Öko-Test warnt vor Pestiziden in Erdbeermarmelade: In einigen Produkten waren bis zu sechs verschiedene Pestizide enthalten. Ein weiteres Problem sind die langen Transportwege der Früchte für die Erdbeermarmeladen.
Erdbeermarmelade gehört zu den Lieblings-Marmeladen der Deutschen. Dabei gibt es Erdbeermarmelade genau genommen gar nicht. Denn gemäß der Konfitürenverordnung dürfen sich so nur Produkte aus Zitrusfrüchten nennen. Die Produkte im Regal heißen daher auch Erdbeer-Fruchtaufstrich oder Erdbeer-Konfitüre (Extra). Wir bleiben hier aber bei „Erdbeermarmelade“, denn diese Begriff ist im normalen Sprachgebrauch viel gebräuchlicher.
Aber wenn wir schon bei den sprachlichen Feinheiten sind: „Konfitüren“ müssen mindestens 55 Prozent Zucker enthalten, für die Bezeichnung „Fruchtaufstrich“ gibt es solche Vorgaben nicht. Das bedeutet: Wer auf der Suche nach einem Glas Erdbeermarmelade mit möglichst hohem Fruchtanteil ist, muss nach „Fruchtaufstrich“ Ausschau halten (Lies dazu auch: Marmelade, Konfitüre, Gelee – das sind die Unterschiede).
Öko-Test hat 20 Erdbeermarmeladen auf Schadstoffe und zugesetzten Zucker überprüft. Außerdem hat das Verbraucherschutzmagazin die Erdbeermarmelade verkostet und ein Labor hat die Deckel auf PVC bzw. chlorierte Verbindungen getestet. Am besten haben Bio-Produkte abgeschnitten.
Erdbeermarmelade im Test: Sehr gut ist nur Bio
Fünfmal hat Öko-Test beim großen Marmeladen-Test die Note „sehr gut“ vergeben – immer an Bio-Fruchtaufstrich. Das hat zwei Gründe:
- In der ökologischen Landwirtschaft sind die meisten umstrittenen Pestizide verboten. Daher hat das Labor in den Bio-Marmeladen auch keine bedenklichen Pestizide nachweisen können.
- Der zugesetzte Zucker bei den Bio-Marmeladen ist meist sehr wenig, da es sich um einen Fruchtaufstrich mit hohem Fruchtanteil handelt. Der Anteil an zugesetztem Zucker fällt entsprechend geringer aus.
Unter den sechs besten Bio-Erdbeermarmeladen befinden sich zum Beispiel Marmeladen von Allos, Dennree und Zwergenwiese.
Erdbeermarmelade oft mit Pestiziden belastet
In fast allen konventionellen Erdbeermarmeladen hat Öko-Test mindestens ein Pestizid gefunden. In der Erdbeere-Konfitüre von Aldi Nord waren es zum Beispiel vier unterschiedliche Pestizide, in der Marmelade von Lidl sogar sechs verschiedene Pestizide.
Die Werte liegen zwar deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten, doch Öko-Test hält sie dennoch für problematisch. Der Grund: Die Pestizid-Grenzwerte gelten jeweils nur für ein Pestizid – in einigen Marmeladen steckt aber ein ganzer Pestizid-Cocktail. Wie sich der auf die Gesundheit auswirkt, ist völlig unklar.
Bedenklich ist außerdem, dass die Artenvielfalt von Insekten, Vögeln und in Gewässern von den vielen verschiedenen Pestiziden beeinträchtigt werden kann. „Durch diese Mischung können die Effekte schwerwiegender sein und sich über einen längeren Zeitraum erstrecken“, sagt die Ökotoxologin Dr. Annette Aldrich im Interview mit der Zeitschrift Öko-Test.
Besonders problematisch sieht Öko-Test die Pestizide im Fruchtaufstrich von Schwartau Samt. Hier steckt ein Cocktail von fünf verschiedenen Pestiziden drin, darunter auch Rückstände von Tebuconazol. Dieses Pestizid steht laut Öko-Test im Verdacht, das ungeborene Kind im Mutterleib zu schädigen.
Viele Erdbeermarmeladen sind zu süß
Marmelade ist eine Süßigkeit – das dürfte den meisten Menschen klar sein. Aber wie viel Zucker tatsächlich im Glas steckt, unterscheidet sich deutlich. Besonders süß sind konventionelle Marmeladen, während die meisten Bio-Fruchtaufstriche weniger Zuckerzusatz enthalten.
Die Spannweite zwischen den Produkten ist riesig: Während die zuckerärmste Bio-Marmelade mit 5 Gramm Zucker pro 30-Gramm-Portion auskommt, sind es bei einigen konventionellen Erdbeermarmeladen über 15 Gramm Zucker. So zum Beispiel bei der Konfitüre von Landliebe. Oder anders ausgedrückt: Wer zwei Marmeladenbrötchen frühstückt, hat bereits die von der WHO empfohlene Tageshöchstdosis an Zucker von 25 Gramm überschritten.
Und wie schmeckt der Erdbeer-Fruchtaufstrich? Der viele Zucker lässt zahlreiche Marmeladen sehr süß schmecken, sagt Öko-Test, vor allem die „Konfitüre Extra“ (50 Prozent Zuckeranteil). Richtige Geschmacksfehler haben die Sensorik-Experten aber bei keiner Marmelade gefunden, dazu würde zum Beispiel eine schimmlige Geschmacksnote zählen. Häufig kommt aber eine (teils starke) Kochnote vor. Die Marmelade schmecke dann nicht mehr so frisch und ursprünglich. Betroffen ist mehr als jede zweite Marmelade.
Wo kommen die Erdbeeren her?
Die meisten Erdbeeren legen lange Transportwege zurück, bevor sie als Marmelade auf deutschen Frühstückstischen stehen. Oft kommen sie aus der Türkei, Marokko oder Ägypten – ihr Import sorgt für eine schlechte CO2-Bilanz.
Nur der Hersteller Zwergenwiese konnte angeben, dass seine Erdbeeren aus Norddeutschland kommen. Unklar ist allerdings, ob dies auch dauerhaft bei allen Chargen so ist, denn auf dem EU-Bio-Siegel der Marmelade steht „EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft“ (statt EU-Landwirtschaft). Zwei andere Marmeladen enthalten Erdbeeren aus unterschiedlichen Ländern, darunter auch Deutschland.
Immerhin: In mehr als der Hälfte der Marmeladengläser stecken (auch) Erdbeeren aus dem Nachbarland Polen. Für Verbraucher ist die Herkunft aber nicht zu erkennen, weil die Hersteller dies in der Regel nicht auf dem Glas angeben.
Alle Details findest du in der Ausgabe 05/2020 sowie online bei Öko-Test.
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