„Sex sells“ gilt auch für eine Kampagne von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Sie soll dafür sorgen, dass junge Menschen nur mit Helm Fahrrad fahren – auch die „Topmodel“-Kandidatin Alicija zog sich dafür aus.
Der Zweck heiligt die Mittel: An dieses Motto hält sich offenbar auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Denn natürlich ist es wichtig, junge Menschen darauf hinzuweisen, dass sie nur mit Helm Fahrrad fahren sollten. Aber für seine neue Aufklärungskampagne hat sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in gefährliches Fahrwasser begeben – und wird von vielen Seiten heftig kritisiert.
Lasziv in Unterwäsche – mit Fahrradhelm auf dem Kopf
Die Pro-Radhelm-Initiative kommt nämlich nicht ohne jede Menge nackte Haut aus: Auf den Werbeplakaten sind männliche und weibliche Models zu sehen, die sich lasziv in Unterwäsche präsentieren – und mit Fahrradhelm auf dem Kopf. Diese Bilder sind in Kooperation mit der Sendung „Germany’s next Topmodel““ und dem Starfotografen Rankin entstanden – Alicija, eine Kandidatin aus der aktuellen Staffel, durfte auch mitmachen.
„Looks like shit. But saves my life.“, steht als Slogan auf den Reizwäsche-Fotos. Das soll wohl an Jugendliche appellieren, die aus Gründen der Eitelkeit ohne Helm fahren. Und impliziert leider auch, dass alle, die jetzt schon mit Helm unterwegs sind, „wie Scheiße aussehen“ – na, herzlichen Dank! Vor allem aber haben halbnackte Körper nun mal überhaupt nichts mit Fahrradfahren zu tun – und genau aus diesem Grund ist die Werbung sexistisch.
Viele SPD-Politikerinnen kritisieren die Kampagne
Kritik und Forderungen, die Aktion zu stoppen, kamen zum Beispiel von vielen SPD-Politikerinnen. Maria Noichl, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, sagte gegenüber der Bild am Sonntag: „Es ist peinlich, dumm und sexistisch, wenn der Verkehrsminister seine Politik mit nackter Haut verkauft. Deshalb: Runter mit den Plakaten.“
SPD-Fraktionsvize Katja Mast bezeichnete die Umsetzung der Kampagne in der Passauer Neuen Presse ebenfalls als „altbacken, dumm und sexistisch“. Und Familienministerin Franziska Giffey postete gar ein Bild von sich und ihrem Fahrrad auf Facebook – mit den Worten: „Lieber Andreas Scheuer: Mit Helm geht auch angezogen!“
Auch in den sozialen Netzwerken gibt es jede Menge Widerstand und Häme. „Freue mich schon auf die Kampagne mit LKW-Fahrern in Feinripp-Unterwäsche, die für Abbiegeassistenten werben“, schreibt ein User auf Twitter. Ein anderer twittert: „Kennen Sie das? Sie lümmeln sich nichtsahnend in sexy Unterwäsche über die Ledercouch und genießen Ihre Schönheit. Plötzlich knallt Ihnen eine Kokosnuss auf den Kopf. Doch das muss nicht sein!“
Selbst der baden-württembergische Landesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs meint: „Wir finden #Sexismus in der Werbung genau so doof wie den Versuch, #Fahrradhelme als Feigenblatt für eine mangelhafte und für viele gefährliche #Radverkehrspolitik zu verwenden.“
Die Reaktion von Andreas Scheuer ist ziemlich schwach
Das Ministerium lässt dazu auf seiner Website verlauten: „Auch wenn wir die Einwände von verschiedenen Seiten nachvollziehen können, stehen wir hinter den entstandenen Motiven. Sie erzeugen Aufmerksamkeit für unsere Aktion und können somit Leben retten.“ Andreas Scheuer hat ebenfalls auf Twitter auf die Vorwürfe reagiert – allerdings ziemlich schwach. Er bedankt sich vor allem für die „riesen Aufmerksamkeit“, die die Kampagne durch die Kritik erfährt.
Und auf den Tweet der Tagesschau, der zusammenfasst, dass vor allem das Posieren junger Frauen in Unterwäsche für Fahrradhelme in Frage gestellt wird, weiß er nur zu antworten: „…auch junge Männer in Unterwäsche und mit Helm wurden für die Kampagne fotographiert. Unser Ziel ist wachrütteln, denn #HelmeRettenLeben.“
Dabei übersieht Scheuer leider, dass es sich auch dann um Sexismus handelt, wenn Männer halbnackt für etwas werben, das mit nackter Haut nicht das Geringste zu tun hat. Es macht die Sache nicht besser.
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