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Was steckt hinter den Produkten von More Nutrition?

More Nutrition
Foto © utopia

Morgens ein bisschen Chunky Flavour in den Joghurt, mittags eine Protein Pizza und dann ein Protein Iced Coffee mit Hazelnut Crispy Cream Geschmack: Auf Social Media erleben die „More“-Produkte einen Hype. Doch was steckt hinter den Nahrungsergänzungsmitteln von More Nutrition?

More Nutrition ist eine Marke für gesunde, zuckerreduzierte Ernährungsprodukte und Nahrungsergänzungsmittel, so schreibt es das Unternehmen The Quality Group, das hinter der Marke steht. Doch was steckt wirklich in den Produkten? Warum gibt es Kritik? Und für wen sind die Produkte geeignet?

More-Nutrition-Hype bei Influencer:innen

Auf Instagram gibt es einen Hype um die Produkte von More Nutrition: Diverse Influencer:innen empfehlen Chunky Flavour, More Protein Cookie Dough, Zerup, Curcu-More und viele weitere Produkte der Marke. Die Influencer:innen berichten von positiven Effekten bei Heißhunger, beim Abnehmen, beim Muskelaufbau, bei chronischen Darmerkrankungen und sogar beim schwanger werden.

Wer die gleichen Effekte spüren und Teil der More-Community werden will, braucht einfach nur die More-Produkte kaufen, suggerieren die Posts. Laut dem Onlinemagazin MedWatch, das sich kritisch mit Werbung zu medizinischen Themen auseinandersetzt, arbeitet More mit über 100 Influencer:innen zusammen. Diese haben eine enge Beziehung zu ihren Follower:innen: Durch das Teilen von Alltag und Erfahrungen wird Vertrauen hergestellt. Teils wird die Community mit Rabattcodes animiert, die Produkte von More zu kaufen.

Und das Marketing mit Influencer:innen funktioniert gut: Laut „Northdata“ machte The Quality Group im Jahr 2021 einen Gewinn von über 40 Millionen Euro. Im Jahr 2022 lag der Gewinn demnach bei 28 Millionen.

Doch was genau sind More-Produkte eigentlich? Und welche Inhaltsstoffe stecken in den Produkten?

Die More-Produktpalette

Bei More gibt es diverse Produkte, die beim Abnehmen helfen, den Körper mit Nährstoffen unterstützen und für eine ausreichende Proteinversorgung sorgen und dabei auch noch gut schmecken sollen:

  • Chunky Flavour: Geschmackspulver zum Kalorien- und Zuckersparen in den unterschiedlichsten Geschmackssorten (Butter Biscuit, Salted Caramel, White Almond Coconut,…)
  • Diverse Proteinprodukte: Wraps, Pizza, Porridge, Milchreis, Grießpudding, Chips, Kaffee, Limonade, Proteinpulver und Proteinriegel
  • Nahrungsergänzungsmittel wie More Glow (für strahlende Haut), Crave No More (Support gegen Heißhunger) oder Cycle Balance (Support für die weibliche Hormonbalance)
  • Getränkesirup, Gewürzmischungen, Marmelade und viele weitere Produkte

Die Marke schreibt auf ihrer Website, bei More-Produkten gehe es um Genuss ohne Kompromisse:

„Unsere kalorienreduzierten und nährwertoptimierten Produkte unterstützen dich auf deinem Weg zu einem gesünderen, genussvollen Leben. Fühle dich dank More endlich wohl in deinem Körper!

More

Grundsätzlich ist das ein guter Ansatz, schließlich leiden in Deutschland laut Robert Koch Institut (RKI) rund 46,6% der Frauen und 60,5% der Männer an Übergewicht. Doch helfen More-Produkte tatsächlich beim Abnehmen?

Was steckt in den More-Produkten?

Schaut man sich die Inhaltsstoffe der Produkte an, findet man Proteine, Süßungsmittel, Konservierungsstoffe, Aromen, Farb- und Zusatzstoffe. Es handelt sich bei den Produkten um hochverarbeitete Lebensmittel.

Proteine in Produkten von More Nutrition

Viele der More-Produkte enthalten explizit eine große Menge an Proteinen. Denn More empfiehlt neben der Reduktion von Kalorien und Zucker eine erhöhte Zufuhr von Proteinen, um abzunehmen: 2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Das Unternehmen beruft sich dabei unter anderem auf Aussagen des kanadisch-amerikanischen Arztes Peter Attia.

Die offiziellen Empfehlungen von Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Weltgesundheitsorganisation WHO lauten hingegen: 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Für Kinder, ältere Menschen, Schwangere und Sportler:innen wird eine höhere Proteinzufuhr empfohlen.

Zwar sieht die DGE einen Zusammenhang zwischen einer hohen Proteinzufuhr und einer größeren Gewichtsabnahme, allerdings scheint sich dieser Effekt nach drei bis sechs Monaten zu verringern, beziehungsweise aufzulösen. Bis klare Empfehlungen ausgesprochen werden können, sieht die DGE hier weiteren Forschungsbedarf.

Übrigens: Wie die Nationale Verzehrstudie zeigt, sind die meisten Menschen in Deutschland sogar mehr als ausreichend mit Proteinen versorgt – und das sogar ohne extra Proteinprodukte.

Das steckt im Chunky Flavour

Das Format Besseresser vom ZDF hat sich das „Chunky Flavour“ genauer angeschaut. Das Produkt ist ein Geschmackspulver, das Zucker und Kalorien einsparen soll. Eine Portion (3 Gramm) hat die Süßkraft von 50 Gramm Zucker und soll 200 Kilokalorien sparen. Man kann es vielseitig einsetzen: Im Quark, Joghurt, Müsli oder Porridge pimpt es den Geschmack auf und sogar beim Backen von Kuchen und Co. soll das Chunky Flavour den Zucker ersetzen.

  • Bei Chunky Flavour steht an erster Stelle auf der Zutatenliste Inulin. Inulin ist ein natürlicher Ballaststoff, der gerne in der Lebensmittelindustrie verwendet wird, weil er ein gutes Mundgefühl gibt und süß schmeckt. Bei empfindlichen Menschen können allerdings bereits geringe Mengen zu Blähungen und Durchfall führen.
  • Es folgen – je nach Geschmacksrichtung – Fruchtpulver und -stückchen, Keks- und Schokostückchen, Aroma, Salz, färbende Lebensmittel, Süßungsmittel wie Succralose und Steviolglykoside, Trennmittel und Laktase.
More Nutrition Chunky Flavor
More Nutrition Chunky Flavor: Geschmackspulver zum Kalorien- und Zuckersparen (Foto © utopia)

Eine Portion der Geschmacksrichtung Strawberry Perfection (7 Kilokalorien auf 3 Gramm) süßt 300 Gramm Natur-Joghurt (69 Kilokalorien auf 100g); man kommt damit auf 214 Kilokalorien. Im Vergleich dazu hat etwa ein beliebter Erdbeerjoghurt 282 Kalorien. Man spart also 68 Kilokalorien. Um die versprochenen 200 Kilokalorien einzusparen, müsste man also eine mehr als doppelt so große Portion Natur-Joghurt mit Chunky Flavour essen.

Ein Lebensmittelmediziner in der Doku vom ZDF sagt dazu, dass solche Produkte durchaus beim Abnehmen helfen können – allerdings gäbe es wirksamere und preiswertere Produkte. Bei dem Ersatz von Zucker durch andere süße Produkte bliebe das Verlangen nach Süßem bestehen. Deshalb sei es noch besser und nachhaltiger, grundsätzlich auf süße Lebensmittel zu verzichten.

Süßungsmittel in Produkten von More Nutrition: Sucralose

Süßungsmittel haben gegenüber Zucker einen klaren Vorteil: Sie liefern keine Kalorien. Allerdings ist bei einigen unklar, inwieweit sie gesundheitliche Nachteile haben.

Im Chunky Falour etwa steckt Sucralose. Das Süßungsmittel steht in der Diskussion, bei Temperaturen über 120 Grad Celsius gesundheitsschädliche und potenziell krebserregende Verbindungen zu bilden. Das Bundesinstitut für Risiko Bewertung (BfR) rät deshalb davon ab, Sucralose zum Backen zu verwenden.

More hingegen empfiehlt das Chunky Flavour explizit zum Backen und schreibt, es gäbe „keine ernstzunehmenden Beweise, dass Sucralose in der praktischen Verwendung ein Risiko für unsere Gesundheit birgt. Weder bei der Verwendung zum Backen noch bei der normalen Verwendung in Pfannen beim Kochen.“

Der More-Umgang mit wissenschaftlichen Ergebnissen

Die Wissenschaftsjournalistin Sanaz Saleh-Ebrahimi widmet sich in einem ZEIT-Artikel der Sucralose-Thematik und kommt zu dem Schluss, dass die Frage nach der Schädlichkeit beim Erhitzen von sucralosehaltigen Lebensmitteln bisher nicht eindeutig zu beantworten ist. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) wolle jedoch im Juni 2025 eine Stellungnahme zum Erhitzen von Sucralose abgeben. Gleichzeitig kritisiert Saleh-Ebrahimi das intransparente Vorgehen von More: „Zweifel und mögliche Gefahren werden weggewischt, statt sie offen zu diskutieren.“

Auch Medwatch kritisierte bereits 2022, dass More wissenschaftliche Ergebnisse entsprechend den eigenen Zwecken interpretiere.

Süßstoffe belasten Gewässer

Ein weiterer Aspekt, der gegen den Einsatz von Süßstoffen spricht: Das Spurenstoffzentrum des Bundes (SZB) hat künstliche Süßstoffe (unter anderem Sucralose) als belastend für Gewässer und Trinkwasser eingestuft. Sucralose ist wasserlöslich, schwer abbaubar und kann durch Kläranlagen kaum zurückgehalten werden, sodass schädliche Auswirkungen auf Wasserorganismen nicht ausgeschlossen sind.

Kritik an Werbeversprechen: Health Claims

In den vergangenen Jahren ist More immer wieder aufgrund von Verstößen gegen die Health-Claims-Verordnung in die Kritik geraten. Die Health-Claims-Verordnung regelt, welche nährwert- oder gesundheitsbezogenen Werbeversprechen gemacht werden dürfen und welche nicht.

More Nutrition wurde in der Vergangenheit mehrfach vorgeworfen, Werbeaussagen zu treffen, die demnach unzulässig sind:

  • 2022 ging der Bundesverband der Verbraucherzentralen aufgrund unzulässiger Werbung gerichtlich gegen das Unternehmen vor. More hatte ein Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin mit Aussagen wie „Schützt deine Mitochondrien und senkt das Krebsrisiko“ oder „… half bei Verdauungsproblemen und sogar in der Schmerzminderung“ beworben. Zulässig für Melatonin sind jedoch nur die beiden folgenden Aussagen: „Melatonin trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen“ und „Melatonin trägt zur Linderung der subjektiven Jetlag-Empfindung bei“.
  • 2023 berichteten das ZDF Magazin Royale und Strg_F über die Marke More Nutrition und kritisierten unter anderem falsche Werbeversprechen und fragwürdige Werbemaßnahmen mit Influencer:innen.
  • 2024 verklagte die Verbraucherzentrale NRW die Marke wegen folgender Versprechen für die Backmischung „Total Vegan Protein Brownie Bowl“: In einem Video hieß es, die Backmischung enthalte „95% weniger Zucker“, „70% weniger Fett“ und sei „perfekt für jede Diät“. Allerdings wurde keine Vergleichsangabe genannt, was von der Verbraucherzentrale als irreführend eingeordnet wird.
  • 2024 reichte die Verbraucherorganisation foodwatch nach einer Abmahnung Klage gegen More Nutrition wegen unzulässiger Gesundheitsversprechen ein:

„More Nutrition gaukelt vor allem jungen Frauen vor, ihre Produkte helfen beim Abnehmen oder Schwangerwerden – und beruft sich dabei auf persönlichen Erfahrungen und ausgewählten Studien, die größtenteils von der Industrie finanziert werden. Die Heilsversprechen von More Nutrition sind irreführend und illegal“

Laura Knauf von foodwatch

More-Produktchef räumt Fehler ein

In einem Interview mit Fit Book räumt der More-Nutrition-Produktchef Nicolas Lother ein, dass „die Kommunikation von Influencern hier und da nicht optimal“ gewesen sei. Gleichzeitig spricht er von Verbesserungen:

„Wir haben nun Maßnahmen ergriffen, um die Kommunikation gegenüber unserer Community und unseren Kunden klarer, transparenter und zielgerichteter zu gestalten. In der Vergangenheit gab es vereinzelt Versäumnisse und wir arbeiten intensiv daran, uns in diesem Bereich nachhaltig zu verbessern.“

Nicolas Lother, Produktchef More Nutrition

Abhängigkeit, Essstörungen, Drohungen

Neben der Kritik an den Inhaltsstoffen der More-Produkte und den irreführenden Werbeversprechen gibt es weitere Kritikpunkte an More Nutrition.

Emotionale Abhängigkeit durch More Produkte

Medwatch weist darauf hin, dass das Marketing mit Influencer:innen sogar so effektiv sei, dass Kund:innen teilweise emotional abhängig von der Marke und den Produkten werden. Die Marke More und ihre Community zeige typische Alarmzeichen für eine Gemeinschaft, die gefährlich werden könne.

Medwatch berichtet von Betroffenen, die an negativen Folgen einer Abhängigkeit litten: Sie hätten Hobbys und Freund:innen vernachlässigt und Schulden in Kauf genommen.

„Ich war kurz vor dem finanziellen Ruin, weil ich so einen Drang hatte, ständig alles kaufen zu müssen. Das einzige MORE, das ich dann am Ende hatte, waren MORE Geldprobleme“

More-Kundin auf Medwatch

Essstörungen und Produkte von More Nutrition

In vielen Instagram-Storys und Beiträgen der More-Influencer:innen wird von positiven Effekten der More-Produkte aufs Abnehmen berichtet. Gleichzeitig gibt es kritische Berichte, die darauf hindeuten, dass sie in einzelnen Fällen Essstörungen begünstigen können.

So berichtet beispielsweise eine Betroffene bei Markt davon, dass sie ihre normale Ernährung komplett durch More-Produkte ersetzt hätte: Statt Kaffee gibt es morgens Proteinkaffee, das Mittagessen wird mit Chunkyflavour oder More-Gewürzen gewürzt, dazu gibt es einen More-Shake. Im Laufe der Zeit entwickelte sie eine Essstörung. Auch Medwatch liegen Berichte von Betroffenen vor, deren Essverhalten sich negativ verändert hat. Inweiweit dies allerdings dem Unternehmen angelastet werden kann, ist unklar.

Kritik an More Produkten scheint nicht gerne gesehen

Bei der Recherche entsteht schnell der Eindruck, als würde Kritik an der Marke More nicht gerne gesehen: Laut MedWatch sollen Influencer:innen, die sich kritisch zu geäußert haben, einschüchternde Anrufe und Drohnachrichten erhalten haben.

Und auch die Wissenschaftsjournalisten Sanaz Saleh-Ebrahimi, die in der ZEIT kritisch über More Produkte geschrieben hatte, berichtet auf Instagram, dass ihr Account kurz nach Veröffentlichung eines Reels über More Nutrition gesperrt wurde und dass der More-Gründer Christian Wolf persönlich gegen sie klagen wolle.

Utopia Fazit: Produkte von More Nutrition

Die Produkte von More Nutrition können möglicherweise dabei helfen, Gewicht zu reduzieren oder den Proteinbedarf zu decken. Das legen auch einige positive Erfahrungsberichte nahe. Allerdings stehen sie aufgrund ihrer Inhaltsstoffe, ihrer Vermarktung durch Influencer:innen und fragwürdiger Werbeversprechen teils in der Kritik. Auch der Umgang des Unternehmens mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und kritischen Stimmen sorgte in der Vergangenheit für Konflikte.

Utopia empfiehlt gesunden Menschen grundsätzlich statt speziell entwickelten Nahrungs- und Nahrungsergänzungmitteln eine ausgewogene, natürliche Ernährung, die reich an Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Nüssen, Vollkornprodukten und gesunden Fetten ist. Diese bietet eine nachhaltige und gesunde Basis für die meisten Menschen. Wer dennoch auf Proteinprodukte oder Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen möchte, sollte auf nachhaltig produzierte und möglichst wenig verarbeitete Alternativen achten.

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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