Bio-Obst und -Gemüse stecken oft in Plastik – selten ist das sinnvoll, oft dient es nur dazu, einen Aufkleber anbringen zu können. Ein Handelsunternehmen will damit jetzt Schluß machen und hat eine Methode entwickelt, Obst und Gemüse direkt zu beschriften – essbar und bio-zertifiziert.
Das auch in Deutschland tätige niederländische Bio-Handelsunternehmen Nature & More will gemeinsam mit der schwedischen Supermarktkette ICA Bio-Obst und -Gemüse mit natürlichem Labeling auf den Markt bringen und damit millionenfach Kunststoffverpackungen ersetzen.
Avocados und Süßkartoffeln sollen die ersten Produkte sein, die mit Logos, aber ohne Umverpackung in die ICA-Läden kommen. Nature & More rechnet vor, welches Sparpotential das haben kann: 2015 habe das Unternehmen 725.380 Packungen mit Bio-Avocados an schwedische ICA-Supermärkte verkauft haben. Dafür wurden 217 km Plastikfolie mit einer Breite von 30 cm verwendet. Umgerechnet mache das 2042 kg Plastik. Der dabei erzeugte CO2-Ausstoß entspricht einer Autofahrt 1,3 Mal um die Welt.
Man kann sich leicht ausrechnen, wie groß das Sparpotential sein könnte, wenn branchenweit und europaweit umgestellt würde. Doch die gelabelten Früchte gibt es derzeit nur in Schweden – in Kooperation mit der Supermarktkette ICA. Nature-&-More-Mutterfirma Eosta hofft aber, dass sie diese Technik auch auf andere Länder ausweiten können. In Deutschland sprechen sie hier in erster Linie den Naturkostfachhandel an.
Nature & More und das Label aus Licht
Laut Nature & More werden vor allem Bio-Avocados, Süßkartoffeln, Äpfel, Kiwis und viele andere Früchte aus nachhaltiger Landwirtschaft aus verschiedenen Gründen in Plastik verpackt. Ein Grund: man möchte oder muß sie markieren. Dazu dienen Aufkleber, z.B. mit dem EU-Bio-Siegel, doch auch sie bestehen aus Papier, Tinten, Lacken oder Leimen.
Mit der neuen Methode des „natürlichen Labelings“ bringt Nature & More nun ein Bio-Siegel, Codes oder Kundenlogos auf einer Frucht an, ohne dafür irgendeine Art von Verpackungsmaterial oder Aufkleber zu verwenden.
Dabei werden mit einem gebündelten Lichtstrahl Pigmente in der äußersten Schicht der jeweiligen Schale entfernt. Das Labeling findet nur mit Licht und nur auf der Oberfläche der Frucht statt. Es hat laut Nature & More keinen Einfluss auf den Geschmack oder die Haltbarkeit. Die Frucht kann mit oder ohne Schale ganz normal verzehrt werden – selbst der gelabelte Bereich ist bedenkenlos essbar.
Plastik könnte öfter vermieden, Aufkleber völlig überflüssig werden. Das Verfahren ist nach Angaben von Nature & More vom unabhängigen niederländischen Bio-Zertifizierer Skal sowie von allen für die Lebensmittelsicherheit verantwortlichen Autoritäten genehmigt und für unbedenklich erklärt worden.
Warum Dinge verpackt sind
Immer öfter stellt sich die Frage, warum Obst und Gemüse überhaupt so oft verpackt ist. Die Antwort ist vielfältig:
- Viele Konsumenten wollen es so, weil es ihnen „Frische“ suggeriert und die Waren sichtbar nicht „angefasst“ wurden.
- Hersteller wollen ihre Produkte „branden“, als ihre Marke kenntlich machen.
- Speziell Bio-Obst und Gemüse ist im Supermarkt eingepackt, weil Regelungen vorschreiben, dass es nicht mit konventionellem Obst und Gemüse verwechselt werden darf. Weil der Anteil des Bio-Gemüses im konventionellen Handel geringer ist als der der konventionellen Waren, werden aus Kostengründen natürlich die Bio-Waren eingeschweisst.
- Viele Waren sollen auf standardisierte Weise etikettiert werden können, was selten problemlos an der Schale möglich ist. Bio-Waren müssen teils einen Herkunftsnachweis im Code enthalten.
- Vor allem bei Discounter geht es auch darum, dass an der Kasse keine Waagen existieren und die Waren schnell über einen Scanner gezogen werden sollen – das geht eben im Discounter bislang nicht ohne Packung.
- Supermärkte wollen möglicherweise auch verhindern, dass die (stets etwas teurere) Bio-Ware an der Kasse als billigere konventionelle Ware abgerechnet wird.
Nature & More glaubt, dass das Labeling auch der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken könnte: Bio-Produkte können nun lose angeboten werden und bleiben trotzdem als Bio-Ware erkennbar. So können Supermarktkunden künftig genauso viele Avocados, Süßkartoffeln etc. kaufen, wie sie wirklich benötigen und müssen nicht mehr zu größeren Verpackungseinheiten greifen, deren Reste später im Müll landen. Details zum Labeling hier.
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