Beim Crowdbutchering wird eine Kuh erst dann geschlachtet, wenn alle Teile des Tieres verkauft wurden – damit nichts mehr weggeworfen wird. Anbieter wie „Kauf ne Kuh“ und „Geteiltes Fleisch“ machen es möglich.
Zugegeben, im ersten Moment liest sich Cow-Sharing ein bisschen geschmacklos. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn nachdem der große Sharing-Economy-Trend nun wirklich in jeder Ecke angekommen ist, denkt man natürlich sofort, es ginge darum, dass sich mehrere Besitzer eine Kuh teilen – doch das verbirgt sich nur bedingt hinter der Bewegung.
Im September letzten Jahres brachte der Gründer von „Kauf ne Kuh“ den etwas umständlicheren Begriff Crowdbutchering nach Deutschland. Das Prinzip ist schnell erklärt: Auf der Website wird das Fleisch eines Tieres unter mehreren Bestellern aufgeteilt. Erst, wenn die ganze Kuh verkauft ist, wird sie tatsächlich geschlachtet. So geht man sicher, dass kein Fleisch mehr verschwendet wird. An sich eine gute Idee.
Die Kuh-Anbieter und ihre Prinzipien
Den Anbietern ist besonders wichtig, dass die Kühe artgerecht gehalten werden und von kleinen, regionalen Betrieben kommen. Bei der Schlachtung werden so nur kurze Wege zurückgelegt – das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für das Tier. Bei der Plattform „Geteiltes Fleisch“ sind das im Schnitt nur zwanzig Minuten. Gar nichts, wenn man bedenkt, wie viele Kühe quer durch Deutschland oder sogar Europa gefahren werden.
Hinzu kommt, dass die Tiere im Partnerbetrieb geschlachtet werden. Da kleine, regionale Betriebe in der Regel nicht im Akkord schlachten und der Besitzer das Tier auch begleiten darf, verursacht das alles weniger Stress für die Kuh. Und das wiederum wirkt sich auf die Qualität des Fleisches aus. Auf beiden Plattformen ist zudem die Fütterung mit gentechnisch verändertem Futtermittel verboten, genau so wie die Verabreichung von Wirkstoffen zur Wachstums- oder Leistungsförderung sowie die präventive Gabe von Antibiotika.
Geteiltes Fleisch setzt zudem auf reine Fleischrassen und lässt nur Tiere in einem bestimmten Alter schlachten. Das erklärt auch, warum dieser Anbieter ein bisschen teurer ist. Während man bei „Kauf ne Kuh“ das Mini-Paket (3,6 kg Fleisch) für rund 55 Euro, das große Paket mit 7,2 kg für knapp 100 Euro bekommt, kosten vier Kilo bei der Konkurrenz 89,99 Euro.
Beim Metzger zahlt man übrigens oft genauso viel oder mehr und hier lässt sich längst nicht immer zurückverfolgen, woher das Fleisch kommt.
Wie Cow-Sharing funktioniert
Auf den Websites von „Kauf ne Kuh“ und Geteiltes Fleisch kann man zwischen verschiedenen Paketgrößen und Fleischsorten wählen – Geteiltes Fleisch hat auch Schweinefleisch im Sortiment. Ein solches Fleisch-Paket enthält von allem etwas – vom Steak über Rouladen bis zur Bratwurst. Wunsch-Teile werden nicht einzeln angeboten, jeder Käufer bekommt den gleichen Anteil. Die Ware wird dann vakuumverpackt und gekühlt per Express-Sendung nach Hause geliefert. Das ist nicht nur problematisch für die Umwelt, es fühlt sich auch seltsam an, sich Fleisch zuschicken zu lassen. Selbstverständlich ist dieses gekühlt, aber tagelang beim Nachbarn sollte es wohl nicht herumliegen.
Bei beiden Anbietern gleich: Erst, wenn die ganze Kuh verkauft ist, wird das Tier ausgesucht. Falls doch einmal etwas übrig bleibt, entsteht daraus Hundefutter, Häute gehen weiter in die Lederverarbeitung. Ansonsten lautet aber immer das Ziel: Kein Fleisch wegwerfen.
Sobald dann die Verarbeitung begonnen hat, dauert es bei Geteiltes Fleisch 21 Tage, bei Kauf ne Kuh liegen zwischen Bestellung und Lieferung sogar vier Wochen. Kein Modell für Spontane also.
Transparenz statt Siegel
Was auf beiden Plattformen auffällt: Die Anbieter haben keine unabhängige Bio-Zertifizierung, sondern setzten ausschließlich auf das Vertrauen ihrer Kunden. Das scheint zwar zu funktionieren (Anfang des Jahres hatte Kauf ne Kuh schon 900 Pakete in Deutschland verschickt), macht trotzdem natürlich erst einmal stutzig. Es hat aber seinen Grund: Viele kleine Betriebe können und wollen sich das Siegel schlichtweg nicht leisten.
Um trotzdem eine größtmögliche Transparenz zu schaffen, bekommt der Käufer die Ohrmarkennummer des Tieres mitgeteilt, sowie ein Infoblatt, mit Hilfe dessen sich das Leben des Tiers bis zur Geburt zurückverfolgen lässt. Auf der Website von Kauf ne Kuh stellen sich die fünf Lieferanten-Bauernhöfe auch persönlich vor, das gibt einem als Kunde ein sichereres Gefühl.
Cow-Sharing: das Fazit
Cow-Sharing mag zunächst geschmacklos klingen, aber die Plattformen regen nicht zu mehr, sondern zu bewussterem Fleischkonsum an. „Kauf ne Kuh“ wirbt sogar auf seiner Startseite mit dem Slogan „Iss weniger Fleisch – und wenn, nur gutes und zurückverfolgbares“. Die Projekte können bewirken, dass Menschen weniger Billig-Fleisch kaufen und sich mit ihrem Fleischkonsum kritisch auseinandersetzen – und das ist defintiv unterstützenswert.
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