Sie ist die Vorreiterin und das Gesicht der inzwischen weltweiten Schülerproteste für den Klimaschutz. Doch mit einem aktuellen Facebook-Post könnte Greta Thunberg viele Mitstreiter vor den Kopf stoßen.
Rund 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler sind am 15. März ihrem Beispiel gefolgt und haben demonstriert: Die 16-jährige Aktivistin Greta Thunberg hat mit ihrem Schulstreik für das Klima und ihren bewegenden Reden unzählige Menschen inspiriert und ist sogar für den Friedensnobelpreis nominiert.
Ein aktueller Beitrag auf ihrer Facebook-Seite sorgt nun allerdings für Diskussionen: Am 17. März verfasste sie einen längeren Post, der den globalen Klimastreik des vergangenen Freitags rekapituliert und sich mit der Frage auseinandersetzt, wie die Klimakrise gelöst werden könne – da von ihr selbst häufig erwartet würde, sie wisse die Antwort. Das sei jedoch „mehr als absurd“, denn das unser aktuelles System keine Lösungen hätte, sei eben gerade der Punkt.
Atomkraft kann ein Teil der Lösung sein
Laut Greta dürfen wir nicht nur Teilaspekte betrachten, die unsere Situation verbessern können, sondern müssen das große Ganze sehen. Und das beinhalte dem Weltklimarat zufolge auch Atomkraft. Inzwischen hat sie die kontroverse Textstelle leicht überarbeitet. Laut dem Schweizer Portal „Blick“, das zuerst über das Thema berichtete, habe sogar Gretas Vater, Svante Thunberg, in der Redaktion angerufen und erklärt: „Es war nicht so gemeint, wie es aussah.“
Der um den ersten Halbsatz ergänzte Beitrag bei Facebook lautet nun: „Ich persönlich bin gegen Atomkraft, aber dem IPCC zufolge kann es ein kleiner Teil einer sehr großen kohlenstofffreien Energie-Lösung sein, besonders in Ländern und Regionen, wo erneuerbare Energien nicht flächendeckend eingesetzt werden können – obwohl Atomkraft extrem gefährlich, teuer und zeitintensiv ist. Aber lasst uns mit der Debatte warten, bis wir auf das ganze Bild schauen können.“
Was sagen Gretas Worte wirklich aus?
Dass ihr ein Twitter-User entgegenschleuderte „Wer hat dich gekauft, Greta?“ ist sicherlich überzogen. Und es kann nur ein ironischer Zufall sein, dass „Nuklearia“, ein Verein zur Förderung der Kernenergie, erst vor ein paar Tagen eine Postkarte mit dem Spruch „Greta, go nuclear! Die wirksamste Waffe im Kampf gegen den Klimawandel ist ein Kernkraftwerk“ vorgestellt hatte.
Dennoch sind Gretas Worte für viele Anhänger, die aus Überzeugung gegen Kernkraft sind, überraschend bis irritierend. Auf Facebook haben auch ältere Umweltschützer Gretas Post kommentiert, die seit langem gegen Atomkraft demonstrieren und sich von ihr wünschen, sie möge diesen Punkt noch einmal überdenken.
Man kann Greta aufgrund ihrer Aussage jedoch nicht unterstellen, eine glühende Befürworterin von Atomenergie zu sein – schließlich weist sie explizit auf die Risiken hin. Die Schülerin bezieht sich offenkundig auf den Bericht des Weltklimarats zum Erreichen des 1,5 Grad-Ziels: In vielen der dort gezeichneten Szenarien spielt Atomenergie tatsächlich eine Rolle, wenn es darum geht, die globale Klimaerwärmung aufzuhalten.
Atomkraft erscheint nur auf den ersten Blick sauber
Denn Atomkraftwerke verursachen vergleichsweise wenig CO2, sind kostengünstig und brauchen dabei wenig Platz – so die Argumente der Befürworter. Dass sie damit „sauberer“ und umweltfreundlicher sind als Kohlekraftwerke, stimmt aber nur bedingt: Auch der Abbau des Urans und die Aufbereitung der Brennstäbe verursachen große Mengen an CO2. Deutlich nachhaltiger sind und bleiben erneuerbare Energien.
Außerdem ist Kernkraft – wie Greta selbst sagt – extrem gefährlich. Tschernobyl und Fukushima haben gezeigt, dass wir mit dieser Form der Energiegewinnung Kräfte freisetzen, die zu Katastrophen führen können. Das Problem des Atommülls ist nach wie vor ungelöst, zudem können Kernkraftwerke zum Angriffsziel von terroristischen Anschlägen werden – mit verheerenden Folgen für die Menschheit.
Utopia meint: Wenn man bedenkt, dass Greta sich auf den Bericht des Weltklimarats stützt und sich nicht aus Überzeugung für Atomkraft ausspricht, ist die Hysterie um ihren Beitrag übertrieben. Doch sie schneidet in ihrem Beitrag etwas unbedarft ein sehr umstrittenes Thema an, wodurch sie möglicherweise an Glaubwürdigkeit einbüßt. Wir finden: Atomenergie kann nicht die Lösung sein, da die Risiken bei weitem die kurzlebigen Vorteile überwiegen. Als Privatperson sollte man jetzt vor allem eines tun: zu Öko-Strom wechseln!
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