Pestizide aus Deutschland sind in und auf Früchten aus Brasilien, wie eine Untersuchung von Greenpeace zeigt. Das Alarmierende daran ist: In Deutschland sind diese Pestizide verboten, sie landen aber über Umwege doch wieder in unserem Obstregal.
Exotische Früchte gehören inzwischen fest ins Sortiment deutscher Supermärkte. Oft stammen die Früchte aus Brasilien: Die EU plant ihr bisher größtes Handelsabkommen mit Südamerika, bei dem unter anderem auch 90 Prozent der Chemikalien aus der EU von Zöllen befreit sind. Greenpeace warnt deshalb: „Brasilien ist der drittgrößte Verbraucher von Agrargiften weltweit und verwendet viele Wirkstoffe, die in der EU nicht zugelassen oder verboten sind“.
Die Umweltschutzorganisation hat stichprobenartig 70 Früchte aus Brasilien auf Pestizide getestet. Knapp 60 von ihnen waren mit Spritzmitteln belastet – auch mit in Europa verbotenen Substanzen.
Greenpeace: Deutsche Pestizide auf Früchten in Brasilien
Der Einsatz besonders gefährlicher Spritzmittel ist in der europäischen Landwirtschaft verboten. Doch dieses Verbot wird ad absurdum geführt, wenn die Chemikalien einfach in einem anderen Land aufgespritzt und die Früchte dann mitsamt der Spritzmittel zurück nach Deutschland importiert werden. Genau dies passiert seit Jahren mit exotischen Früchten, kritisiert Greenpeace. Mangos, Papayas, Melonen, Feigen und Limetten haben die Umweltschützer:innen zwischen April und Mai in deutschen Geschäften eingekauft, unter anderem bei Aldi, Lidl, Edeka, Rewe und in Großmärkten. Anschließend haben zwei unabhängige Labore die Früchte auf Pestizide überprüft – und viele Rückstände gefunden.
- Von 70 getesteten Früchten enthielten 59 Pestizid-Rückstände.
- 35 unterschiedliche Pestizide haben die Labore nachgewiesen.
- Von den 35 Pestiziden sind in der EU elf nicht zugelassen.
- 21 Pestizide gehören zu der Gruppe der hochgefährlichen Pestizide (HHP).
- Der Pestizidgehalt auf vier Früchten hat die gesetzlichen Höchstmengen überschritten.
Pestizide von Bayer und BASF: In Deutschland verboten
Für einige der gefundenen Pestizide haben deutsche Unternehmen in Brasilien eine Zulassung: Sieben Pestizide stecken in Produkten von BASF und zwölf in Produkten von Bayer, die in Brasilien zugelassen sind. „Darunter jeweils ein Wirkstoff pro Unternehmen, der als hochgefährliches Pestizid eingestuft wird und nicht in der EU zugelassen ist“, erklärt Greenpeace. Die meisten Spritzmittel seien allerdings aus Europa nach Brasilien exportiert worden. Deutschland war laut Greenpeace von allen europäischen Ländern 2019 der drittgrößte Pestizid-Exporteur nach Südamerika. Greenpeace fordert deshalb: „Wenn ein Pestizid in der EU nicht erlaubt ist, sollte es weder exportiert noch als Rückstand wieder importiert werden“. Denn sonst landen die bei uns verbotenen Spritzmittel am Ende doch wieder im eigenen Obstsalat.
Enormes Ausmaß an Ausfuhr von Neonicotinoiden erreicht
In einer neuen Untersuchung von 2021 stellten die Nichtregierungsorganisationen Public Eye und Unearthed fest, dass die Auslieferung giftiger Insektizide ein enormes Ausmaß erreicht hat. Und das trotz – oder gerade wegen – eines Verbots der Stoffe in EU.
Die Ergebnisse zeigten auch, dass „die europäischen Behörden allein von September bis Dezember 2020 den Export von fast 3900 Tonnen auf der Basis von Neonicotinoiden hergestellter Insektizide genehmigt haben. Beteiligt waren neun EU-Staaten, allen voran Belgien, Frankreich und Deutschland.“ Allein das Chemieunternehmen Syngenta ist verantwortlich für mehr als drei Viertel der im Berichtszeitraum ausgelieferten Neonicotinoide. Brasilien, das insgesamt bis zu 20 Prozent der verbleibenden Biodiversität des Planeten aufweist, ist dabei Syngentas größter Abnehmer für Insektizide. Dort werden die Gifte unter anderem in den gigantischen Sojaplantagen, zum Beispiel für Tierfutter, und für den Anbau anderer Lebensmittel eingesetzt.
Pestizide auf Früchten in Brasilien: Ein großes Problem
Pestizide auf Obst und Gemüse sind ein großes Problem: „20 Prozent der Menschen in der Landwirtschaft erkranken jedes Jahr an einer Pestizidvergiftung„, erklärt Greenpeace. Da die Insektizide nahezu alle Insekten vernichten, ist die Artenvielfalt stark gefährdet. Böden und Gewässer in Brasilien seien von den vielen Spritzmitteln inzwischen stark belastet, schreibt Greenpeace. Außerdem sorge die hohe Nachfrage nach exotischen Früchten dazu, dass die indigene Bevölkerung oft von ihrem Land vertrieben wird.
Die Bewertung der Gesundheitsgefahr von Pestiziden wird in der EU bisher immer nur für einzelne Pestizide vorgenommen. Allerdings finden sich immer häufiger regelrechte Pestizid-Cocktails auf den Früchten. 64 Prozent der von Greenpeace getesteten Früchte hat eine solche Mehrfachbelastung. Welche gesundheitlichen Risiken von diesen Pestizidmischungen ausgehen, kann aber niemand sicher sagen.
Tipp: Synthetisch-chemische Pestizide sind in der ökologischen Landwirtschaft verboten. Wenn du zu Bio-Früchten greifst, kannst du deshalb die kritischsten Pestizide verhindern. Besonders bei exotischen Früchten lohnt es sich, zusätzlich auf Fairtrade-Siegel zu achten. Denn gerade in Südamerika müssen auf den Plantagen oft Kinder die Früchte ernten, warnen Hilfsorganisationen.
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