Im Wahlkampf zeichnet sich ab, dass das mühsam durchgesetzte Gebäudeenergiegesetz und die Heizungsförderung im neuen Jahr kippen könnten. Doch ist es wirklich so einfach? Welche Folgen hätte das Ende des Heizungsgesetzes für deutsche Haushalte? Und wie kann man sich noch die aktuelle Förderung sichern?
Als Oppositionspartei hat die Union einiges dazu beigetragen, dass um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) heftig gestritten wurde und es letztlich im Januar 2024 in deutlich abgeschwächter Form in Kraft trat. Es kommt daher nicht überraschend, dass nun im Wahlkampf erste Unionspolitiker ankündigen, das Heizungsgesetz wieder abschaffen zu wollen.
Ende November etwa sagte CDU-Politiker Jens Spahn auf dem „Forum Wärmepumpe“, seine Partei wolle bei einem Wahlsieg nicht nur Teile des Gesetzes rückgängig machen, sondern auch die damit verknüpfte Förderung für neue Heizungen mittelfristig abschaffen. In der Branche stoßen die Pläne weitgehend auf Unverständnis, tragen sie doch nicht gerade zur Planungssicherheit von Unternehmen und Haushalten bei.
„Wer glaubt, dass Deutschland mit einer Renaissance von Atomkraftwerken, Verbrennerautos oder Ölheizungen zu alter Stärke zurückfindet, der verschließt die Augen vor der Realität, der sich deutsche Unternehmen längst tagtäglich stellen“, stellte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) Claus Fest auf der Veranstaltung klar.
Ölheizungen statt Wärmepumpen – wäre das tatsächlich die Konsequenz aus der Abschaffung des Heizungsgesetzes?
Was würde das Ende des Heizungsgesetzes bedeuten?
Das Gebäudeenergiegesetz in seiner jetzigen Form sieht vor, dass neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen – in Bestandsbauten aber erst, wenn die Städte ihre kommunale Wärmeplanung abgeschlossen haben. Das soll Mitte 2026 oder Mitte 2028 der Fall sein.
Unterm Strich bedeutet das, dass ab spätestens 2029 nur noch Wärmepumpen, Fernwärme, Holzheizungen, Solarthermie, Strom-Direktheizungen und Biogas- oder Wasserstoffheizungen neu eingebaut werden sollen. Funktionierende alte Heizungen dürfen aber erstmal weiterlaufen. Ab 2045 soll nur noch klimaneutral geheizt werden, auch alte Gas- und Ölheizungen sollen also bis dahin ausgetauscht sein. Für den Heizungstausch gibt es hohe Förderungen, insbesondere für Haushalte, die noch vor 2028 von alten Öl- oder Gasheizungen umsteigen.
Und wenn das Gebäudeenergiegesetz abgeschafft würde? Rein theoretisch könnten ohne die Vorgaben des Gesetzes – oder vergleichbare Regelungen – weiterhin unbeschränkt Gas- und Ölheizungen eingebaut werden. Heizungen also, die langfristig fossile Energieträger nutzen und die langfristig das Klima schädigen. Mit den deutschen Klimazielen wäre das aber nicht vereinbar. Und die basieren immerhin auf einem Verfassungsgerichtsurteil und EU-Richtlinien. In der Praxis also wird keine neue Regierung das Gebäudeenergiegesetz als Ganzes kassieren.
„Das Gebäudeenergiegesetz kann nicht abgeschafft werden“
Dass das GEG überhaupt „zurückgenommen“ werden kann, wie Unionspolitiker ankündigten, ist nämlich höchst unwahrscheinlich. Zwar handelt es sich um ein nationales Gesetz, doch Deutschland ist bekanntlich Teil der EU und an deren Vorgaben gebunden.
„Das Gebäudeenergiegesetz […] kann gar nicht abgeschafft werden“, sagte Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Heizung, Sanitär, Klima (ZVSHK) kürzlich in einer Mitteilung. „Es basiert in wesentlichen Teilen auf Europäischen Vorgaben.“
Wahrscheinlicher ist, dass das GEG reformiert und in Details verändert wird. Strittig sind vor allem bestimmte Paragraphen, etwa zur 65 %-Regel. Doch „das Ziel klimaneutral im Gebäude zu werden, bleibt“, so Bramann. Denn dieses Ziel ist per EU-Richtlinie festgeschrieben und soll 2050 erreicht werden.
Entsprechend vage äußerte sich CDU-Chef Friedrich Merz kürzlich in der ARD-Talksendung „Maischberger“: Man wolle vor allem neue Übergangsfristen und mehr „Technologieoffenheit“ bei klaren Emissions-Grenzwerten. Auch ein überarbeitetes Heizungsgesetz werde aber „das Aus für Öl- und Gasheizungen bedeuten“ – in „einer überschaubaren Zeit.“ Wobei der Zeitraum im Prinzip von der EU vorgegeben ist, siehe oben.
Bislang kein ernsthafter Gegenentwurf
Über die schwammige „Technologieoffenheit“ hinaus ist bislang unklar, wie eine Alternative zu den gegenwärtigen Regelungen des Heizungsgesetzes aussehen könnte. Es steht zu befürchten, dass man unter diesem Deckmantel länger bei Gas- und Ölheizungen bleiben will – und diese irgendwann mit „grünem“ Gas oder „grünem“ Öl betreiben. Letzteres hat CDU-Politiker Jens Spahn bereits explizit genannt.
Dass „grünes“ Gas, also Biomethan oder Wasserstoff, nicht in ausreichender Menge zu günstigen Preisen zur Verfügung stehen wird, um in großem Maßstab deutsche Gebäude zu beheizen, ist längst Konsens. Ähnlich ist es beim angeblich „grünen“ Öl, dem entweder ein Anteil Öl aus regenerativen Quellen beigemischt wird oder das aufwändig synthetisch erzeugt werden muss.
Ein ernstzunehmendes Gegenangebot der GEG-Kritiker:innen – also eine Strategie oder Technologie, die den Gebäudesektor im vorgegebenen Zeitraum klimaneutral machen könnte – fehlt bislang.
„Völlige Verunsicherung“: Erneutes Rangeln um das Heizungsgesetz könnte der Wirtschaft schaden
Ob die Wirtschaft, die im Wahlkampf oft beschworen wird, sich wirklich freut, wenn erneut am Heizungsgesetz geschraubt wird, bleibt fraglich: Immerhin hat man sich inzwischen auf die Vorgaben eingestellt. Der oft zitierten Planungssicherheit wäre es kaum zuträglich, die nun wieder zurückzunehmen – und dem Vertrauen in die Politik schon gar nicht. „Aus unserer Sicht wäre das ein fatales Signal“ sagt Thomas Zwingmann, Leiter der Gruppe Energie und Klima bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Er warnt vor „völliger Verunsicherung am Markt.“
Fachleute befürchten, dass die wichtige Heizungsbranche zumindest eine Stück weit einbrechen könnte: Wärmepumpen wären ohne staatliche Förderung für viele Haushalte zu teuer – und wer möchte überhaupt die Heizung austauschen, wenn es nicht sein muss?
„Kostenfalle“: Gas- und Ölheizungen werden sowieso teurer
Auch die Finanzen vieler Haushalte könnten unter einer Reform des GEG leiden und zwar sowohl kurz- als auch langfristig: Die nun auf der Kippe stehende Förderung sieht – je nach Zeitpunkt des Heizungstausches, Heizungsmodell und Einkommen – vor, dass der Staat zwischen 30 und 70 Prozent der Investitionskosten für eine klimafreundlichere Heizung trägt. Nur so ist die Umstellung auf Wärmepumpen für viele Haushalte überhaupt finanzierbar.
Die Union möchte nach Bekunden von Jens Spahn stattdessen auf den steigenden CO2-Preis als Anreiz für den Heizungstausch setzen. „Das lässt die Leute in eine Kostenfalle laufen,“ kritisiert der Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) Martin Sabel gegenüber Table.Briefings.
Denn Eigentümer:innen, die jetzt noch neue Gas- oder Ölheizungen einbauen, müssen mittelfristig mit hohen Kosten für den Betrieb rechnen. Der steigende CO2-Preis wird diese Brennstoffe in den kommenden Jahren deutlich teurer machen. Mit dem GEG hat das aber nichts zu tun: Der CO2-Preis wird ab 2027 frei am Markt für europäische Emissionszertifikate gebildet und vermutlich sprunghaft ansteigen. Manche Fachleute gehen dann von 100 bis 300 Euro pro Tonne CO2 aus, 2025 liegt der bei 55 Euro pro Tonne.
Niedrige Strompreise statt staatlicher Förderung?
Allein schon, um die Haushalte davor zu schützen, wäre es sinnvoll, sie beim Umstieg auf klimafreundlichere und langfristig günstigere Heizformen zu unterstützen. „Der alleinige Verweis auf den europäischen Emissionshandel wird da nicht reichen“, sagt Dr. Björn Schreinermacher, Leiter Politik beim BWP gegenüber Utopia. „Ein stimmiges Konzept setzt Maßnahmen bei den Energiekosten, bei der Förderung und im Gebäudeenergiegesetz voraus.“
Der Experte schlägt vor, dass eine Kürzung bei der Förderung durch einen niedrigeren Strompreis kompensiert werden sollte. Sprich: Die Anschaffung von Wärmepumpen und anderen klimafreundlichen Heizungen könnte für Hausbesitzer:innen zwar teurer werden, der Betrieb aber günstiger. Fachleute sehen die kritische Schwelle bei einem Strom-Gaspreis-Verhältnis von 2,5. Das heißt: Der Strompreis sollte maximal 2,5-mal so hoch sein wie der Gaspreis, damit Wärmepumpen ohne Förderung wirtschaftlich sind. Tatsächlich strebt die Union niedrige Strompreise an.
Was durchaus ein Anreiz sein könnte:Immerhin werden die Netzentgelte für die Gasnetze pro Haushalt immer höher, je mehr Haushalte sich aus diesen Netzen verabschieden. Und auch, wenn perspektivisch Wasserstoff zum Erdgas gemischt wird, wird es erstmal teurer.
Einerseits sieht es also so aus, als würde an der Wärmepumpe für viele Haushalte mittelfristig sowieso kein vernünftiger Weg vorbei führen – selbst, wenn sich Anreize und Fristen mit dem GEG unter einer neuer Regierung ändern. Eine Umfrage ergab unlängst, dass längst nicht nur „grüne“, sondern auch konservative Haushalte mit Wärmepumpe heizen, weil sie damit Heizkosten sparen können.
Andererseits: Ob die Aussicht auf langfristig günstige Betriebskosten reicht, um genügend Bürger:innen davon zu überzeugen, 30.000 Euro in eine neue Wärmepumpe zu investieren – anstatt wie bisher 13.500 Euro abzüglich Förderung?
„Die Entwicklung wird sich nicht zurückdrehen lassen“
Energieexperte Zwingmann von der Verbraucherzentrale NRW ist optimistisch, dass sich der Trend zur Wärmepumpe fortsetzen wird, auch wenn politische Signale diesen nicht stützen. „Es spricht sich herum, dass das eine gute Heizmöglichkeit ist und dass sie sich für sehr viele Gebäude eignet.“ Je mehr (gute) Erfahrungen die Installationsbetriebe damit machen, desto effizienter werde der Einbau. „Die Entwicklung wird sich nicht zurückdrehen lassen.“
Man könnte also sagen: Egal, wie das Gebäudeenergiegesetz künftig ausgestaltet wird, sorgen müssen sich mittelfristig vor allem diejenigen Verbraucher:innen, die bei Gas und Öl bleiben und zukünftig mit steigenden Preisen rechnen müssen.
Kurzfristig drohen aber quasi alle Haushalte zu verlieren: Diejenigen, die eine Wärmepumpe oder Pelletheizung einbauen möchten, müssen durch reduzierte Förderungen mit höheren Anschaffungskosten rechnen. Und diejenigen, die bei einer Gas- oder Ölheizung bleiben, müssen sich in jedem Fall auf steigende Betriebskosten einstellen.
Verlängerte Übergangsfristen oder ein Beharren auf „Technologieoffenheit“ verschiebt auch effektiven Klimaschutz weiter in die Zukunft – und das können wir uns nun wirklich nicht leisten.
Wer kann, sichert sich am besten jetzt noch Fördermittel
Wer aktuell vor der Entscheidung für eine neue Heizung steht, sollte schnell sein, um sicher von der derzeitigen staatlichen Förderung zu profitieren.
Allerdings nicht zu schnell, warnt Energieexperte Zwingmann von der Verbraucherzentrale NRW: Bei Wärmepumpen ist es wichtig, dass sie genauestens geplant und korrekt eingebaut werden. „Von einer Wärmepumpe, die nicht vernünftig eingebaut ist, hat man nicht viel.“
Er rät: Wer weiß, dass ein Heizungstausch ansteht, sollte die Planung jetzt starten – aber sorgfältig und in Ruhe. Und im Idealfall dennoch zügig genug, dass man die aktuelle Förderung noch mitnehmen kann.
Auch Bramann vom ZVSHK rät, Heizungsmodernisierungen jetzt anzugehen. „Wer in diesem Jahr noch Fördermittel beantragt, für den sind sie reserviert. Unabhängig von einem nicht verabschiedeten Bundeshaushalt 2025.“ Nach derzeitigem Stand kann man zwar auch Anfang des neuen Jahres weiter Anträge für Fördermittel stellen. Aber: „Wir können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine verbindlichen Aussagen für das Jahr 2025 treffen“, äußert sich eine KfW-Vertreterin gegenüber der Zeit.
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