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Wie schonen wir unsere Ressourcen? Claudia Kemfert ordnet wichtigste Maßnahme ein

Earth Overshoot Day: Claudia Kemfert ordnet wichtigste Maßnahme ein
Foto: Christian Thiel; CC0/Pexels/Nataliya Vaitkevich

Der Earth Overshoot Day markiert jedes Jahr den Tag, ab dem die Menschheit über ihren Verhältnissen lebt. In diesem Jahr war das bereits am 1. August der Fall. Wie sich das in Zukunft ändern ließe, dafür hat das Global Footprint Network einige Ideen. Aber sind diese realistisch? Ökonomin Claudia Kemfert ordnet ein.

Jedes Jahr findet der Earth Overshoot Day früher statt – dieses Jahr fiel er auf den 1. August. Er markiert den Tag, ab dem die Menschheit mehr Ressourcen verbraucht, als die Natur in einem Jahr regenerieren kann. Dieser Tag wird vom Global Footprint Network berechnet, einer internationalen NGO, die den ökologischen Fußabdruck entwickelt hat.

In nur sieben Monaten haben wir also so viel verbraucht, wie die Erde in zwölf Monaten regeneriert, erklärt die Organisation in einer Mitteilung. Wir leben quasi, als hätten wir 1,7 Erden. In Deutschland fiel der Earth Overshoot Day in diesem Jahr sogar schon auf den 2. Mai. Aber wie lässt sich das ändern? Wie können wir schonender mit unseren Ressourcen umgehen?

Mit dieser Frage hat sich auch das Global Footprint Network auseinandergesetzt. Der NGO zufolge kann eine Reduzierung der CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen um die Hälfte den Termin bereits um drei Monate verschieben. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es allerdings konkrete Maßnahmen. Mit der Initiative #MoveTheDate wollen die Organisator:innen deshalb auf mögliche Lösungsansätze aufmerksam machen. Diese unterteilt das Netzwerk in fünf Bereiche: Energie, Städtegestaltung, Essen, Bevölkerung und die Gesundheit des Planeten. Die meisten Maßnahmen betreffen den Energiesektor. So auch die Maßnahme, von der sich die Organisator:innen die meiste Veränderung versprechen: die Bepreisung von CO2. Ökonomin Claudia Kemfert ordnet den Vorschlag für Utopia ein.

Wie die CO2-Bepreisung Ressourcen schonen könnte

Wer CO2 ausstößt, muss dafür zahlen – das ist die Idee hinter einem CO2-Preis. Emittierter Kohlenstoff erhält einen Preis pro Tonne, der beispielsweise durch eine entsprechende Steuer bezahlt werden muss. Klimaschädliche Produkte werden dadurch teurer als klimafreundliche.

Dem Global Footprint Network zufolge würde ein Preis von 100 US-Dollar (circa 92 Euro) pro Tonne Kohlenstoff dazu führen, dass sich der Earth Overshoot Day um 63 Tage nach hinten verschiebt. Umweltschädliche Aktivitäten würden dadurch stark vermindert, begründet das Netzwerk. Außerdem könnten die Einnahmen in grüne Infrastruktur investiert oder an die Bürger:innen zurückgezahlt werden.

Die CO2-Bepreisung werde dabei jedoch nicht als alleinige Lösung gesehen, sondern als Maßnahme, die „neben allen anderen Lösungen bestehen kann, da sie die Umsetzung aller anderen Lösungen erleichtern kann“, heißt es auf der Internetseite des Netzwerks. Zu den weiteren Lösungsvorschlägen der Initiative zählen unter anderem 350 Millionen Hektar Wald wieder aufzuforsten (- 8 Tage) oder den globalen Fleischkonsum zu halbieren (-17 Tage).

Aktuell haben nicht alle Länder einen CO2-Preis eingeführt. In Deutschland gibt es bereits eine Abgabe aus dem europäischen Emissionsrechtehandel für Energie und Industrie, der aktuell bei 62 Euro pro Tonne CO2 liegt, sowie einen CO2-Preis im Bereich Heizen und Verkehr von 40 Euro pro Tonne. Wie realistisch ist eine Erhöhung gemäß der Vorstellung des Global Footprint Netsworks und worauf müsste man achten?

Wie Ökonomin Claudia Kemfert gegenüber Utopia betont, kommt es auf die Ausgestaltung des CO2-Preises an. Der Gedanke einer entsprechenden CO2-Bepreisung sei grundsätzlich richtig. Allerdings gebe es weltweit bereits Emissionszertifikate-Programme, die Kohlenstoff verteuern. „Zusätzlich einen weiteren CO2-Preis beziehungsweise eine CO2-Steuer in dieser Höhe einzuführen, ist weniger sinnvoll und kaum realisierbar. Sinnvoller wäre es, auf existierende CO2-Preis-Programme aufzusetzen„, so Kemfert.

Caudia Kemfert: Höhere Bepreisung sei nötig

Um in Deutschland maßgebliche Veränderungen zu erzielen, reiche ein CO2-Preis von 92 Euro allerdings nicht aus, ordnet die Ökonomin ein: „Es muss eine nachhaltige Verkehrswende mit mehr Elektromobilität auf der Straße und mehr Verkehr auf der Schiene sowie mehr energetischer Gebäudesanierung vorangebracht werden.“ Emissionsintensive Branchen könnten durch eine entsprechend hohe Bepreisung zwar Nachteile haben, doch würden Teile der Einnahmen aus einer solchen CO2-Bepreisung an Haushalte und/oder Unternehmen zurückerstattet, könnten negative wirtschaftliche Folgen abgemildert werden.

Das Geld könne Kemfert zufolge auch für die Finanzierung der Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Klimaneutralität genutzt werden, beispielsweise für die Stärkung der Schiene, die Förderung der energetischen Gebäudesanierung oder den Ausbau von Stromspeicherkapazitäten. „Auch für ein Klimageld, das insbesondere Niedrigeinkommensbezieher:innen entlastet, wären die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gut verwendet.“

Chance auf globalen CO2-Preis ist laut Claudia Kemfert gering

Globale Lösungen wie ein fester CO2-Preis beziehungsweise eine entsprechende Steuer seien der Ökonomin zufolge zwar sinnvoll. Allerdings würden besonders emissionsintensive Länder die Einführung von CO2-Preisen scheuen. Kemfert folgert deshalb: „Sich einen globalen CO2-Preis zu wünschen ist nicht falsch, allerdings ist die Chance auf Realisierung aus politischen Gründen gering.“

Gute Nachricht: Erdüberlastung nimmt kaum zu

Zunächst sind also lokale Lösungen gefragt. Aber reichen diese aus, um schnell Veränderungen erzielen zu können? Eine leichte Entwarnung gab der Politische Geschäftsführer von German Watch, Christoph Bals, gegenüber der Deutschen Presse Agentur (dpa). Demzufolge nehme die Erdüberlastung seit knapp zehn Jahren nicht mehr zu, sondern pendle sich auf einem hohen Niveau ein. „Die gute Nachricht ist, dass der Wendepunkt erreicht zu sein scheint“, folgert er.

Ein Grund dafür könnte Bals zufolge der Erfolg der erneuerbaren Energien, Speichertechniken, E-Mobilität und Wärmepumpen sein. Diese und ähnliche Trends zu beschleunigen könne weitere Artenverluste und das Erreichen von Klima-Kipppunkten vermeiden. Da der Verzehr von Fleisch und tierischen Produkten sowie der Flugverkehr die Erdüberlastung laut Germanwatch beschleunigen, können durch entsprechenden Verzicht auch hier Ressourcen gespart werden.

Verwendete Quellen: Initiative #MoveTheDate, Global Footprint Network Mitteilung, Utopia-Anfrage bei Claudia Kemfert, DPA

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