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„Völlige Verunsicherung“: Was passiert, wenn das Heizungsgesetz nach der Wahl kippt?

Was, wenn das Heizungsgesetz kippt?
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash.com – Denny Müller

Im Wahlkampf zeichnet sich ab, dass das mühsam durchgesetzte Heizungsgesetz und die Heizungsförderung kippen könnten. Zuletzt sicherten sich deshalb auffällig viele Haushalte noch Fördergelder. Doch ist es wirklich so einfach? Welche Folgen hätte ein GEG-Ende? Und was sollte man jetzt tun, wenn man den Umstieg auf eine Wärmepumpe plant?

Als Oppositionspartei hat die Union einiges dazu beigetragen, dass um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) heftig gestritten wurde und es letztlich im Januar 2024 in deutlich abgeschwächter Form in Kraft trat. Es kommt daher nicht überraschend, dass im Wahlkampf Unionspolitiker ankündigten, das Heizungsgesetz wieder abschaffen zu wollen.

Bereits Ende November etwa sagte CDU-Politiker Jens Spahn auf dem „Forum Wärmepumpe“, seine Partei wolle bei einem Wahlsieg nicht nur Teile des Gesetzes rückgängig machen, sondern auch die damit verknüpfte Förderung für neue Heizungen mittelfristig abschaffen. In der Branche stoßen die Pläne weitgehend auf Unverständnis, sie verhindern Planungssicherheit für Unternehmen und Haushalte.

„Wer glaubt, dass Deutschland mit einer Renaissance von Atomkraftwerken, Verbrennerautos oder Ölheizungen zu alter Stärke zurückfindet, der verschließt die Augen vor der Realität, der sich deutsche Unternehmen längst tagtäglich stellen“, stellte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) Claus Fest auf der Veranstaltung klar.

Ölheizungen statt Wärmepumpen – wäre das tatsächlich die Konsequenz aus der Abschaffung des Heizungsgesetzes? Aktuelle Zahlen zeigen jedenfalls, dass im Dezember auffällig viele Haushalte noch schnell Fördergelder für Wärmepumpen beantragt haben, vermutlich aus Sorge um ein baldiges Ende des Förderungprogramms.

Was würde das Ende des Heizungsgesetzes bedeuten?

👉 Das Gebäudeenergiegesetz in seiner jetzigen Form sieht vor, dass neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen – in Bestandsbauten aber erst, wenn die Städte ihre kommunale Wärmeplanung abgeschlossen haben. Das soll Mitte 2026 oder Mitte 2028 der Fall sein.

Unterm Strich sollen ab spätestens 2029 nur noch Wärmepumpen, Fernwärme, Holzheizungen, Solarthermie, Strom-Direktheizungen und Biogas- oder Wasserstoffheizungen neu eingebaut werden. Funktionierende alte Heizungen dürfen aber mit Auflagen erstmal weiterlaufen. Ab 2045 soll nur noch klimaneutral geheizt werden, auch alte Gas- und Ölheizungen sollen also bis dahin ausgetauscht sein. Für den Heizungstausch gibt es (noch) hohe Förderungen, insbesondere für Haushalte, die noch vor 2028 von alten Öl- oder Gasheizungen umsteigen.

Und wenn das Gebäudeenergiegesetz abgeschafft würde? Rein theoretisch könnten ohne die Vorgaben des Gesetzes weiterhin unbeschränkt Gas- und Ölheizungen eingebaut werden. Heizungen also, die langfristig fossile Energieträger nutzen und die langfristig das Klima schädigen. Mit den deutschen Klimazielen wäre das aber nicht vereinbar. Und die basieren auf einem Verfassungsgerichtsurteil und EU-Richtlinien.

„Das Gebäudeenergiegesetz kann nicht abgeschafft werden“

Dass das GEG überhaupt „zurückgenommen“ werden kann, wie Unionspolitiker ankündigten, ist also höchst unwahrscheinlich. Zwar handelt es sich um ein nationales Gesetz, doch Deutschland ist bekanntlich Teil der EU und an deren Vorgaben gebunden.

„Das Gebäudeenergiegesetz […] kann gar nicht abgeschafft werden“, sagte Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Heizung, Sanitär, Klima (ZVSHK) im Herbst in einer Mitteilung. „Es basiert in wesentlichen Teilen auf Europäischen Vorgaben.“

Wärmepumpen sind schon heute für viele Einfamilenhäuser die effizienteste Lösung.
Wärmepumpen sind heute für viele Häuser die klimafreundlichste Lösung – daran wird auch ein reformiertes Heizungsgesetz kaum etwas ändern. (Foto: © Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V., Vaillant)

👉 Wahrscheinlicher ist, dass das GEG reformiert und in Details verändert wird. Strittig sind vor allem bestimmte Paragraphen, etwa zur 65-Prozent-Regel. „Das Ziel klimaneutral im Gebäude zu werden, bleibt“, so Bramann. Denn dieses Ziel ist per EU-Richtlinie festgeschrieben und soll 2050 erreicht werden.

Entsprechend vage äußerte sich CDU-Chef Friedrich Merz etwa in der ARD-Talksendung „Maischberger“: Man wolle vor allem neue Übergangsfristen und mehr „Technologieoffenheit“ bei klaren Emissions-Grenzwerten. Auch ein überarbeitetes Heizungsgesetz werde aber „das Aus für Öl- und Gasheizungen bedeuten“, in „einer überschaubaren Zeit.“ Wobei der Zeitraum im Prinzip von der EU vorgegeben ist, siehe oben.

Bislang kein ernsthafter Gegenentwurf

Über die schwammige „Technologieoffenheit“ hinaus ist bislang unklar, wie eine Alternative zum aktuellen Heizungsgesetzes aussehen könnte. Gut möglich, dass man unter diesem Deckmantel länger bei Gas- und Ölheizungen bleiben will – und diese irgendwann mit „grünem“ Gas oder „grünem“ Öl betreiben. Letzteres hat CDU-Politiker Jens Spahn bereits explizit genannt.

Dass „grünes“ Gas (also Biomethan oder Wasserstoff) nicht in ausreichender Menge und bezahlbar zur Verfügung stehen wird, um in großem Maßstab deutsche Gebäude zu beheizen, ist längst Konsens. Ähnlich ist es beim angeblich „grünen“ Öl, dem entweder ein kleiner Anteil Öl aus regenerativen Quellen beigemischt wird oder das aufwändig synthetisch erzeugt wird.

👉 Ein ernstzunehmendes Gegenangebot der GEG-Kritiker:innen – also eine Strategie oder Technologie, die den Gebäudesektor im vorgegebenen Zeitraum klimaneutral machen könnte – fehlt bislang.

„Völlige Verunsicherung“: Erneutes Rangeln um das Heizungsgesetz könnte der Wirtschaft schaden

Ob die Wirtschaft, um die es im Wahlkampf so oft geht, sich wirklich freut, wenn man erneut am Heizungsgesetz schraubt, ist zweifelhaft: Immerhin hat man sich inzwischen auf die Vorgaben eingestellt. Der häufig zitierten Planungssicherheit wäre es kaum zuträglich, die nun wieder zurückzunehmen – und dem Vertrauen in die Politik schon gar nicht. „Aus unserer Sicht wäre das ein fatales Signal“ sagt Thomas Zwingmann, Leiter der Gruppe Energie und Klima bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Er warnt vor „völliger Verunsicherung am Markt.“

Fachleute befürchten, dass die wichtige Heizungsbranche zumindest eine Stück weit einbrechen könnte: Wärmepumpen wären ohne staatliche Förderung für viele Haushalte zu teuer – und wer möchte überhaupt die Heizung austauschen, wenn es nicht sein muss?

„Kostenfalle“: Gas- und Ölheizungen werden sowieso teurer

Auch die Finanzen vieler Haushalte könnten unter einer Reform des GEG leiden und zwar sowohl kurz- als auch langfristig: Die nun auf der Kippe stehende Förderung sieht – je nach Zeitpunkt des Heizungstausches, Heizungsmodell und Einkommen – vor, dass der Staat zwischen 30 und 70 Prozent der Investitionskosten für eine klimafreundlichere Heizung trägt. Nur so ist die Umstellung auf Wärmepumpen für viele Haushalte überhaupt finanzierbar.

Die Union möchte nach Bekunden von Jens Spahn stattdessen auf den steigenden CO2-Preis als Anreiz für den Heizungstausch setzen. „Das lässt die Leute in eine Kostenfalle laufen,“ kritisiert der Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) Martin Sabel gegenüber Table.Briefings. Ein gemeinsames Paper des Paritätischen und des Öko-Instituts warnt: Damit der CO2-Preis allein dieselbe Klimawirkung hätte wie das Heizungsgesetz, müsste er auf 524 Euro pro Tonne CO2 ansteigen – was fast eine Verdopplung des Gaspreises zur Folge hätte.

Hybridheizung aus Gas und Wärmepumpe: Lohnt sich das?
Die Heizkosten für Gasheizungen werden in den kommenden Jahren dank CO2-Preis definitiv steigen – die Wärmepumpe wird so im Betrieb schnell wirtschaftlicher. (Fotos: © stock.adobe.com – Olga, © Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP) / Max. Weishaupt GmbH)

Sowieso müssen Eigentümer:innen, die jetzt noch neue Gas- oder Ölheizungen einbauen, mittelfristig mit hohen Kosten für den Betrieb rechnen. Der steigende CO2-Preis wird diese Brennstoffe in den kommenden Jahren deutlich teurer machen. Der CO2-Preis wird ab 2027 frei am Markt für europäische Emissionszertifikate gebildet und vermutlich sprunghaft ansteigen. Manche Fachleute gehen dann von 100 bis 300 Euro pro Tonne CO2 aus. 2025 liegt er bei 55 Euro pro Tonne.  

Niedrige Strompreise statt staatlicher Förderung?

Allein schon, um die Haushalte davor zu schützen, wäre es sinnvoll, sie beim Umstieg auf klimafreundlichere und langfristig günstigere Heizformen zu unterstützen. „Der alleinige Verweis auf den europäischen Emissionshandel wird da nicht reichen“, sagt Dr. Björn Schreinermacher, Leiter Politik beim BWP gegenüber Utopia.

„Ein stimmiges Konzept setzt Maßnahmen bei den Energiekosten, bei der Förderung und im Gebäudeenergiegesetz voraus.“

Dr. Björn Schreinermacher, Leiter Politik beim BWP

Der Experte schlägt vor, eine Kürzung bei der Förderung durch einen niedrigeren Strompreis zu kompensieren. Sprich: Die Anschaffung von Wärmepumpen und anderen klimafreundlichen Heizungen könnte für Hausbesitzer:innen zwar teurer werden, der Betrieb aber günstiger. Der Strompreis dürfte Expert:innen zufolge maximal 2,5-mal so hoch sein wie der Gaspreis, damit Wärmepumpen ohne Förderung wirtschaftlich sind. Tatsächlich wollen die meisten Partein niedrigere Strompreise.

Das wäre tatsächlich ein großer Anreiz: Für Gaskund:innen werden die Netzentgelte pro Haushalt immer höher, je mehr Haushalte sich aus diesen Netzen verabschieden. Und auch, wenn perspektivisch Wasserstoff zum Erdgas gemischt wird, wird es erstmal teurer.

👉 Einerseits sieht es also so aus, als würde an der Wärmepumpe für viele Haushalte mittelfristig sowieso kein vernünftiger Weg vorbei führen – selbst, wenn sich Anreize und Fristen mit dem GEG unter einer neuer Regierung ändern. Laut einer Umfrage heizen längst nicht nur „grüne“, sondern auch konservative Haushalte mit Wärmepumpe, weil sie damit Heizkosten sparen können.

Andererseits: Ob die Aussicht auf langfristig günstige Betriebskosten reicht, um genügend Bürger:innen davon zu überzeugen, 30.000 Euro in eine neue Wärmepumpe zu investieren – anstatt wie bisher 13.500 Euro abzüglich Förderung?

„Die Entwicklung wird sich nicht zurückdrehen lassen“

Energieexperte Zwingmann von der Verbraucherzentrale NRW ist optimistisch, dass sich der Trend zur Wärmepumpe fortsetzen wird, auch wenn politische Signale diesen nicht stützen. „Es spricht sich herum, dass das eine gute Heizmöglichkeit ist und dass sie sich für sehr viele Gebäude eignet.“ Je mehr (gute) Erfahrungen die Installationsbetriebe damit machen, desto effizienter werde der Einbau.

„Die Entwicklung wird sich nicht zurückdrehen lassen.“

Thomas Zwingmann, Leiter der Gruppe Energie und Klima bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Wärmepumpe
„Die Entwicklung wird sich nicht zurückdrehen lassen“: Erneuerbare-Energien-Heizungen wie die Wärmepumpe sind die Zukunft. (Foto: Colourbox.de / Tomasz Zajda Virrage Images Inc)

👉 Man könnte also sagen: Egal, wie das Gebäudeenergiegesetz künftig ausgestaltet wird, sorgen müssen sich mittelfristig vor allem diejenigen Verbraucher:innen, die bei Gas und Öl bleiben und zukünftig mit steigenden Preisen rechnen müssen.

Kurzfristig drohen aber auch die Haushalte zu verlieren, die eine Wärmepumpe oder Pelletheizung einbauen möchten. Sie müssen durch reduzierte Förderungen mit höheren Anschaffungskosten rechnen.

Wer kann, sichert sich am besten jetzt noch Fördermittel

Gegenüber dem Spiegel äußerte zwar eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums, die vorhandenen Fördermittel seien „auskömmlich“. Das gilt aber nur so lange, bis eine neue Haushaltsplanung steht.

Im Dezember 2024 und Januar 2025 haben deutlich mehr Menschen einen Förderantrag für Wärmepumpen gestellt als im Rest des Jahres 2024 – vermutlich auch aus Sorge um ein baldiges Ende der Förderung. Wer aktuell vor der Entscheidung für eine neue Heizung steht, sollte tatsächlich möglichst schnell sein, um sicher von der derzeitigen staatlichen Förderung zu profitieren.

Dennoch warnt Energieexperte Zwingmann von der Verbraucherzentrale NRW: Bei Wärmepumpen ist es wichtig, dass sie genauestens geplant und korrekt eingebaut und eingestellt werden. „Von einer Wärmepumpe, die nicht vernünftig eingebaut ist, hat man nicht viel.“

👉 Fachleute vermuten, dass die Förderbedingungen zumindest dieses Jahr noch stabil bleben werden. Zwingmann rät: Wer weiß, dass sowieso ein Heizungstausch ansteht, sollte die Planung jetzt starten – aber sorgfältig und in Ruhe. Und im Idealfall dennoch zügig genug, dass man die aktuelle Förderung noch mitnehmen kann.

Zusatztipp der Redaktion: Es kann schwierig sein, einen Fachbetrieb für die Installation einer Wärmepumpe im Umkreis zu finden. Dann können Portale wie Aroundhome oder Heizungsfinder sinnvoll sein. Dort bekommst du unverbindliche Angebote von verschiedenen Installationsbetrieben in deiner Nähe.

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