Plakate, Anzeigetafeln, Litfaßsäulen, Busse und ganze Häuserfronten: Egal, wohin man schaut, sieht man Werbung. Die Initiative „Berlin werbefrei“ versucht nun einen Volksentscheid auf den Weg zu bringen, um Werbung in der Stadt einzuschränken.
Werbung nimmt in den Städten zu viel Platz ein. Dabei hat sie auf uns mehr negative als positive Auswirkungen – so die Grundthese der Initiative Berlin werbefrei. Um gegen Werbung im öffentlichen Raum vorzugehen hat sie ein neues Gesetz zur Regulierung von Werbung in öffentlichen Einrichtungen und im öffentlichen Raum (AntiKommG) formuliert und möchte dieses per Volksentscheid zur Abstimmung bringen. Dafür sammelt sie noch bis April 2018 Unterschriften. „Ziel des Volksbegehrens ist eine deutliche Reduzierung der Außenwerbung. Diese prägt zunehmend das Gesicht der Stadt. Die stetige Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes beeinträchtigt seine soziale und ästhetische Funktion. Auch öffentliche Einrichtungen sind von dieser Entwicklung betroffen.“
So formuliert Berlin Werbefrei das Anliegen der Aktion auf der offiziellen Unterschriftenliste.
Wem gehört die Stadt?
Dahinter steht die berechtigte Frage: Wer entscheidet, wem die Stadt gehört und wie sie aussieht? Wollen wir die Gestaltung des öffentlichen Raums wirklich ein paar großen Unternehmen überlassen, deren einziges Ziel es ist, damit Geld zu verdienen?
Über den ästhetischen Aspekt hinaus kritisiert die Initiative, dass kommerzielle Produktwerbung „fragwürdige Leitbilder“ vermittele, uns in die Irre führe und verleite, teure und ungesunde Waren zu kaufen, während sie gleichzeitig wichtige Verbraucherschutzgesetze verhindere. Mehr dazu: Werbung, nein Danke! 10 Thesen.
Der Initiative Berlin Werbefrei geht es mit ihrem neuen Gesetzentwurf nicht darum, Werbung komplett zu verbieten oder abzuschaffen: Werbung für Veranstaltungen und gemeinnützige Aktionen soll weiterhin stattfinden dürfen, auch Geschäfte und Lokale sollen weiterhin werben dürfen, allerdings nur noch an der „Stätte der Leistung“, d.h. am jeweiligen Laden oder Lokal. Zur Refinanzierung von öffentlichen Sanitäranlagen und Haltestellen dürfte die Stadt Berlin zeitlich begrenzt auch dort Werbung zulassen.
Aus öffentlichen Einrichtungen wie Kitas und Schulen dagegen soll Werbung ganz verschwinden. Und: Herabwürdigende oder diskriminierende Werbung soll keinen Platz mehr haben.
Was wie eine Utopie klingt, haben einige Orte weltweit in verschiedener Form bereits umgesetzt: Grenoble in Frankreich, Sao Paolo in Brasilien sowie die US-Bundesstaaten Maine, Vermont und Hawaii haben öffentliche Plakatwerbung verboten oder eingeschränkt.
Unterschriftenlisten als erster Schritt
Die Initiative Berlin Werbefrei hat als ersten Schritt auf dem Weg, ihr neues Gesetz zu verwirklichen, einen Antrag auf ein Volksbegehren gestellt. Dafür muss sie innerhalb von sechs Monaten 20.000 Unterschriften sammeln. Dabei gelten bei Volksentscheiden nur handgeschriebene Unterschriften auf den offiziellen Unterschriftenlisten, weshalb die Initiative die Unterschriftenlisten zum Download anbietet und mehrere Sammelstellen in Berlin zur Abholung und Abgabe eingerichtet hat. Teilnehmen können alle Berliner Bürger und Bürgerinnen, die in Berlin wahlberechtigt sind.
Kommt die geforderte Anzahl an Unterschriften zusammen, muss das Berliner Abgeordnetenhaus die Zulässigkeit prüfen. Erst dann folgt ein zweiter Schritt, in dem für ein Volksbegehren mindestens 200.000 Unterschrift benötigt werden. Das Ziel ist es, den Volksentscheid zeitgleich zur Europawahl im Mai 2019 zu realisieren.
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