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Shift mu: Das Shift 12 „Tablop“ will das erste faire Tablet-Notebook werden

Shift 12 Tablop Tablet Notebook Detachable von Shiftphones
Bild © Shiftphones

Mit dem Shift mu (ursprünglich: Shift 12) will das hessische Startup-Unternehmen Shiftphones nun ein Tablet mit abnehmbarer Tastatur erst crowdfinanzieren und dann bauen lassen. Wird das „Tablop“ dann auch wirklich ein faires und nachhaltiges Notebook?

Geplant ist das Shift mu als „detachable Notebook“: Ein Hybridgerät, das einerseits ein Tablet-PC, andererseits ein Notebook ist. Anders als bei Tablet-PCs wie dem Microsoft Surface, wo die Tastatur hauchdünn ins Cover integriert ist, ist sie bei Detachables dicker, kann daher auch Anschlüsse aufnehmen und ein Touchpad anbieten. Shiftphones selbst nennt sein neues Gerät etwas eigenwillig ein „Tablop“.

Technische Daten des Shift mu Tastatur-Tablet

Das Herz des Shift mu wird voraussichtlich ein Intel-Kaby-Lake-Prozessor vom Typ Core m3-7Y30 sein. Diese sparsame 2-Kern-CPU wurde erst im Herbst 2016 vorgestellt und integriert eine Grafikeinheit vom Typ Intel HD Graphics 615. Sie kann mit ruhigen 1 GHz stromsparend arbeiten – oder bei Bedarf mit 2,6 GHz auch Gas geben.

Durch die Wahl dieses für mobile Rechner optimierten Prozessors kann Shiftphones beim Shift mu auf Lüfter verzichten und das Gerät rein passiv kühlen.Die Speicherkapazität der internen SSD-Festplatte ist noch offen, es könnten laut Shiftphones 32 oder 64 GByte sein, erweiterbar mit gehäuselosen SSD-Festplatten. Bei der Akkulaufzeit geht Shiftphones derzeit von 8 bis 12 Stunden aus.

Das Multitouch-Display des Shift mu ist mit namensgebenden 12,5 Zoll bei Full-HD-Auflösung geplant. Das Multitouch-Tablet lässt sich sowohl mit den Fingern als auch mit einem drucksensitiven Active Pen verwenden. Über einen Erweiterungsport soll ein externes 4K-Display anschließbar sein.

Als Anschlüsse dienen Typ-C-Buchsen für USB 3.1 (und Thunderbolt 3). Hinzu kommen großzügig kalkulierte 8 GByte Arbeitsspeicher und Komfort-Gadgets wie ein Fingerabdrucksensor und ein drucksensitiver Eingabestift (active pen, etwa als Mausersatz).

Shiftphones Shift 12 Tablop: mit der abnehmbaren Tastatur wird das Tablet zum Notebook
Shift mu Tablop: mit der abnehmbaren Tastatur wird das Tablet zum Notebook (Bild © Shiftphones)

„Wir legen wie bei unseren anderen Produkten besonders großen Wert darauf, dass das Gerät reparierbar und der Speicher je nach Bedarf erweiterbar ist“, erklärt Geschäftsführer Carsten Waldeck. „Das Tablop kann daher leicht geöffnet werden und die Batterie lässt sich austauschen. Es wird zudem auch völlig geräuschlos sein, weil es keinen Lüfter oder bewegliche Teile enthält.

Startdatum Shift mu: dauert noch

Aber Achtung: Diese Daten sind keineswegs in Stein gemeisselt. „Die genauen technischen Daten werden erst jetzt zusammen mit der Cloud ermittelt“, so Carsten Waldeck von Shiftphones auf Anfrage. „Dazu startet ein Statistik-Tool und jeder Supporter darf Feedback geben und sein Lieblings-Gerät mitgestalten. Wir bauen dann den besten Kompromiss. Wenn einem das finale Gerät nicht total gefällt, kann man auch wählen, sein Geld zurück zu erhalten.“ Eine Besonderheit dieses Projektes ist tatsächlich, dass jeder Unterstützer sein komplettes Geld zurück erhalten kann, wenn ihm das Shift12 zur Auslieferung nicht zusagt.

Das Shift mu Tablop wird angesichts der vorläufigen technischen Daten und der Wahl des sehr sparsames Prozessors sicher keine leistungsstarke Spielemaschine. Zu erwarten ist aber ein grundsolides Office-Arbeitsgerät, das Shiftphones offenbar wahlweise mit Windows 10 Home oder Windows 10 Pro ausliefern möchte und das optional auch GNU/Linux betreiben kann.

Als Auslieferungstermin nennt Shiftphones das dritte Quartal 2017, erfahrungsgemäß wird’s dann vielleicht auch erst das vierte Quartal. Crowdfunder können jetzt schon das Shift mu auf Startnext für 888 Euro (limitiert) oder 999 Euro (unbegrenzt) vorbestellen und auf diese Weise finanzieren.

Shift 12 Tablop mit Active-Pen-Eingabestift
Shift 12 als Tablet mit Eingabestift (Bild © Shiftphones)

Als späteren offiziellen Verkaufspreis gibt Shiftphones 1111 Euro an. Zum Vergleich: Ein vergleichbares Edelgerät wie das Windows Surface Pro 4 kostet (mit 256-GByte-SSD) derzeit ca. 1200 Euro, ein deutlich schwächeres, funktional aber prinzipiell ähnliches Odys Winpad ca. 200 Euro. Dazwischen bewegt sich das Spektrum der Konkurrenz.

Ist Shiftphones „Tablop“ nun fair & nachhaltig?

Man darf sich hier keinen Illusionen hingeben: Elektronik nachhaltig herzustellen ist derzeit schwer und Shiftphones noch zu klein, um hier mit seinem Tablop und dessen überschaubaren Verkaufszahlen gegen eine ganze Branche anproduzieren zu können.

Shift 12 Tablop als Windows-Notebook
Shift 12 als Windows-Notebook (Bild © Shiftphones)

Auch Shiftphones geht inzwischen etwas vorsichtiger mit Aussagen um. Im Oktober 2016 versprach die Homepage noch hervorgehoben die Produkteigenschaften „schön“, „fair“ und „nachhaltig“ für alle Geräte (auch Shift 12). Inzwischen sind diese Headlines verschwunden und wurden ersetzt durch „Design“, „Technology“ (in dem ein bisschen die Nachhaltigkeit steckt) und „100% Love“ (in dem die faire Produktion enthalten ist).

Man darf das wohl als verständlichen Wunsch lesen, zwar weiterhin „besser“ produzieren zu wollen, aber dabei bitte nicht an allzu strengen Maßstäben gemessen zu werden.

Nachhaltigkeit beim Shift mu

Ist denn trotzdem noch etwas nachhaltig am Shift mu? Aber ja:

  • Die Akkus sollen beim Shift mu austauschbar sein, sowohl für den Tablet-Teil als auch für den Tastatur-Bereich. Eine Batterielaufzeit von mindestens acht bis zwölf Stunden ist das Ziel.
  • Der Festplattenspeicher soll erweiterbar sein, über zwei SSDs auf insgesamt 2 TByte. Das erhöht die Lebensdauer, denn solche Geräte mustern viele oft nur aus Speichermangel aus.
  • Shiftphones verspricht, dass das Shift mu leicht zu öffnen und leicht zu reparieren sein soll – ein Versprechen, das bei Shift 4 / 5 / 7 prinzipiell gehalten wurde (siehe etwa die Anleitungs-Videos).
  • Shiftphones kümmert sich vergleichsweise gut darum, bei einem Neukauf gebrauchte Geräte zurückzukaufen und anderweitig zu nutzen und so die Gerätenutzungsdauer zu verlängern.

Anfangs wurde das Shift mu noch unter dem Namen Shift 12 und als Gerät mit wahlweise Android oder Windows angekündigt, geblieben ist wegen der Prozessorwahl Windows. Wahrscheinlich ist aber, dass man das Shift mu prinzipiell auch mit Open-Source-Betriebssystemen wie GNU/Linux (Ubuntu, Mint …) samt freier Anwendungen wird betreiben können, abhängig von der Treiberkompatibilität.

Shift 12: vollständiges Windows-Notebook
Shift 12: vollständiges Windows-Notebook (Bild © Shiftphones)

Fairness beim Shift mu

Selbst „Fairphone“ hat in seiner Selbstdarstellung das Thema „faire Produktion“ zugunsten der Produkteigenschaften „Reparierbarkeit“ und „Verwendung konfliktfreier Mineralien“ etwas zurückgefahren. Auch bei Shiftphones ist „Fair“ als stark propagierte Produkteigenschaft aus Überschriften verschwunden. Was ist geblieben?

  • Shiftphones sieht sich selbst als kleinen, hessischen Familienbetrieb mit 7 Mitarbeitern und ohne nennenswerte Einnahmen. Für das Crowdfunding des Shift mu gibt man gar „0% … persönliche Gewinne“ an.
  • Das Konfliktmineral Coltan verarbeitet man nach eigenen Angaben nicht, bei Zinn und Gold sucht man Lösungen.
  • Nach wie vor gibt Shiftphones an: „Faire Löhne und Arbeitszeiten, keine Kinderarbeit sowie gute Arbeitsbedingungen sind für uns selbstverständlich“.
  • Um dies zu gewährleisten, arbeitet man mit ausdrücklich mit kleinen chinesischen Unternehmen sowie mit dem durchaus namhaften CSR-Gutachter Taos Network

Als Beleg soll der Shift-Report 2016 dienen, der hier als PDF heruntergeladen werden kann. Der ist schon ganz informativ, irritierend finden wir nur, dass das man mit Bildmaterial von „FairLötet“ (faires Zinn) und Fairtrade-Gold schmückt, obwohl der Text bislang nur davon spricht, beides in „zukünftigen Produktionen“ nutzen zu wollen.

Ist das Shift 12 / Shift mu das erste faire Notebook?

Geht man von bisherigen Geräten von Shiftphones aus, darf man sich technisch vom Shift mu keine Revolution erwarten, dafür aber ein grundsolides Arbeitstier mit einem gelungenen Design. Doch auf das „erste faire Notebook“ werden wir wohl noch ein wenig warten müssen. Das heißt aber nicht, dass das Shift mu in dieser Sache nicht eine höchst spannende Alternative sein wird: Man kann und sollte Shiftphones weiterhin kritisieren, weil noch nicht alles perfekt ist; doch zugleich muss uns allen klar sein, dass man entweder mit dem Kauf eines Shift mu eine kleine Gruppe von Enthusiasten unterstützt – oder „irgendein“ Notebook bei einem viel größeren Hersteller kauft, über dessen Bemühungen in Sachen Fairness und Nachhaltigkeit dann oft weniger (meist: gar nichts) bekannt ist.

Gewiß fair ist aber: Wem das Notebook von Shiftphones nicht gefällt, der erhält nach dem Crowdfunding sein Geld zurück.

Planungen, Technologie-Partnerschaften und das Industrial Design für Shift12 sind bereits abgeschlossen. Nächster Projektschritt sind Entwicklung von Mainboard und Software, mechanisches Design, Tooling und Produktionsvorbereitungen. Aktuell können sich Unterstützer noch mit ihren Ideen und Anforderungen an ein solches Gerät einbringen. Aktuell besteht für die Supporter im Rahmen des Crowd-Developments die Möglichkeit, an einer Abstimmung über weitere Produkt-Features teilzunehmen. Das Crowdfunding wurde bis 3.3.2017 verlängert.

Wer sich selbst von den Machern überzeugen lassen will, kann sie sich hier ansehen:

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