Zero Waste wird immer beliebter. In Brighton gibt es sogar ein erstes Restaurant, das gar keinen Müll produziert. Wie das geht? Mit selbst angebauten Lebensmitteln, recycelten Möbeln und Respekt vor der Natur.
Für alle, die den großen Trend der vergangenen Jahre verpasst haben: Bei Zero Waste geht es – wie der Name schon vermuten lässt – darum, seinen Lebensstil so anzupassen, dass man jeglichen Müll vermeidet. Einige Blogger wurden weltweit bekannt, weil sie ein Jahr komplett müllfrei lebten, weil all ihr Müll der vergangenen Monate in ein Weckglas passte oder sie einfach gute Tipps geben können – um verpackungsfreie einzukaufen, sich müllfrei einzurichten, plastikfrei zu leben.
Im englischen Brighton, eine Stunde von London entfernt, hat der Sternekoch Douglas McMaster das erste Zero-Waste-Restaurant des Landes eröffnet: das Silo. Es ist vielleicht sogar das erste der Welt, denn weitere – zumindest ausdrücklich als „Zero Waste“ ausgezeichnete – Speiselokale finden sich nicht.
Vor dem Silo hat Douglas mehr als zehn Jahre lang in verschiedenen internationalen Michelin-Küchen gearbeitet. Dort musste er mit ansehen, dass in der Gastronomie ungeheure Mengen von Lebensmitteln einfach weggeworfen werden.
Als Douglas den niederländischen Künstler Joost Bakker kennenlernte, der bereits in der fünften Generation Eigenanbau betreibt, war die Idee für das müllfreie Restaurant geboren. Und als er dann noch auf eine leerstehende Lagerhalle Nahe der Brighton University stieß, war der Plan perfekt. Im Herbst 2014 eröffnete Silo – ein Zero-Waste-Restaurant, das zugleich auch noch Bäckerei, Rösterei und Brauerei ist.
Zero-Waste-Restaurant: kein Plastik und viel Natur
Doch was macht eine Zero-Waste-Restaurant eigentlich aus? Zuerst einmal verzichtet das Silo natürlich komplett auf Plastikverpackungen. Außerdem auf unnötige Wege und Kosten, denn es gibt keine Zwischenhändler. Das englische Restaurant arbeitet direkt mit den Erzeugern zusammen – falls die Erzeuger mal nicht sie selbst sind.
Auf der Karte steht dann, was die Natur gerade hergibt. Das heißt: Es werden ausschließlich saisonale Lebensmittel serviert, Koch und Chef Douglas McMaster geht sogar so weit, dass nur auf den Teller kommt, was auf natürliche Weise wächst und damit zur Verfügung steht – damit überlässt er der Natur die komplette Entscheidung über die Gerichte.
Zudem lebt man im Silo die sogenannte Nose-to-Tail-Ideologie – was bedeutet, dass so viel wie möglich von einem Tier verarbeitet wird. Um es kurz zu machen: Die Philosophie des Restaurants ist es, die Natur und ihre Zutaten zu respektieren. Passend dazu finden auch regelmäßige Workshops statt, in denen Schulklassen, aber auch Erwachsene das Prinzip des respektvollen Umgangs mit Lebensmitteln näher gebracht wird.
Falls dann doch einmal etwas übrig bleibt, hat Douglas sich etwas ganz besonders einfallen lassen: Bertha – ein 28.000 Euro teures, sauerstofffreies Kompostiergerät. Dieses kann in nur 24 Stunden mehr als 60 Kilo Essensreste und nicht mehr zum Verzehr geeignete Lebensmittel verdauen und in Kompost umwandeln. Dieser wird dann verschenkt, um mit dem Recycling-Gedanken bei den Gästen Werbung zu machen. Übergebliebenes kann das Team des Silo allerdings auch super in seinem eigenen Garten verwenden.
Silo ist auch Selbstversorger
Denn wie oben schon erwähnt: Silo ist nicht nur ein Zero-Waste-Restaurant, es ist auch Selbstversorger. Die Brauerei „Old Tree“ sorgt dafür, dass es immer frische Getränke aus Pflanzen, Kräutern, Obst und Gemüse für die Gäste gibt. Die hauseigene Mühle mahlt Mehl, so kann man sich auch hier wieder Einiges an Verpackung sparen. Außerdem produzieren Douglas und sein Team eigene Butter, Joghurt, Mandelmilch, Haselnuss- oder Hanfmilch und hauseigenen Essig.
Der Traum aller Selbstversorger: Silo baut Obst und Gemüse in einem Gewächshaus auf dem Gelände an und züchtet sogar eigene Schafe. Neben selbstgemachter Seife, die aus Fett, Lauge und ätherischen Ölen hergestellt wird, gibt es auch Schokolade zu kaufen, die ebenfalls vor Ort entsteht – von der gelieferten Kakaobohne bis zur fertigen Tafel in Brighton gemacht.
Was sich heute besonders anhört, war allerdings bis vor hundert Jahren noch ziemlich normal – regional anbauen und essen. Im Silo steht so gesehen ein bisschen die Zeit still: Das Restaurant nutzt keinerlei neuartige Technik, sondern greift eigentlich nur auf klassische und lang bewährte Methoden zurück, die viele von uns, vor allem Großstädter, gar nicht mehr kennen.
Recycling-Möbel und Upcycling-Geschirr
Natürlich passt sich auch die Einrichtung dem Konzept des Zero Waste-Restaurants an – alles ist geupcycelt oder gerecyclet. So wurden die Teller aus gebrauchten Plastiktüten gefertigt, die Tische aus alten Industriebohlen gezimmert, die Stühle bestehen aus eingestampften Holzabfällen und statt aus Gläsern trinkt man hier aus alten Marmeladengläsern. Das ist natürlich nicht ganz neu, wird hier allerdings wirklich aus Umweltbewusstsein und weniger aus Hipness-Gründen gemacht.
Eine schöne Aktion war auch, als das Silo letztes Jahr seine Facebook-Fans zu einer Jeans- und Nylon-Spendenaktion aufrief. Im Gegenzug gab es für die Spender Kaffee umsonst. Aus den alten Stoffresten entstanden recycelte Kissen, auf denen in diesem erstaunlichen Zero-Waste-Restaurant heute die Gäste sitzen.
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