Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung haben zum Ziel, den Verkehr in bestimmten Bereichen zu verlagern und zu verlangsamen. Dafür sprechen viele gute Gründe.
Sie sind laut, erzeugen Abgase, verstopfen die Straßen und nehmen den Menschen rare Freiflächen in der Stadt weg: All dies sind bekannte Probleme von Autos und trotzdem war die Pkw-Dichte in Deutschland 2022 so hoch wie nie. Ein Weg, wie Städte versuchen, die negativen Konsequenzen des Autoverkehrs abzumildern, ist die Verkehrsberuhigung. Sie umfasst Maßnahmen und Strategien, die darauf abzielen, den Verkehr in bestimmten Bereichen zu verlagern oder zu verlangsamen, die Verkehrssicherheit zu verbessern und die Lebensqualität für Anwohner:innen zu erhöhen.
Gründe für die Verkehrsberuhigung
Dass es heute so viele Autos in Städten gibt, ist auf das in den 1960er Jahren entwickelte Leitbild der „autogerechten Stadt“ zurückzuführen, das den Individualverkehr allen anderen Mobilitätsformen überordnete. Notwendig war das, weil man den Städtebau über mehrere Jahrzehnte hinweg an der Charta von Athen ausgerichtet hatte. Diese sah die Trennung städtischer Funktionen vor: Wohn-, Arbeits- und Erholungsbereiche wurden entflochten und durch Verkehrsachsen miteinander verbunden. Die Auswirkungen dieses Ansatzes sind bis heute zu spüren: Wachsende Verkehrsmengen in der Stadt, hohe Luftverschmutzung und Lärmbelästigung sowie Platzverschwendung durch Autos.
Für eine Verkehrsberuhigung gibt es also viele gute Gründe:
- Lärmbelastung: Rund drei Viertel der deutschen Bevölkerung fühlen sich durch Straßenverkehrslärm gestört oder belästigt. Insbesondere in Wohngebieten kann der Verkehrslärm eine erhebliche Belastung für die Anwohner:innen darstellen. Verkehrsberuhigungsmaßnahmen können dazu beitragen, den Lärmpegel zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern.
- Luftqualität: Durch die Verringerung des Verkehrsaufkommens und die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel wie dem Fahrrad und dem öffentlichem Nahverkehr kann Verkehrsberuhigung zur Verbesserung der Luftqualität beitragen. Dies ist insbesondere in städtischen Gebieten wichtig, in denen die Luftverschmutzung ein ernstes Problem darstellt.
- Förderung von nachhaltiger Mobilität: Verkehrsberuhigung kann dazu beitragen, den Anteil des motorisierten Individualverkehrs zugunsten nachhaltigerer Verkehrsmittel zu verringern. Durch die Schaffung von sicheren und attraktiven Bedingungen für den Fußgänger:innen und den Fahrradverkehr sowie den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs können Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung die Nutzung umweltfreundlicherer Transportoptionen fördern.
- Verbesserung des Stadtbildes und der Aufenthaltsqualität: Verkehrsberuhigung schafft mehr Platz für andere Nutzungsmöglichkeiten. Durch die Gestaltung von verkehrsberuhigten Bereichen mit breiteren Gehwegen, mehr Begrünung und reduziertem Autoverkehr kann das städtische Umfeld attraktiver und vielseitiger werden. Es entstehen Freiflächen, die Anwohner:innen zum Beispiel zur Entspannung oder zum Spielen zur Verfügung stehen. Dies kann die Lebensqualität erhöhen.
- Sicherheit: Verkehrsberuhigung kann dazu beitragen, die Sicherheit für Fußgänger:innen, Radfahrer:innen und andere Verkehrsteilnehmer:innen zu verbessern – beziehungsweise deren subjektives Sicherheitsgefühl. Tatsächlich kann dieses in verkehrsberuhigten Straßen laut einer Studie jedoch trügerisch sein, da sich viele Autos dort trotzdem nicht an den Mindestabstand beim Überholen anderer Verkehrsteilnehmenden halten. Dennoch können eine reduzierte Geschwindigkeit und sichere Verkehrsumgebungen die Schwere von Unfällen und Verletzungen verringern.
Verkehrsberuhigung: Maßnahmen
Die Verkehrsberuhigung in Deutschland basiert auf den Grundsätzen der StVO (Straßenverkehrsordnung) sowie auf kommunalen Verkehrsplanungen und Verkehrskonzepten. Es gibt keine allgemein gültige Definition für Verkehrsberuhigung, da die konkreten Maßnahmen und Strategien je nach Standort und Bedarf variieren können. Unter Verkehrsberuhigung fallen daher verschiedene straßenverkehrsrechtliche und bauliche Maßnahmen, die zum Ziel haben, den Verkehr in einem Quartier zu reduzieren und zu verlangsamen.
Typische Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung sind unter anderem:
- Verkehrsberuhigte Bereiche: Anders als in einer Spielstraße sind Autos in einem verkehrsberuhigten Bereich erlaubt. Es ist allerdings gesetzlich festgesetzt, dass sie dort nur Schrittgeschwindigkeit fahren und nicht überall parken dürfen.
- Geschwindigkeitsbegrenzungen: Insbesondere in Wohngebieten gibt es Zonen mit einem Tempolimit von 30 km/h.
- Verkehrsinseln und Verengungen: Verkehrsinseln, Verengungen, sogenannte Aufpflasterungen sowie Schwellen dienen dazu, den Verkehrsfluss zu verlangsamen und die Aufmerksamkeit der Fahrer:innen zu erhöhen.
- Infrastruktur für Rad- und Fußverkehr: Radwege, Fußgänger:innenzonen und Fußgänger:innenüberwege werden ausgebaut, um die Sicherheit und den Komfort für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmende zu verbessern.
- Verkehrsführung und Beschilderung: Eine klare und eindeutige Verkehrsführung sowie eine angemessene Beschilderung lenken den Verkehrsfluss und helfen so, Konflikte zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmer:innen zu reduzieren.
Was bringt die Verkehrsberuhigung?
Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung tragen nicht nur dazu bei, die Lärm- und Schadstoffbelastung zu reduzieren, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und die Lebensqualität zu steigern. Sie können auch das Verkehrsbewusstsein verändern. Ein Fokus auf nachhaltige Verkehrsmittel und verantwortungsbewusstes Verhalten kann die Einstellungen und Gewohnheiten der Verkehrsteilnehmer:innen langfristig positiv beeinflussen. Dies ist ein wichtiger Schritt für die Akzeptanz und Integration nachhaltiger Mobilitätslösungen im Rahmen der Verkehrswende.
Besonders der Punkt der Akzeptanz ist von Bedeutung für die Mitwirkung aller Verkehrsteilnehmenden an der Verkehrswende. Verkehrsberuhigende Maßnahmen stellen einen Kompromiss dar, mit dem sich viele anfreunden könnten: Sie fördern eine umweltfreundlichere Mobilität, ohne Autos komplett verbieten zu müssen. So wird die Verkehrswende auch inklusiver, denn einige Menschen können zum Beispiel aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen nicht auf Autos verzichten.
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