getestet wurden, handelt es sich hier nur um Vermutungen.

BUND fordert Pestizidverbot

Seit vier Jahren testet der BUND sogenannte bienenfreundliche Pflanzen und führt Gespräche mit der Branche. Die Situation hat sich bislang nicht verbessert. Der BUND fordert: „Eine rechtlich verbindliche Pestizidreduktion auf nationaler und EU-Ebene muss endlich kommen. Ein Verbot von Pestiziden, die besonders gefährlich für Mensch und Umwelt sind, ist überfällig.“

Der BUND fordert von der Bundesregierung mindestens eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030. Besonders gefährliche Pestizide müssen verboten werden und dürfen auch nicht in Länder des globalen Südens exportiert werden.

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