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Waldorfpädagogik – Hintergründe zu dem alternativen Schulkonzept

Waldorfpädagogik
Foto: CC0 / Pixabay / klimkin

Um die Waldorfpädagogik ranken sich viele Mythen und Vorurteile. Wir klären dich auf über die wirklichen Prinzipien der Waldorfschule und wie sich diese von anderen Schulsystemen unterscheiden.

Geschichte der Waldorfpädagogik

Die erste Waldorfschule wurde im Jahr 1919 von Rudolf Steiner und Emil Molt in Stuttgart gegründet. Emil Molt war Besitzer der „Waldorf Astoria Zigarettenfabrik“ und bat Rudolf Steiner, eine Schule für die Kinder seiner Fabrik-Angestellten aufzubauen. Diese Schule wurde schließlich nach der Fabrik benannt und gilt historisch als die erste Gesamtschule Deutschlands: Erstmals wurden Kinder mit verschiedenen sozialen Hintergründen und unterschiedlicher Begabung und Berufszielen gemeinsam unterrichtet.

Die Grundlage der Waldorfpädagogik bildet die durch Steiner begründete Anthroposophie. Dieser Begriff kommt aus dem Altgriechischen und lässt sich in etwa mit „Weisheit vom Menschen“ übersetzen. Die Anthroposophie kann als eine Philosophie bezeichnet werden, deren Ziel es ist, dem Menschen einen Zugang zu einer übersinnlichen Welt zu ermöglichen.

Die anthroposophischen Prinzipien sind selbst kein Lehrgegenstand, wirken sich aber maßgeblich auf die Gestaltung des Unterrichts und Schulalltags aus. Die Seelenfähigkeiten des Menschen werden in Denken, Fühlen und Wollen eingeteilt. Die Aufgabe der Waldorfpädagogik ist es, alle drei Fähigkeiten gleichermaßen zu schätzen und zu schulen. Essentiell für die Waldorfpädagogik ist die Einteilung der individuellen, menschlichen Entwicklung in Jahrsiebten. An ihr orientiert sich der Lernplan von Waldorfschulen.

Waldorfpädagogik: Grundkonzept und Prinzipien

Der Lehrplan der Waldorfschulen richtet sich nach der jeweiligen Entwicklungsstufe der Schüler.
Der Lehrplan der Waldorfschulen richtet sich nach der jeweiligen Entwicklungsstufe der Schüler.
(Foto: CC0 / Pixabay / picjumbo_com)

Die Basis der Waldorfpädagogik bildet der Anspruch, jeden Schüler nach seinen individuellen Bedürfnissen und Voraussetzungen zu fördern. Dabei strebt man jedoch nicht nach möglichst homogenen Klassen, sondern unterrichtet in einer vielfältigen und stabilen Klassengemeinschaft, die aus Schülern unterschiedlicher Begabung besteht. Die Schüler lernen dadurch in einem gegenseitigen Miteinander und lösen Probleme und Aufgaben gemeinsam.

Somit stellt die Waldorfpädagogik, die sich selbst als „Pädagogik der Förderung“ versteht, eine Alternative zum staatlichen Schulsystem dar, das vor allem nach den Regeln der Auslese funktioniert.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Waldorfschulen auszeichnet, ist das Verbinden von „Kopf, Hand und Herz“, das sich auf die Gliederung in „Denken, Wollen und Fühlen“ bezieht. Nach dieser Theorie werden im Unterricht sowohl intellektuelle, als auch praktische und kreative Fähigkeiten geschult. Somit werden die Schüler nicht nur in den üblichen Schulfächern wie Deutsch, Mathematik oder den Naturwissenschaften ausgebildet, sondern erlernen gleichermaßen handwerkliche Fähigkeiten im Handarbeits- und Werkunterricht und können sich beim gemeinsamen Musizieren, Malen und Einüben eines Theaterstücks künstlerisch ausleben.

Weitere Prinzipien, die die Waldorfpädagogik charakterisieren, sind z.B.:

  • kein Sitzenbleiben: Alle Schüler lernen innerhalb einer Klasse mit- und voneinander. Individuelle Schwächen und Stärken werden respektiert, sodass sich kein Kind zurückgelassen fühlt. Außerdem werden bis zum 9. Schuljahr keine Noten vergeben.
  • Unterricht in zwei Fremdsprachen: Bereits ab der 1. Klasse erhalten die Schüler meist Unterricht in Englisch und einer weiteren Sprache, wie Französisch oder Russisch.
  • Eurythmie: Die antroposophische Bewegungskunst ist ein fester Bestandteil des Lehrplans.
  • Epochenunterricht: In einigen Fächern, wie Deutsch, Mathematik oder Geschichte lernen die Schüler in Epochen. Dabei wird über einen gewissen Zeitraum (meistens drei bis vier Wochen) im Hauptunterricht jeden Tag dasselbe Fach unterrichtet. Die Schüler sollen sich dadurch besser auf ein Thema einstellen und konzentrieren können.

Waldorfpädagogik heute – Entwicklung zur modernen Waldorfschule

Die Nutzung von Handys im Schulalltag wird kritisch bewertet und ist an vielen Waldorfschulen für Lehrer und Schüler verboten.
Die Nutzung von Handys im Schulalltag wird kritisch bewertet und ist an vielen Waldorfschulen für Lehrer und Schüler verboten.
(Foto: CC0 / Pixabay / Pexels)

Ab den 1950er Jahren entstanden Waldorfschulen auch in anderen Ländern. Mittlerweile gibt es weltweit über 1.100 Waldorfschulen, von denen sich der Großteil in Europa befindet. Doch auch auf anderen Kontinenten hat sich die Waldorf-Bewegung etabliert.

Seit der Gründung der ersten Waldorfschule sind gesellschaftliche und technische Veränderungen eingetreten, die bei der Gestaltung des Schullalltags berücksichtigt werden müssen. So wurde auch in Waldorfschulen die Ganztagsbetreuung eingeführt, bei der die Grundsätze der Waldorfpädagogik auch nach Schulschluss beibehalten werden.

Die Digitalisierung an Schulen und die damit verknüpfte Einführung von Tablets, Laptops und Whiteboards wird von den meisten Vertretern der Waldorfpädagogik eher kritisch gesehen. Besonders in der Unterstufe wird viel Wert auf das Schreiben und Skizzieren per Hand gelegt und sogar weitestgehend auf Lehrbücher verzichtet. Die Schüler sollen lernen, sich ihr eigenes Schreibheft möglichst ansprechend und ordentlich zu gestalten.

An vielen Waldorfschulen will man Kinder und Jugendliche außerdem in vollem Maße über Vor- und Nachteile der Nutzung von Smartphones und Tablets aufklären, um einen verantwortungsbewussten Umgang zu fördern.

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