Stell dir vor, du gehst in das Geschäft deines Vertrauens und findest dort nicht nur umweltneutrale Produkte, sondern weißt auch, dass die in den Filialen entstehenden Umweltauswirkungen für das Unternehmen eine Rolle spielen und versucht wird, diese zu reduzieren und nachgängig zu kompensieren. Klingt gut? Wir zeigen euch, wie es geht!
Wenn wir einkaufen gehen, haben wir meistens nur eins im Blick: die Produkte! Und hier bieten uns Hersteller durch Zertifikate kompensierte und dadurch klimaneutrale oder sogar umweltneutrale* Alternativen an. Das ist super, weil bereits hier etwas für die Umwelt getan wird. Was wir als Konsument:innen aber bisher noch kaum im Blick haben, sind die Umweltwirkungen, die so ein Supermarkt oder Geschäft verursacht.
Dies beginnt bereits bei der Präsentation der Produkte: Diese wollen natürlich auch hübsch in Regalen angeordnet und perfekt beleuchtet werden. Aufwändige Beleuchtung, Klimatisierung und die Kassensysteme brauchen Energie und haben allerdings Einfluss auf die Ökobilanz einer Filiale. Und da stellt sich die Frage, wie man auch in der Filiale umweltbewusster handeln kann.
Umweltneutralität: Klimaneutral einen Schritt weitergedacht
Als klimaneutral ausgewiesene Produkte oder Leistungen begegnen uns im Alltag immer öfter. Auch viele Unternehmen präsentieren sich mittlerweile als klimaneutral, was bedeutet, dass sie ihre CO2-Bilanz berechnen lassen und zum Beispiel mit Klimaschutzprojekten die entstandenen CO2-Emissionen wieder ausgleichen.
Politisch und gesellschaftlich wächst die Einsicht in die Notwendigkeit, unser Klima zu schonen – daher entwickeln Unternehmen zunehmend auch eigene Klimastrategien. Aber reicht das aus? Unternehmen sollten sich nicht darauf ausruhen, lediglich mit erkauften Zertifikaten ihre CO2-Emissionen auszugleichen. Denn freigesetzte klimaschädliche Gase sind nur ein Teil des ökologischen Fußabdrucks, welchen Produktion und Handel unweigerlich verursachen.
Hier setzt die umfassendere Idee der Umweltneutralität an. Anstatt sich nur auf das Klima zu konzentrieren, werden auch Aspekte wie Überdüngung, Versauerung von Böden und Ökosystemen, Sommersmog und Ozonabbau beachtet.
Genau diese Idee verfolgt jetzt das Drogerieunternehmen dm und leistet damit Pionierarbeit. Alle 2.060 dm-Filialen in Deutschland und sogar die Verteilzentren, das Verwaltungsgebäude und der Fuhrpark sollen umweltneutral werden. Ganz konkret heißt das: Abgesehen von der CO2-Kompensation will dm auch in den vier weiteren Kategorien durch Energieverbräuche entstehenden Umweltauswirkungen kompensieren und geht dabei einen weiteren wichtigen Schritt in eine nachhaltige Zukunft.
Reduzieren statt kompensieren
Erstaunlicherweise ist das derzeit noch echte Pionierarbeit: Dieser Weg zur Umweltneutralität ist nämlich noch weitgehend unerforscht und daher für jene Unternehmen, die diesen Weg als erstes gehen wollen, ein aufwändiger Lernprozess.
dm hat mit seiner umweltneutralen* Produktreihe Pro Climate die Idee Umweltneutralität das erste Mal angewandt. Gemeinsam mit der TU Berlin wurde das Konzept entwickelt, das jetzt auch für die Filialen umgesetzt werden soll.
An erster und oberster Stelle steht dabei das Gebot „Reduzieren statt Kompensieren!“ Sprich: Was an Verbräuchen nicht entsteht, muss auch nicht kompensiert werden. Unvermeidbare Umweltauswirkungen in den Kategorien CO2-Emissionen, Eutrophierung, Versauerung, Sommersmog & Ozonabbau werden dann nach europäischem Standard in Umweltkosten umgerechnet und in Kompensationsprojekte investiert.
Umweltneutrale Produkte entdecken
Step-by-Step: Energieverbrauch der dm-Märkte als Fokus Nummer Eins
Wie Anfangs erwähnt, haben Geschäfte einen hohen Energieverbrauch durch Beleuchtung, Kühlung, Heizung etc. Diesen Faktor geht dm jetzt als erstes an und setzt dabei zunächst auf Energiesparmaßnahmen. Über die Hälfte der Filialen sind bereits mit automatisierter, ressourcenschonender Haustechnik ausgestattet. Durch die intelligente Steuerung spart die Haustechnik Energie. Bereits seit 2012 bezieht dm für seine Märkte soweit es geht Ökostrom. All diese Maßnahmen verbessern die Ökobilanz des Unternehmens.
In Zukunft sollen weitere Aspekte, wie die Ausstattung einer Filiale, analysiert werden. Ziel des Drogisten ist es, bei der Auswahl der Ausstattung auf Langlebigkeit, Recyclingmaterial und Recyclingfähigkeit zu achten. Schritt für Schritt möchte das Unternehmen ein ganzheitliches Konzept für die Umweltauswirkungen im Betrieb der Filialen in Deutschland erarbeiten und weiter die Umweltauswirkungen soweit wie möglich reduzieren.
HeimatERBE übernimmt in Partnerschaft die Renaturierung
Die unvermeidbaren Umweltauswirkungen in den genannten fünf Kategorien werden mit Hilfe einer Unternehmens-Ökobilanz berechnet und nach europäischem Standard in Umweltkosten umgerechnet. Die Umweltkosten investiert dm ganz bewusst in Flächen in Deutschland, die durch Industrie- und Bergbauwirtschaft beeinträchtigt wurden. Durch Renaturierung sollen diese Flächen wieder zurück in ein ökologisches Gleichgewicht gebracht werden und so für Tiere und Pflanzen natürliche Lebensräume schaffen.
Partner für diese wichtige Aufgabe ist das Kompensationsunternehmen HeimatERBE, das sich für eine mehrdimensionale, ganzheitliche Kompensation aller negativen Umweltwirkungen einsetzt. In Kooperation mit dm werden drei Flächen, die aus der ökologischen Balance geraten waren, wieder aufgebaut. Dazu gehören Rückbauarbeiten, Entmüllung, Flächenvorbereitung und Herstellungsmaßnahmen der Biotope.
Aus altem Schmiedegebäude wird Brutstätte für Artenschutz
Auf einer der Flächen befindet sich ein 268 m2 großes, altes Schmiedegebäude. Durch geeignete Maßnahmen konnte das Gebäude instandgesetzt und nach Beratung mit Artenschutzexpert:innen umgebaut werden. Jetzt dient es zahlreichen Tieren als Unterschlupf und Brutstätte.
Unter anderem wurden zum Beispiel Nistkästen für verschiedene Vogelarten im Außenbereich installiert und im Innenraum ein Nistkasten für Schleiereulen montiert. Auch Fledermäuse und Wildbienen finden hier nun wieder ein geeignetes und artgerechtes Quartier, sowohl im Sommer als auch im Winter.
Mit dem Vorhaben, nicht nur einzelne Produkte, sondern auch die dm-Märkte umweltneutral zu denken, geht dm einen wertvollen und zukunftsorientierten Schritt. Wir hoffen, dass sich auch viele weitere Unternehmen davon inspirieren lassen.
*: Kompensation von CO₂-Emissionen, Eutrophierung, Versauerung, Sommersmog & Ozonabbau
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