Superreiche tragen sehr viel zur Klimakrise bei. Da würde man erwarten, dass sie auch sehr viel in den Klimaschutz investieren. Doch einige von ihnen setzen stattdessen auf Selbstschutz – mittels Luxusbunker und Nebenwohnsitz in Neuseeland.
Sehr wohlhabende Menschen, sogenannte „Superreiche“, tragen überproportional zur Klimakrise bei – das haben verschiedene Studien bewiesen. Ein Beispiel: Ein Oxfam-Bericht kommt zu dem Schluss, dass 125 Milliardär:innen im Durchschnitt wegen ihrer Investitionen für so viele Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind wie eine Million Menschen aus den ärmeren 90 Prozent der Weltbevölkerung.
Dazwischen gibt es ein weites Feld, in dem auch Durchschnittsdeutsche als recht wohlhabend gelten. Doch selbst wenn man nur Deutschland betrachtet, zeigen sich ganz unterschiedliche Klimabilanzen: Laut Daten des World Inequality Reports 2022 emittiert ein Mensch in Deutschland im Schnitt elf Tonnen CO2 im Jahr, die reichsten zehn Prozent (ab einem Vermögen von rund 973.000 Euro) kommen auf 34 Tonnen, das reichste Prozent sogar auf 117 Tonnen.
Superreiche und die Klimakrise
Superreiche verantworten also sehr viele Emissionen – und das treibt die Klimakrise an. Wie gehen sie mit dieser Verantwortung um?
Das öffentlich-rechtliche Jugendportal Funk hat in einer Reportage mit einigen, überwiegend jungen reichen Menschen gesprochen. Diese schoben die Schuld von sich und kritisierten, es würde zu wenig informiert über die Klimakrise, sie selbst würden nicht auf Luxus verzichten wollen. Ein 18-jähriger Privatjet-Flieger erklärte, das Klima sei ihm „scheißegal“.
Andere Wohlhabende scheinen sich der Bedrohung durch den Klimawandel durchaus bewusst zu sein. Sie greifen zu verschiedenen Mitteln, um sich vor der Klimaapokalypse zu schützen. Ein Überblick.
Neuseeland als Geheimcode im Silicon Valley
Eine Studie der britischen Anglia Ruskin University kommt zu dem Schluss, dass Neuseeland im Falle einer globalen Katastrophe der sicherste Ort der Welt sei. Auch die australische Insel Tasmanien, Irland, Island und Großbritannien würden sich bei einem Klimakollaps gut als Refugien eignen. Denn alle fünf Regionen werden vermutlich trotz der Auswirkungen des Klimawandels relativ stabile Temperatur- und Niederschlagsbedingungen bieten und könnten sich selbst mit Energie und Landwirtschaft versorgen. Weil es sich um Inseln handelt, könnten die Grenzen außerdem leichter überwacht werden.
Unter Superreichen ist Neuseeland schon länger beliebt. Der deutschstämmige Paypal-Mitgründer und frühere Trump-Berater Peter Thiel besitzt seit 2011 die neuseeländische Staatsbürgerschaft und soll dort mehrere Grundstücke erstanden haben. In der bergigen und abgeschiedenen Region Wanaka wollte er eine weitläufige, bunkerähnliche Lodge errichten lassen. Nach Protesten von Naturschützer:innen wurde das Projekt 2022 gestoppt.
Aus einem Gespräch zwischen dem New Yorker und Linkedin-Mitgründer Reid Hoffman von 2017 geht außerdem hervor, dass viele Silicon-Valley-Milliardäre ein „Versteck“ in den USA oder im Ausland besitzen. Hoffman schätzt, dass dies bei mehr als fünfzig Prozent dieser Personen der Fall ist. Zu sagen, dass man ein Haus in Neuseeland kaufe, sei eine Art Geheimcode für diese Art von Schutzvorkehrung. 2018 entfielen drei Prozent der Hauverkäufe in Neuseeland auf Ausländer:innen – das treib Preise in die Höhe. Neuseeland schränkte deshalb im selben Jahr den Hauskauf für Ausländer:innen ein.
Luxusbunker für Superreiche
Sehr wohlhabende Menschen errichten sich nicht nur Häuser in abgelegenen Gegenden. Sie sind auch Zielgruppe für einen besonderen Markt: Luxusbunker. Diesem Thema hatte sich im Februar dieses Jahres auch das „ZDF Magazin Royale“ gewidmet. Wie Jan Böhmermann in seiner Sendung beschreibt, handelt es sich dabei um unterirdische Bauten mit Garage, Weinkeller und Kinderspielplatz. Diese werden unter anderem von der Schweizer Firma „Oppidum“ verkauft. Ein in der Sendung gezeigtes Beispiel kostete 100 Millionen Dollar. Auch die US-Firma Vivos bietet renovierte Luxusbunker aus der Zeit des kalten Krieges an.
Der US-amerikanische Autor und Kolumnist Douglas Rushkoff beschäftigt sich in seinen Büchern unter anderem mit Medien und Technologie. In einem Artikel für den Guardian erzählt er von einem Treffen mit fünf anonymen „ultra-reichen Stakeholdern“, zu dem er als Speaker eingeladen wurde.
Laut Rushkoff befragten ihn die Männer unter anderem dazu, wie sie nach einem Klimakollaps oder einer ähnlichen Katastrophe am besten überleben könnten. Ein CEO eines Maklerhauses erklärte, er habe sein eigenes Untergrund-Bunker-System fast fertig gebaut, und wollte wissen, wie er nach „dem Ereignis“ am besten die Kontrolle behält.
Man bräuchte bewaffnete Wachen, aber wie könne man sicherstellen, dass sie sich nicht gegen einen wenden? Die Milliardäre zogen in Erwägung, spezielle Zahlenschlösser für die Lebensmittelversorgung zu verwenden, deren Kombination nur ihnen bekannt wäre. Oder die Wächter dazu zu bringen, als Gegenleistung für ihr Überleben eine Art Disziplinarhalsband zu tragen. Oder vielleicht Roboter zu bauen, die als Wachpersonal und Arbeitskraft dienen – wenn diese Technologie rechtzeitig entwickelt werden könnte.
Schutz vor der Klimakrise? Auf dem Meer treibende Städte
Rushkoff hat sich seitdem in einem Buch näher mit dem Thema auseinandergesetzt. In „Survival of the Richest“ berichtet der Auto von „Aquapreneurs“, also wohlhabenden Menschen, die in Zukunft in unabhängigen, auf dem Wasser treibenden Stadtstaaten leben wollen.
Entsprechende Projekte gibt es bereits vielerorts. Ein japanischen Architektenbüro hat unlängst Pläne für eine schwimmende Stadt vorgestellt, auf der circa 10.000 Menschen permanent leben könnten. Wie viel es kosten wird, in Dogen City zu leben, ist noch nicht bekannt. Nach einem sozialen Wohnungsbau für Klimaflüchtlinge sieht das Megaprojekt allerdings nicht aus. Ob die Stadt tatsächlich gebaut wird, ist noch nicht klar.
Der Superreiche Peter Thiel, dessen Bunkerbau in Neuseeland gestoppt wurde, hat mehrfach an das Seasteading Institute gespendet. Die NGO soll die Einrichtung autonomer, mobiler Communities auf Seeplattformen in internationalen Gewässern erleichtern.
Utopia meint: Je wohlhabender, desto mehr Verantwortung
Der Klimawandel ist ein globales Problem und sollte nicht zu individuell betrachtet werden. Um die globale Erwärmung zu begrenzen, muss die Politik große strukturelle Veränderungen schaffen. Aber auch wir Verbraucher:innen müssen unseren Teil leisten. Und hier gilt: Je wohlhabender man ist, desto größer ist die eigene Verantwortung.
Zum einen, weil reiche Menschen im Schnitt mehr Treibhausgase produzieren als weniger wohlhabende Menschen – und dementsprechend besonders viel einsparen können, wenn sie ihr Verhalten ändern. Zum anderen, weil wohlhabende Menschen oft besonders einflussreich sind. Einige leiten Firmen, andere haben gute Kontakte zur Politik, viele werden als Vorbilder wahrgenommen. Sie können diesen Einfluss nutzen und Klimapolitik voranbringen. Auch wie sie ihr Geld ausgeben und anlegen, hat direkte Auswirkungen auf die Gesellschaft und Umwelt.
Einige reiche Menschen engagieren sich bereits aktiv für Klimaschutz. Andere scheinen sich mehr darum zu kümmern, wie sie ihren Reichtum und sich selbst vor den Auswirkungen der Klimakrise schützen können, die sie mitverursacht haben. Das ist der falsche Ansatz – und zum Scheitern verurteilt.
So sieht das übrigens auch US-Autor Rushkoff. In seinem Buch schätzt er die Erfolgschancen von Vorrichtungen wie Bunkern sehr gering ein. Denn geschlossene Ökosysteme unterirdischer Anlagen seien „absurd brüchig“: Schimmel kann einen unterirdischen Garten zerstören, Inseln und treibende Städte müssten mit Grundnahrungsmitteln beliefert werden. Die effektivere Vorbereitung auf die Klimakrise bleibt also, selbige zu bekämpfen, indem man möglichst klimafreundlich handelt.
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